Elefantenrunde: Die vergessenen Themen

Elefantenrunde: Die vergessenen Themen
Heute Abend ist die letzte Chance, über wirklich wichtige Themen zu reden.

Morgen ist der Duell-Reigen überstanden, aber heute steht noch die letzte Elefantenrunde im ORF auf dem Programm. Es wurde viel diskutiert und noch mehr gestritten in diesem Wahlkampf. Über Tal Silberstein und Peter Puller, Dirty Campaigning und Maulwürfe. Über Inhalte wurde kaum diskutiert, und wenn, dann meistens über eines: Zuwanderung. Beispielsweise anhand der Mindestsicherung, die – wie Peter Pilz in einer Elefantenrunde anmerkte – lediglich 0,8 Prozent der Sozialausgaben ausmacht, als Thema also weit über die Proportionen aufgeblasen wurde. Die ÖVP präsentierte den letzten Teil ihres Programms erst am 27.9., weniger als einen Monat vor der Wahl; die Liste Pilz verzichtete gleich ganz auf ein Wahlprogramm.

Elefantenrunde: Die vergessenen Themen
ABD0146_20171001 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l) BK Christian Kern (SPÖ) , Sebastian Kurz (ÖVP) , vor Beginn der ATV-Elefantenrunde mit den Spitzenkandidaten zur kommenden Nationalratswahl. In Österreich finden am 15. Oktober Nationalratswahlen statt. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH

Heute gäbe es also die letzte Chance, vor einem großen Publikum über Inhalte und Themen zu sprechen. Wovon wir in diesem Wahlkampf viel zu wenig gehört haben:

Digitalisierung

Dass wir unsere Bestellungen bei McDonald's nur noch am Bildschirm abgeben, ist ein minimaler Vorgeschmack auf die Umwälzungen der Arbeitswelt. Von Roborterjournalisten über Drohnen-Botendienste bis hin zu selbstfahrenden LKWs und 3D gedruckten Möbel, wird sich unsere Wirtschaft drastisch ändern. Von selbstlernenden Computern noch gar nicht angefangen. Welche Arbeit bleibt uns da noch? Wie sollen wir den Sozialstaat bezahlen? Und wie können wir damit eben denen ein würdiges Leben ermöglichen, für die sich vielleicht einfach kein stabiler Job mehr finden lässt?

Klimawandel

Zugegeben, Ulrike Lunacek versucht das Thema immer wieder anzusprechen – das ist ihr Job als grüne Spitzenkandidatin. Es ist ja auch jenes Thema, das die Menschheit, nicht nur die Österreicher, in den kommenden Jahren und Jahrzehnten am stärksten beschäftigen wird. Und, um den Bogen zum Lieblingsthema fast aller Parteien zu spannen: Wenn die globale Temperatur weiter steigt, wenn Dürren folgen und Küsten überschwemmt sind, ist die aktuelle Migrationswelle nicht mehr als ein kleiner Vorgeschmack auf das, was da noch kommen wird (hier finden Sie einen Positionscheck zum Klimawandel).

Elefantenrunde: Die vergessenen Themen
ABD0149_20171001 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l) BK Christian Kern (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP) vor Beginn der ATV-Elefantenrunde mit den Spitzenkandidaten zur kommenden Nationalratswahl. In Österreich finden am 15. Oktober Nationalratswahlen statt. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH

Bildung

Es ist jenes Thema, um das SPÖ und ÖVP seit vielen Jahren bei unterschiedlichsten Punkten – von Studiengebühren bis zu einer gemeinsamen Schule für alle – erbittert streiten. Die Folge: Stillstand im Bildungsbereich, auch wenn 2017 noch ein Bildungspaket verabschiedet wurde. In der nächsten Regierung wird aber aller Voraussicht nach die FPÖ statt SPÖ oder ÖVP sitzen – welche Positionen haben die Freiheitlichen, mit welcher Partei würden sie sich leichter tun?

Verwaltung

Auf die Frage, wie die Steuererleichterungen finanziert werden sollen, ist die Antwort fast immer dieselbe: Verwaltungsreform! Dass dort viel zu holen ist, bestreitet niemand. Durchsetzen konnte diese aber bislang auch noch niemand. Und was versteckt sich ganz konkret hinter dieser Verwaltungsreform?

Elefantenrunde: Die vergessenen Themen
Head of the Freedom Party (FPOe) Heinz-Christian Strache (L) and head of the Social Democrats (SPOe) Chancellor Christian Kern prepare for a TV discussion in Vienna, Austria, October 9, 2017. REUTERS/Leonhard Foeger

Länder

Ein ganz heikles Thema, das mit der Verwaltungsreform einher geht. Neun Bundesländer mit neun Verwaltungen und neun Gesetzgebungen in einem kleinen Land wie Österreich, das wirkt ziemlich übertrieben - aber eine Änderung des Status Quo bringt seit Jahrzehnten niemand zustande. Nicht zuletzt, weil sich die Landeshauptleute querlegen. Wie soll es hier weitergehen? Und versteht eigentlich irgendjemand den Finanzausgleich?

Verfassungsgericht

Gerhart Holzinger ist Vorsitzender des Verfassungsgerichtshofs – aber nur noch bis 1. Jänner 2017. Danach ist die Position des obersten Verfassungsrichters vakant. Der Verfassungsgerichtshof hat enorme Macht, er entscheidet unter anderem, ob Gesetze verfassungskonform sind oder – wie seit der Aufhebung der Bundespräsidentschaftswahl allgemein bekannt – über die ordnungsgemäße Durchführung von Wahlen. Wer Holzinger nachfolgt, entscheidet die nächste Regierung. Welche Kandidaten schweben den Parteien vor? Darüber haben wir in all den Duellen noch nichts gehört.

Elefantenrunde: Die vergessenen Themen
ABD0128_20171005 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l.), NEOS - Spitzenkandidat Matthias Strolz, Moderator Tarek Leitner (ORF), Grünen- Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek am Donnerstag, 05. Oktober 2017, anl. einer ORF - TV - Diskussion der Spitzenkandidaten von NEOS und Grüne in Wien. - FOTO: APA/HANS PUNZ

Sicherheit vs. Grundrechte

Ein Burkaverbot schlägt hohe Wellen – weil es eigentlich ein durch die Hinterhand eingeführtes Verhüllungsverbot ist, das verhüllte Radfahrer genauso wie Maskottchen treffen kann. Dahinter steht aber eine größere Frage: Wie viel Freiheit wollen wir aufgeben, um uns sicher zu fühlen? Wie viel Freiheit müssen wir aufgeben, um sicher zu sein? Und wie wollen die Spitzenkandidaten der Parteien diesen schwierigen Spagat bewältigen?

Europa

Sogar Irmgard Griss war erstaunt, dass die Neos sich in ihrem Wahlprogramm einen europäischen Bundesstaat wünschen. Wenn es in den Duellen um Europa ging, dann meistens um die Frage, ob Außenminister Sebastian Kurz in Brüssel Druck macht, oder allen furchtbar auf die Nerven geht. Aber wie stellen sich die Parteien die Zukunft des Projektes Europa vor, insbesondere nach dem Brexit?

Elefantenrunde: Die vergessenen Themen
ABD0128_20171005 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l.), NEOS - Spitzenkandidat Matthias Strolz, Moderator Tarek Leitner (ORF), Grünen- Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek am Donnerstag, 05. Oktober 2017, anl. einer ORF - TV - Diskussion der Spitzenkandidaten von NEOS und Grüne in Wien. - FOTO: APA/HANS PUNZ

Entwicklung

Seit Jahrzehnten verspricht Österreich 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Hilfe zur Entwicklung in armen Ländern auszugeben. Sogar wenn man Flüchtlingsausgaben dazuzählt kommt man bis heute nicht einmal ansatzweise in die Nähe davon. Dabei ist immer jeder für „Hilfe vor Ort“, wenn wieder Migranten vor den Toren Europas stehen. Wieso geht das offensichtlich nicht und was kann man ganz konkret tun, um es endlich zu ändern?

Und nicht zuletzt: Fußball

Wer soll österreichischer Fußball-Teamchef werden?

Kommentare