Wahlleugnen wie Trump: Ginge das in der Hofburg auch?
US-Präsident Donald Trump weigert sich seit Tagen, seine Wahlniederlage einzugestehen. Wäre das bei uns auch möglich? Was würde passieren, wenn ein amtierender Bundespräsident die Wiederwahl verliert, das aber nicht wahrhaben will? Der KURIER befragte ausgewiesene Verfassungsexperten und USA-Kenner - und die kommen zu durchaus interessanten Analysen.
Der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofs und Berater in der Hofburg, Ludwig Adamovich, meint, das Wahlsystem in den USA sei chaotisch, und das würde Leute wie Donald Trump dazu verleiten, Legenden in die Welt zu setzen. Adamovich: „Es gibt in den USA keine Wählerevidenz, keine zentrale Wahlbehörde, kein bundesweit einheitliches Wahlrecht und keine offizielle Feststellung des Wahlergebnisses durch eine Bundesbehörde. Es ist schon ein bisschen schräg, dass in den USA die großen Fernsehstationen einen Sieger ausrufen, während bei uns die Wahlbehörde im Innenministerium ein vorläufiges Endergebnis offiziell feststellt.“
Darüber hinaus können in den USA hunderte Klagen an hunderten Gerichten gleichzeitig laufen, während man in Österreich den Verfassungsgerichtshof als zuständige Instanz hat. Adamovich: „In einer Situation wie in den USA, wo so vieles in der Luft hängt, kann ein unterlegener Kandidat leichter behaupten, es ist alles gefälscht als in einem geordneten Wahlsystem, wie wir es in den meisten EU-Ländern haben.“
Wenn jemand hierzulande stichhaltige Indizien hat, eine Wahl sei rechtswidrig abgelaufen, könne er sich an das Höchstgericht wenden, und das ordnet dann eine Wiederholung an – wie im Fall von Norbert Hofer gegen Alexander Van der Bellen auch geschehen.
Würde in Österreich ein abgewählter Bundespräsident ein einwandfreies, amtliches Wahlergebnis ignorieren und einfach versuchen, weiter zu amtieren, wäre dem rechtlich ein Riegel vorgeschoben. Adamovich: „In dem Moment, in dem ein neuer Bundespräsident von der Bundesversammlung angelobt ist, gilt dessen Unterschrift, und nicht mehr die des Vorgängers. Indem seine Unterschrift unter Rechtsakten nicht mehr gilt, scheidet ein Vorgänger automatisch aus dem Amt.“
Der Politikwissenschafter und USA-Spezialist Fritz Plasser teilt Adamovichs Befund, sagt aber, man müsse fürs amerikanische System Verständnis haben, es sei nämlich einmal Europa weit voraus gewesen: „Man darf nicht vergessen, dass das amerikanische System aus dem späten 18. Jahrhundert stammt, aus einer Zeit, als bei uns noch der Josephinismus herrschte.“ Es habe zahllose Versuche – allein in den letzten Jahrzehnten 1.400 – gegeben, ein bundesweites Wahlsystem wie bei uns einzuführen – stets erfolglos. Plasser prophezeit, dass das auch noch lange nicht gelingen wird: „Die kleinen ländlichen Bundesstaaten sind dagegen. Würde es eine bundesweite Wahl ohne Wahlmänner geben wie bei uns, würde kein Kandidat mehr einen ganzen Wahltag in Wyoming verbringen, sondern die Wahlkampagnen würden sich auf die großen Räume wie Texas, Kalifornien und Florida konzentrieren.“
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