Doskozil räumt ab, Enttäuschung für Türkis-Grün

Doskozil räumt ab, Enttäuschung für Türkis-Grün
Bei der ersten Wahl unter der türkis-grünen Regierung trumpft der rote Rechtsausleger Doskozil auf. Die FPÖ wird einstellig.

Hans Peter Doskozil holt für die SPÖ im Burgenland die absolute Mehrheit. Er kann auf das SPÖ-Nationalratswahlergebnis vom September 2019 rund 20 Prozentpunkte drauflegen.Die ÖVP gewinnt kaum dazu und bleibt deutlich hinter ihren letzten Wahlergebnissen im Burgenland zurück. Bei der Nationalratswahl im September und bei der EU-Wahl im Mai hatte Sebastian Kurz das Burgenland noch türkis gefärbt. Die Landes-ÖVP hielt am Sonntag mit rund 30,6 Prozent deutlich unter jenen 38,3 Prozent, die Kurz im Herbst erreicht hatte.

Die Burgenlandwahl: Absolute für die SPÖ

 

Auch für die Grünen ist das Abschneiden eine Enttäuschung, die die Landespartei am Wahlabend gar nicht verbarg. Rund acht Prozent hatten die Grünen bei den EU- und Nationalratswahlen erzielt, bei der Landtagswahl am Sonntag stagnierten sie bei unter sieben Prozent.

 

Die FPÖ setzte – mit dem Verlust von einem Drittel ihrer Stimmen – erwartbar ihre Niederlagenserie fort.

Kein Aufbruchsignal

Was bedeutet dieses Ergebnis für die türkis-grüne Bundesregierung?

Es ist kein Alarmzeichen, denn beide Koalitionsparteien haben ein kleines Plus erzielt. Aber ein Signal von besonderer Aufbruchsstimmung ist das erste Wahlergebnis unter den neuen bundespolitischen Vorzeichen auch nicht.

Die ÖVP muss – ihr burgenländischer Landesgeschäftsführer sprach es offen aus – zur Kenntnis nehmen, dass blaue Verluste nicht automatisch auf das türkise Konto einzahlen. Mit einem Mix aus sicherheitspolitischem Rechts- und sozialpolitischem Linkskurs konnte Doskozil FPÖ-Abwanderer zu sich umleiten.

Statement des Wahlsiegers Hans Peter Doskozil (SPÖ)

Spannungen zu erwarten

Als nächste Wahl ist im Herbst 2020 Wien an der Reihe. Nun unterscheidet sich die Wählerstruktur im Burgenland zwar deutlich von der Wiens. Aber zur Disposition stehen auch in Wien vor allem FPÖ-Stimmen, denn in Wien erreichte die FPÖ 2015 31 Prozent. Und die wird sie in ihrer derzeitigen Verfassung nicht halten können.

Es ist zu erwarten, dass die Türkisen vor dem Hintergrund des Wiener Landtagswahlkampfes ihren Law&Order-Kurs auf Bundesebene beibehalten: Kopftuchverbote, Deutschklassen, Anti-Asyl-Rhetorik. Leidtragende werden die Grünen sein.

Doskozil räumt ab, Enttäuschung für Türkis-Grün

Kogler und Kurz

Die Basis der Wiener Grünen steht gesellschaftspolitisch weiter links als die in Rest-Österreich, der rechte Kurs der Bundes-ÖVP könnte zu Spannungen beim kleineren Koalitionspartner führen. Oder – falls Werner Kogler ebenfalls Rücksicht auf seine Wiener Wahlkämpfer nimmt – zu Spannungen innerhalb der Bundesregierung.

Grüne noch auf Kurs

Noch bleiben die Bundes-Grünen tapfer auf Kurs. Laut Generalsekretär Thimo Fiesel seien sie mit dem Ergebnis der burgenländischen Landtagswahl „sehr zufrieden“. Fiesel gestand am Sonntag zwar zu, dass die Grünen im Burgenland weniger Stimmen als bei der Nationalratswahl geholt haben. Gegenüber der Landtagswahl 2015 gebe es aber „leichte Gewinne“. Doskozil habe seinen Landeshauptmannbonus ausgenützt, deshalb seien auch einige Stimmen von den Grünen zur SPÖ gewandert.

Hofer hofft auf Rot-Blau

FPÖ-Chef Norbert Hofer sagte, er wünsche, dass im Burgenland Rot-Blau fortgesetzt würde. Zur Bundesebene meinte Hofer, das Ergebnis sei für die neue Regierung „nicht gut“, es seien „spannende Zeiten“ in der Bundespolitik zu erwarten

Interview mit Norbert Hofer

Rendi-Wagner sieht sich bestärkt

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner meinte, Doskozil habe mit sozialdemokratischen Kernthemen wie dem Mindestlohn und Gratis-Kindergärten gewonnen. Das sehe sie als Bestärkung.

Bundeskanzler Sebastian Kurz war am Wahlabend zwar nach Eisenstadt zu seiner Landespartei angereist, vor die Kamera trat er anfangs nicht. Stattdessen kommentierte Europaministerin Karoline Edtstadler: „Das Burgenland ist türkiser geworden, und das ist gut.“ Die angekündigte Wahlparty wurde von der ÖVP zu einer privaten Geburtstagsparty für Spitzenkandidat Thomas Steiner umfunktioniert – Zutritt hatten nur Türkis-Anhänger, Medienvertreter nicht.

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