Neues Asyl-Härtesignal soll abgefedert werden

Neues Asyl-Härtesignal soll abgefedert werden
Der KURIER beantwortet die zentralen Fragen nach dem türkis-blauen Vorstoß, jungen Asylwerbern die Lehre zu verbieten.

Heinz-Christian Strache hatte einen Plan: Im Sommergespräch mit dem ORF am Montagabend sollte  platziert werden, dass Asylwerber künftig keine Lehrberufe mehr beginnen dürfen. Denn spätestens nachdem sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen im  seit Wochen köchelnden Streit um abzuschiebende Lehrlinge jüngst zu Wort gemeldet hatte, wollten die Freiheitlichen laut Regierungskreisen ein ablehnendes Zeichen in dieser Debatte setzen.

Der FPÖ-Vorstoß war durchaus mit der ÖVP abgesprochen – allerdings preschte Strache früher vor: Bereits am Wochenende schaffte er via Boulevard Fakten. 

Die ÖVP musste daraufhin kalmieren und hinzufügen, dass man die  sogenannte  Rot-Weiß-Rot-Karte für qualifizierte Zuwanderung reformieren wolle und auch  einen eigenen Aufenthaltstitel für Flüchtlinge erwäge.  Die Idee dahinter: So sollten, berichten Insider, liberale Wirtschaftstreibende mit ÖVP-Nähe besänftigt werden – mehrere namhafte Unternehmer hatten sich ja der Initiative des grünen Landesrats Rudi AnschoberAusbildung statt Abschiebung“ angeschlossen und Druck gemacht.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck rückte dann am Montag aus,  um den rund 1000 Asylwerbern in Lehre, die teilweise von Anschober vor den Vorhang geholt wurden, die Chance zu einem Abschluss zuzusichern.

Allein, die Details des türkis-blauen Vorstoßes sind  zu weiten Teilen noch unklar. Gegenüber dem KURIER kritisiert  dies auch Othmar Karas, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament: „Ich bedaure, dass die Kommunikation für Unklarheiten sorgt.“ Er verlangt nun eine „dauerhafte Nachfolgeregelung“ – die Anschober-Initiative solle eingebunden werden.
Die offenen Fragen des türkis-blauen Vorstoßes im KURIER-Faktencheck:
 

Die Unternehmen klagen über Lehrlingsmangel – nun nimmt man den Erlass zurück, der es möglich gemacht hat, dass Asylwerber die Lücken füllen. Was ist jetzt die Alternative?

Das Asylrecht soll nicht durch eine Lehre umgangen werden, argumentiert die Regierung – und sie bleibt dabei: Unternehmen sollen auf jene zurückgreifen, die einen bestehenden Aufenthaltstitel haben. Es gibt 8600 Asylberechtigte unter 25 Jahren, davon suchen 1300 eine Lehrstelle. Das Wirtschaftsministerium will jetzt eine Initiative starten, um diese an offene Stellen zu vermitteln.

1023 Asylwerber sind wegen des alten Erlasses schon mitten in einer Lehre - wie geht es für sie weiter?

Sie sollen die Lehre beenden dürfen, so die Zusage der Regierung. Für jenes Drittel, das schon einen negativen Asylbescheid hat, werden jetzt die rechtlichen Möglichkeiten ausgelotet, damit die Betroffenen bleiben dürfen - womöglich auch über die Lehre hinaus. Als „Generalamnestie“ sei das aber nicht zu verstehen, wird betont. Jeder Fall werde einzeln geprüft. Mit dem Lehrabschluss steigen freilich die Chancen auf ein dauerhaftes humanitäres Bleiberecht: Das kommt infrage, wenn jemand schon seit Jahren in Österreich lebt, gut integriert ist, Job und Wohnung hat. Bei rund 11.000 Anträgen wurde dieser Titel im Vorjahr aber nur 1600 Migranten genehmigt.

Wie sollen Menschen, die nicht aus EU-Ländern kommen, künftig eine Lehrstelle bzw. einen Job bekommen?

Die Regierung will die Rot-Weiß-Rot-Karte für Lehrlinge öffnen – Vorbild ist das bestehende Modell für Studenten, wird im Wirtschaftsministerium erklärt: Sie dürfen sich für die Dauer des Studiums in Österreich aufhalten und auch hierbleiben, wenn sie im Anschluss daran einen Job finden. Verlieren sie den Job, verlieren sie aber auch den Aufenthaltstitel.
Generell will die Regierung den Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte erleichtern: In der Beurteilung, wieso man eine bestimmte Schlüsselarbeitskraft braucht, soll künftig „gesamtwirtschaftlicher Nutzen“ reichen, heißt es in einem Vorschlag aus dem Wirtschaftsressort, der dem KURIER vorliegt. Qualifikation soll schwerer wiegen, Extra-Punkte soll es für „Integrationsfähigkeit“ geben.

Kann ein abgelehnter Asylwerber dann auf die Rot-Weiß-Rot-Karte umsteigen?

Das ist noch in Verhandlungen mit den beteiligten Ministerien (Soziales, Wirtschaft und Inneres) zu klären, heißt es aus dem Kanzleramt. Zunächst war angedacht, dass die Rot-Weiß-Rot-Karte nur im Heimatland beantragt werden kann – das wäre für die Unternehmen, die einen Migranten während des Asylverfahren kennenlernen und ihm einen Job anbieten, aber unpraktisch. Er müsste erst in seine Heimat reisen und abwarten, bis er die Karte hat.
Das Kanzleramt kündigt ein „Paket an Lösungen“ schon in den „nächsten Wochen“ an – man arbeite mit Hochdruck daran. Das wohl auch deshalb, um weitere Debatten möglichst kurz zu halten.

Und wie sollen sich junge Asylwerber, die auf den Ausgang ihres Verfahrens warten, beschäftigen?

Zwar will das Asylamt Verfahren künftig in sechs Monaten abwickeln, durch den Instanzenzug können sie aber weiterhin wesentlich länger dauern. „Junge Menschen, die lernen und einen Beitrag leisten wollen, sind Monate und Jahre zum Nichtstun gezwungen“, kritisiert die Caritas. Die Regierung verweist auf die bestehende (und künftig einzige) Möglichkeit, gemeinnützige Arbeit zu leisten.

Kritik am Ende der Asylwerber-Lehre

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