Ticker-Nachlese von Tag 1: "Deppert gewordene" Beamte und eine Millionengage für Benko
Zwei parlamentarische Untersuchungsausschüsse laufen ab März parallel - den Anfang machte heute, Mittwoch, jener zur Covid-Finanzierungsagentur, kurz COFAG.
Im Kern geht es um den Vorwurf, dass gewisse Unternehmer - mutmaßlich mit Nähe zur Volkspartei - besonders von den Finanzhilfen profitiert haben, die die COFAG ausbezahlt hat. Dazu gehört etwa Investor René Benko. Erst am Dienstag wurde bekannt, dass Firmen aus seiner (mittlerweile insolventen) Signa-Gruppe mindestens 18,7 Millionen Euro an Förderungen erhalten haben sollen (mehr dazu hier).
Als erste Auskunftsperson war Wolfgang Peschorn, Leiter der Finanzprokuratur, geladen. Peschorn ist quasi "Anwalt der Republik" und vertritt in der SIGNA-Pleite wie auch in anderen delikaten Justiz-Causen die Interessen der Steuerzahler.
Nach Peschorn wurde eine mittlerweile pensionierte Bedienstete des Finanzministeriums befragt. Hauptthema war die Steuercausa des Unternehmers Siegfried Wolf, in der sie Anzeige erstattet hatte. Sehr zum Ärger des damaligen Finanzministers.
Hier geht's zur Ticker-Nachlese:
COFAG U-Ausschuss
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Das war's für heute
Medienvertreter müssen den Saal nun verlassen, es folgt eine vertrauliche Beratung der Abgeordneten.
Bis morgen!
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Mehrere Abgeordneten winken ab, sie haben keine Fragen mehr an die Auskunftsperson. Auch die Verfahrensrichterin hat keinen Fragebedarf mehr.
Damit ist die Befragung beendet.
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Paravent-Protest
Noch immer steht zwischen Journalisten und Abgeordneten ein Paravent, die Vereinigung der Parlamentsredakteure beschwert sich am Nachmittag in einer Presseaussendung darüber:
"Für Medienvertreter gibt es im Verhandlungssaal nur wenige Sitzplätze. Vor diesen wurde ein Paravent platziert, der den Blick auf die Abgeordneten verhindert. Das Geschehen ist damit nur zum Teil zu verfolgen", heißt es da.
Und weiter: "Unhaltbar ist auch, dass den Medienvertretern auf dem Gang zum U-Ausschusslokal Filmen und Fotografieren verboten wurde. Der Raum, der für Fragen an Auskunftspersonen zur Verfügung steht, ist minimal und kleiner als er es vor dem Umbau und vor allem auch im Ausweichquartier des Parlaments war."
Alles in allem seien die derzeitigen Gegebenheiten "nicht hinnehmbar". Die Vereinigung der Parlamentsredakteurinnen und -redakteure legt deshalb ihren Protest ein und fordert eine "umgehende Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Journalistinnen und Journalisten".
Auch "der schwarze Faden", eine Rechercheplattform der FPÖ, prangert den Raumteiler an:
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Shetty zitiert aus einem eMail: Bei Betriebsprüfungen komme es immer wieder zu politischen Interventionen, heißt es da.
Die Auskunftsperson hat dazu keine Wahrnehmungen. Auch nicht in der Zeit der Übergangsregierung mit Eduard Müller als Finanzminister.
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Noch einmal zur Anzeige
Die Auskunftsperson erklärt noch einmal die Umstände ihrer Anzeige in der Causa Steuernachlass für Wolf.
Hätte sie die Anzeige unterlassen, wäre das Amtsmissbrauch gewesen, betont sie. Dennoch bekam sie danach Probleme. Wie gesagt: Finanzminister Müller soll geschrien haben, ob "alle deppert geworden" seien.
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Schwarzer "Badboy"
Nein, wir sprechen hier nicht von Andreas Hanger oder einem anderen ÖVP-Mandatar, sondern von jenem Polizeidiensthund, der vor dem heutigen U-Ausschuss-Tag das Lokal auf Sprengstoff untersucht hat.
Mehr dazu hier:
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Keine "Steueroase Innsbruck"
Sie wisse auch nicht, warum das Verfahren nach Tirol verlegt wurde. "Von einer Steueroase Innsbruck hätte ich keine Wahrnehmungen", sagt die Auskunftsperson.
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Bei den Fragen des Neos-Abgeordneten Shetty geht es jetzt wieder um die Benko-Causa und das vorhin zitierte "Augen zudrücken". Es gebe dazu keinen Aktenvermerk, auch im ELAK sei nichts gefunden worden, erklärt die Auskunftsperson.
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Inhalt der Besprechung war, dass die Steuerschuld von 11 auf 7 Millionen Euro gesenkt wurde, erklärt Tomaselli.
Aus ihrer Erfahrung wisse sie, dass Schlussbesprechungen immer wieder einmal verschoben werden, manchmal sei das auch aus strategischen Gründen gewünscht gewesen, erklärt die Ex-Beamtin.
Dass eine Beamtin, die mit der Causa Wolf betraut war, bei der Schlussbesprechung nicht anwesend war, soll ein direkter Wunsch von Finanzminister Schelling gewesen sein. Die Auskunftsperson hat dazu aber keine Wahrnehmungen.
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Tomaselli fragt jetzt nach dem Steuerverfahren des Milliardärs Wolf. Konkret, warum damals eine Schlussbesprechung verschoben worden sei.
"Ich war in der Angelegenheit persönlich beigezogen", sagt die Ex-Beamtin. Frau K. sei damals an sie herangetreten und habe sie über das Außenprüfungsverfahren informiert. Über Interventionen habe sie nichts gewusst, sagt die damalige Gruppenleiterin.
Irgendwann sei ein Kabinettsmitarbeiter an sie herangetreten und habe sie informiert, dass es neue Unterlagen, aber nicht genug Zeit zur Würdigung gab. Sie sei dann ersucht worden, die Terminverschiebung zu veranlassen. Sie habe aber nicht gewusst, dass das eine Schlussbesprechung sein sollte.
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Tomaselli versucht es noch einmal: Könnte die Postenbesetzung im Finanzamt Braunau Vorbereitung für eine bevorzugte Behandlung in einem Steuerverfahren gewesen sein?
Der Vorsitzende stellt nach Rücksprache mit der Richterin fest: Die Frage ist nicht zugelassen.
Nun gut, Themenwechsel.
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SPÖ und ÖVP
liefern sich gerade einen Wortwechsel - lassen aber ihre Mikros ausgeschaltet, deshalb hört man nicht genau, was sie sich da gegenseitig schimpfen.
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Wortwechsel
Tomaselli lässt nicht locker: Sie könne auch nur jenen Teil beantworten, der sich auf die Postenbesetzung bezieht, sagt die Grüne zu der pensionierten Beamtin.
Ihre Frage neu stellen darf Tomaselli übrigens nicht - wie gesagt, ihre Fragezeit ist vorbei. Sie kann nur noch paraphrasieren oder die Auskunftsperson auf etwas hinweisen.
Hanger (ÖVP) meldet sich zu Wort: Der Untersuchungsgegenstand werde ad absurdum geführt.
Noch einmal die Verfahrensrichterin: Solange es sich nur um Spekulationen handelt, sei es nicht Untersuchungsgegenstand. Bis jetzt habe die Auskunftsperson gesagt, sie habe keine Wahrnehmungen. Nun wurde ihr aber ein Dokument vorgelegt. Man werde nun sehen, ob ein Zusammenhang hergestellt werden kann.
Offenbar gibt es einen Zusammenhang, sagt Krainer (SPÖ), sonst wäre das Dokument ja wohl nicht an den U-Ausschuss geliefert worden.
"Dann brauchen wir zukünftig überhaupt keine Gegenstände mehr definieren, wenn wir hier behandeln, wie wir grad lustig sind", sagt Hanger.
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Tomaselli hält fest, dass die Auskunftsperson alles beantworten kann, wenn sie möchte.
Und sie fragt noch einmal: "Haben Sie Wahrnehmungen in Bezug auf Interventionen in Bezug auf die Besetzung mit Zusammenhang auf das Steuerverfahren Pierer?"
Fürlinger bleibt dabei: Die Frage sei außerhalb des Gegenstands - und außerhalb der Zeit. Tomasellis Fragezeit ist vorbei.
Jetzt weist auch Vorsitzender Ofenauer die Auskunftsperson drauf hin, dass sie nicht antworten muss, aber darf.
Also: "Ich habe keine Wahrnehmungen in Bezug auf das Steuerverfahren Pierer." Sie könne deshalb auch keinen Konnex zur Postenbesetzung herstellen.
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Die Verfahrensrichterin stellt fest: Die Besetzung, wenn sie vor dem Untersuchungszeitraum stattfand, könne hier nicht Gegenstand sein. Noch dazu gehe es hier nicht um Postenbesetzungen. Ein Konnex könne nur hergestellt werden, wenn es durch diese Besetzung eine Beeinflussung im Sinne des Verfahrensgegenstands gab.
Dazu reiche es aber nicht, dass dieser Einfluss bestanden haben könnte. Es müsse schon ein klarer Konnex zu Beweismitteln und nicht nur die reine Möglichkeit gegeben sein.
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Stehung
Jetzt ist die Grüne Tomaselli dran und will rund um die Besetzung des Finanzamts Braunau fragen. Da geht es um mögliche Interventionen von August Wöginger, ÖVP-Klubchef und ÖAAB-Chef.
Und die nächste Geschäftsordnungsdebatte bricht los:
Die Besetzung war im Mai 2017 und sei vom Untersuchungsgegenstand nicht umfasst, sagt ÖVP-Abgeordneter Fürlinger.
Krainer, SPÖ, kontert, dass es im Untersuchungsgegenstand um Stefan Pierer, damaliger KTM-Chef, gehe, der Cofag-Förderungen bekam. Und Pierer falle in die Zuständigkeit des Finanzamts Braunau. Und deshalb dürfe man hier auch Fragen zum Finanzamt Braunau stellen, meint er.
Tomaselli präzisiert nochmal: Es gehe hier im U-Ausschuss nicht nur um die Cofag, sondern um die Bevorzugung von Milliarden. Und was besagtes Finanzamt betrifft, hätten schon die Chats von Thomas Schmid darauf Hinweise gegeben, dass es eine Bevorzugung gab.
Kurze Stehung, um die Frage zu klären.
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FPÖ-Mandatarin Susanne Fürst ist dran. Sie fragt nochmals zu den Hintergründen der Postenbesetzungen.
Frau K., die von Wiener Neustadt nach Mödling wechselte, hatte im Begutachtungsverfahren gute Chancen. Die aussichtsreichste Gegenkandidatin sei zwar auch "sehr, sehr gut" gewesen, hatte aber die langjährige Führungserfahrung nicht.
Hätte sich Frau K. im Steuerverfahren aufgrund ihrer Kontakte zu Wolf als befangen erklären müssen?
Der Vorwurf lautet ja, dass K. dem Unternehmer einen Steuerrabatt gewährt hat, um dann im Gegenzug den Wunsch nach Versetzung erfüllt zu bekommen.
Die Auskunftsperson sagt, sie habe das damals nicht gewusst. Für sie hätte sich die Frage der Befangenheit gestellt. "Ich persönlich hätte mich für befangen erklärt", sagt sie.
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Jetzt geht es um die Besetzung von besagtem Finanzamt Mödling. Sie sei darüber informiert worden, dass eine bestimmte Kandidatin, Frau K., Vorständin werden soll. Sie war bereits Vorständin in Wiener Neustadt und wechselte dann eben nach Mödling.
Druck sei auf sie nicht ausgeübt worden, sagt die Auskunftsperson. Sie habe damals keine Ahnung gehabt über die Hintergründe. Hätte sie die gewusst, dann hätte sie sich damit auseinandergesetzt.
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Ihre Erfahrung nach 40 Jahren im Bundesdienst könne sie sagen: Bei einer Steuernachsicht in dieser Größenordnung würde man schon aus Selbstschutz viele verschiedene Stellen einbinden.
Aus den Chats des damaligen Finanz-Generalsekretärs Thomas Schmid geht hervor, dass es offenbar sehr wohl eine Intervention gab (mehr dazu beim Link unten).
Die Auskunftsperson wiederholt: "Dazu habe ich keine Wahrnehmungen."
Hatten Bedienstete Repressalien zu befürchten, wenn sie sich widersetzen?
Sie selbst sei keinen Repressalien ausgesetzt worden, sagt sie.
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Wie hat sich das Verhältnis danach gestaltet?
"Entschuldigt hat er sich nicht, aber naja, er war der Minister", sagt die Auskunftsperson. Das Verhältnis sei "abgekühlt".
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"Seit ihr alle deppert geworden?"
Die erste Fragerunde beginnt, wie immer macht die SPÖ den Anfang.
Die Abgeordnete Michaela Schmidt hat weitere Fragen zur Steuernachsicht. "Haben Sie den Finanzminister über die Anzeige informiert?"
Sie habe damals sehr intensiv darüber nachgedacht und am nächsten Tag in der Früh einen Termin mit dem Büro für Interne Angelegenheiten vereinbart und den Generalsekretär darüber informiert. Dieser kannte den Sachverhalt schon und wollte sich später noch einmal melden. Sie habe das Gespräch mit dem Minister nicht mehr abgewartet, sondern die Anzeige veranlasst.
Am Tag nach der Anzeige habe sie den Finanzminister darüber nur noch informiert. "Darüber war er, gelinde gesagt, sehr erbost."
Finanzminister war damals, nach dem Platzen der Ibiza-Affäre, Eduard Müller. "Er hat mich gefragt, ob wir alle deppert geworden sind, dass wir da Anzeigen machen", schildert die Ex-Beamtin. "Das weiß ich definitiv noch, weil mich das schockiert hat."
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Das Ergebnis: Es seien keine Aktenvermerke angelegt worden, Kollegen hätten auch keine Wahrnehmungen im Sinne der Anfrage gehabt. Es habe lediglich Unzufriedenheit geherrscht, dass die Großbetriebsprüfung (GBP) nicht den Standpunkt des Finanzamts geteilt habe.
Ursprünglich habe die GBP den strengen Rechtsstandpunkt des Finanzamts geteilt. Dann sei man davon abgewichen.
Sie bleibt aber dabei: Wahrnehmungen, ob es Interventionen gab, habe sie nicht gehabt.
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"Mehrere Augen zudrücken"
Der Auskunftsperson wird ein eMail in Bezug auf die Signa-Gruppe vorgehalten. Sie hatte damals einen Eintrag im Elektronischen Akt (ELAK) gefordert. "Im Sommer 2020 wurde ich ersucht vom Kabinett, einer Anfrage einer Medienvertreterin nachzugehen, in der hinterfragt wurde, ob es im Außenprüfungsverfahren Signa tatsächlich eine Weisung und einen Aktenvermerk gebe in Bezug auf eine Äußerung des Generalsekretärs, 'mehrere Augen zuzudrücken'."
Sie sei dem dann nachgegangen und habe ersucht, Einblick in den Verschluss-ELAK zu bekommen.
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Gab es Interventionen?
Dazu habe sie keine Wahrnehmungen gehabt, erklärt die Auskunftsperson. Mit Ausnahme, dass sie einmal ersucht worden sei, eine Verschiebung des Besprechungstermins zu veranlassen.
Keinen zwingenden Konnex habe sie gesehen, als das Finanzamt Baden/Mödling neu besetzt wurde.
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"Übergehen einer zwingenden Zustimmung"
Bei der ersten Frage von Verfahrensrichterin Edwards geht es um die vorhin bereits angesprochene Steuernachsicht für Unternehmer Siegfried Wolf.
Bei einer Geschäftsprüfung 2019 sei zutage getreten, dass die Nachsicht, die von der Fachabteilung mehrmals negativ beauskunftet wurde, vom Finanzamt aber gewährt wurde.
In der Stellungnahme des Finanzamts sei die fehlende Zustimmung argumentativ mit der Abstimmung mit dem Generalsekretär begründet worden, erklärt die pensionierte Beamtin.
Das bewusste Übergehen einer zwingenden Zustimmung, das Wissen, dass die Nachsicht rechtlich nicht genehmigt wurde und das Überspringen der Hierarchiestufen seien für sie ausschlaggebend gewesen, eine Anzeige zu machen.
Zu einer solchen Anzeige sei sie als Beamtin verpflichtet gewesen.
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Auch sie darf vorab eine Stellungnahme abgeben.
Zunächst stellt sie sich und ihren Aufgabenbereich vor. Anfang der 1980er sei sie in die Finanzverwaltung eingetreten.
2015 wurde sie Gruppenleiterin worden. Ihr wesentlicher Aufgabenbereich sei es gewesen, die strategische Planung und Steuerung von Ressourcen und Leistungen sowie die Betrugsbekämpfung gewesen. Mittlerweile ist sie im Ruhestand.
Seit damals habe sie keinerlei Zugriff auf Daten und Unterlagen und werde sich bei der Befragung auf das beschränken, was zu ihrer aktiven Zeit passiert ist.
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Weiter geht's!
Die zweite Auskunftsperson ist jetzt da - es handelt sich dabei um eine Finanzbeamtin, deren Name aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes hier nicht genannt wird.
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Keine weiteren Fragen
Die Befragung von Peschorn ist beendet, wir legen eine Pause ein.
Um 15.05 Uhr geht es weiter.
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Peschorn ein Trekkie?
Diese Vorgehensweise, Erwartungshaltungen der Zukunft in die Gegenwart zu "beamen", erinnere ihn an "Stark Trek Raumschiff Enterprise", sagt Peschorn. Da gab es allerdings Zeitreisen.
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"Sünde an der Jugend"
SPÖ-Mandatar Krainer ist wieder an der Reihe - es ist die letzte von drei Runden. Er spricht Peschorn auf ein Interview an, in dem dieser meinte, der Umgang der Signa mit Milliarden sei "die zweite Sünde an der Jugend nach der Klimakatastrophe".
Peschorn erklärt, es sei eben manchmal notwendig, die Dinge etwas drastischer auszudrücken. Er verstehe nicht, warum Entscheidungsträger in der Immobilienwirtschaft "Erwartungshaltungen einpreisen" und Banken ihnen dann Kredite geben.
"Hier sollte man besonders gut vorbereitet sein, und das ist man nicht, in meiner Wahrnehmung aus den vergangenen Jahrzehnten", sagt Peschorn. Man verlagere hier Probleme in die Zukunft. Und wie bei der Klimakatastrophe müssten dann vor allem zukünftige Generationen die Konsequenzen tragen.
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Karmasin-Urteil
Jetzt ist noch einmal kurz das heute vom OGH bestätigten Urteil für Meinungsforscherin Sophie Karmasin Thema (mehr dazu hier).
Peschorn hatte vorhin erklärt, dass die Republik noch nicht als Privatbeteiligter angeschlossen ist, weil der Sachverhalt noch nicht geklärt sei. Die Verjährung läuft am 24. Oktober aus.
Jetzt eine kurze Debatte, ob die Frage zugelassen wird. Hanger sagt, dass kein Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand und auch nicht zur Umfrage-Causa (Stichwort Beinschab-Tool) besteht, wie Shetty argumentiert hat. Im heute gefallenen Urteil geht es um Wettbewerbsabsprachen.
Shetty bittet Peschorn, trotzdem zu antworten, weil ja - wie er selbst vorhin sagte - ein öffentliches Interesse bestehe.
Peschorn sagt noch einmal: "Eine solche Privatbeteiligung erfordert eine umfangreiche Sachverhaltsklärung." Ein Urteil reiche nicht, es brauche noch weitere Unterlagen. "Sie können sich sicher sein: Nichts wäre uns lieber, als dass wir rasch eine Privatbeteiligung machen, am besten eine erfolgreiche."
Shetty hakt noch einmal nach: Der Sachverhalt sei heute ja durch die zweite Instanz ja geklärt worden. Seine Fragezeit ist jetzt vorbei.
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"Warum helft ihr dem Benko so?", heißt es in einem mittlerweile legendären Mail aus dem Finanzministerium. Der damalige Generalsekretär soll darauf geantwortet haben, dass Benko so viel für Österreich geleistet und Arbeitsplätze geschaffen habe.
Darauf von Neos-Mandatar Shetty angesprochen sagt Peschorn, dass ihm keine Bestimmung bekannt sei, wonach solche Leistungen beim Steuerverfahren zu berücksichtigen seien.
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Tiroler und Wiener Steuerrecht
Shetty ist wieder an der Reihe.
Durch eine Verlegung des Sitzes der Signa wurde das Finanzamt Innsbruck zuständig. Peschorn hat aber keine Wahrnehmungen, dass die Signa dort anders behandelt worden sei.
Shetty wendet ein, dass die Bemessungsgrundlage um vier Millionen Euro gesunken sei. "Wenn Sie Finanzamtakten durchforsten, wird es sehr oft um die Frage der Bemessungsgrundlage gehen", antwortet Peschorn.
Auf die Frage, ob es ein Wiener Steuerrecht und ein Tiroler Steuerrecht geht, sagt Peschorn, er schätze die Regionalität schon, und es sei auch normal, dass es kleine Unterschiede gibt. "Wichtig ist, dass man auf einen gleichmäßigen Vollzug schaut." Das gelte nicht nur für die Finanz, sondern auch für die Justiz.
Die Finanzprokuratur gebe es jedenfalls nur ein Mal.
Shetty hakt ein: Gab es etwa keinen gleichmäßigen Vollzug? Das kann Peschorn nicht beantworten, das sei wohl eine tägliche Herausforderung.
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Geld zurück
Der Finanzminister hat angekündigt, dass unrechtmäßig bezogene Beihilfen zurückgezahlt werden sollen, allen voran wohl die Cofag.
Peschorn verweist nochmals auf die Abwicklung der Cofag, die der Minister beauftragt hat: Mit 1. Juli soll die Rückforderung den Finanzämtern obliegen und ein öffentlich-rechtlicher Anspruch kreiert werden.
Jetzt antwortet er etwas breiter. Die Finanzprokuratur sei auch sehr ausgelastet mit Rückforderungen von Beihilfen des AMS. Aber sofern es Cofag-Leistungen betrifft, sei das jetzt noch eine Aufgabe der Cofag, die einzubringen. Das werde mit 1. Juli eben anders sein.
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Benko privat
Tomaselli ist noch einmal dran:
Anschließend zur Befragung vorher will sie wissen, ob Peschorn im Finanzminister in Kontakt ist, was die etwaige Privatinsolvenz und etwaige Abgabenschulden von Benko betrifft. Er sei in vielen Belangen in Kontakt, sagt Peschorn.
Verfahrensrichterin Edwards grätscht hinein: Es geht hier um Benko als Privatperson, das sei nicht vom Untersuchungsgegenstand umfasst, hier gehe es nur um die Vollziehung der Verwaltung.
Peschorn antwortet trotzdem: Der Finanzminister habe der Finanzprokuratur den Auftrag gegeben, vollumfänglich zu prüfen, "um wirklich zu wissen, was hier passiert ist und um dafür zu sorgen, dass die Abgaben eingebracht werden".
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Noch einmal zu Benkos Jahresgage
Auch auf Twitter fragt Tomaselli: Wofür hat Benko eigentlich 26 Mio. Euro Jahresgage erhalten? Offiziell war er ja nicht einmal Geschäftsführer.
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Hafenecker ist jetzt noch einmal dran, er hat noch ergänzende Fragen zur Postsparkasse:
Peschorn betont noch einmal, dass der Finanzminister ein Weisungsrecht hat, was den Vertrag mit der BIG bzw. ÖBAG betrifft.
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Die Steuerprüfung werde im Gesamtzusammenhang zu sehen sein, betont Peschorn. Es gelte jetzt, vollumfänglich alle Signa-Unternehmungen Schritt für Schritt zu überprüfen, um alles zu verstehen.
Krainer fragt, ob es in Bezug auf das Ferienhaus einen Auftrag gebe? Peschorn verneint, im Gesamtkonzept müsse es aber auch umfasst sein.
Das Ferienhaus wird offiziell als Hotel geführt und ist damit steuerlich absetzbar, in Wahrheit würde es von Benko privat genutzt, erklärt Krainer. Peschorn weiß das auch nur aus den Medien.
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Es geht weiter
Die zweite Runde beginnt. Krainer, SPÖ, ist am Wort.
Medial kolportiert ist der Vorwurf, dass Benko Privatausgaben steuerlich geltend gemacht hat - für die Villa in Tirol, für sein Wochenendhaus und für sein Flugzeug.
Die Kosten des Flugzeuges seien demnach zwischen 2017 und 2020 zu 99,7 Prozent privat zuzurechnen gewesen. Peschorn sagte vorhin, er kenne das Steuerverfahren nicht.
Peschorn sagt, dass die Finanzprokuratur keinen Einblick in Steuerverfahren habe, sondern von den Finanzämtern beauftragt werde, wenn es um ein Pfandrecht oder gerichtliche Schritte geht. Laut den Unterlagen werde es jetzt eine Nachforderung geben. "Das finde ich aus Sicht der Republik positiv."
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Kurze Pause
In 5 Minuten geht's weiter.
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Staat nicht voll informiert
Es besteht der Verdacht, dass die Signa den Wert von Kika/Leiner gegenüber der Bank höher angesetzt hat und gegenüber der Finanz, als es um Steuerzahlungen ging, niedriger.
Im Signa-Konglomerat liege der Verdacht nahe, dass man bei bestimmten Personen einen anderen Eindruck erwecken wollte als bei anderen, sagt Peschorn. Zu Redlichkeit gehöre Transparenz dazu.
"Ich habe über Jahrzehnte den Eindruck erhalten, dass die Republik nicht vollständig informiert wird." Sondern dass rechtzeitig umgeschichtet wurde, gerade bei jenen, die näher dran seien bei den wichtigen Gläubigern. Und dass der Staat am Ende übrig bleibt.
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Shetty fragt Peschorn, ob er rund um 2018 bereits Wahrnehmungen hatte, welches Ziel Benko verfolgt - ob es ihm bei Kika/Leiner um den Erhalt von Arbeitsplätzen ging oder um die Immobilie.
Peschorn merkt an, es sei recht vielen Menschen noch nicht ganz klar, was das konkrete Geschäftsmodell von Signa und Benko war.
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Und schon wieder Krach
Ein Abgeordneter ist beim Aufstehen gegen den Paravent geknallt.
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Die erste Panne
Während Peschorn spricht, plötzlich ein lauter Rumpler: Die vordere Abdeckung eines Tisches ist umgefallen.
Die Autorin dieser Zeilen hat unter einer Klappe ihres Tisches ein paar Schraubenzieher entdeckt. Reparatur wäre also jederzeit möglich.
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Telefonat mit Benko
Neos-Abgeordneter Shetty will über das Thema Kika/Leiner sprechen.
Peschorn sagt, er sei 2018, bei der Übernahme der Signa-Gruppe, von der Rechtsanwältin kontaktiert worden. Sie habe gefragt, ob die Republik eine Steuerstundung gewähren könnte. Kurz danach habe eine andere, große Anwaltskanzlei übernommen. Die Voraussetzungen seien nicht vorgelegen, daher habe man das negativ beschieden.
Shetty legt einen Chat von Gabi Spiegelfeld vor, die meint, Peschorn wisse Bescheid über die Stundung, und nannte den Namen eines Rechtsanwalts. Peschorn sagt, da müsse es eine Verwechslung in Bezug auf den Anwalt geben.
Es könne schon sein, dass er mit Schmid, damals Finanzgeneralsekretär, über eine Steuerstundung gesprochen habe, es habe auch einen telefonischen Kontakt mit Benko gegeben. "Das war aber der einzige Kontakt", sagt Peschorn. Die Telefonnummer könnte er von Schmid erhalten haben.
"Auch da habe ich meiner Erinnerung nach darauf hingewiesen, dass das gesetzlich nicht möglich ist und keine Steuerstundung erfolgen kann."
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26 Mio. Jahreseinkommen
Tomaselli thematisiert Benkos Villa in Igls und die von der Finanz eingetragene Vormerkung eines Pfandrechts. Der Schritt der pfandrechtlichen Sicherstellung ist aus Sicht Peschorns "sehr rasch und sehr früh" und keinesfalls zu spät erfolgt.
Die Grüne hat übrigens auch den Einkommenssteuerbescheid von Benko dabei: 2019 soll er bei der Signa ein Jahreseinkommen von 26 Millionen Euro erhalten haben.
Seine Steuerlast wurde massiv verringert, weil er die Kosten für seinen Privatflieger geltend gemacht hat. Den Flieger soll er aber hauptsächlich privat genutzt haben.
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Platz tauschen?
Noch einmal kurz zum Paravent, der zwischen SPÖ-Fraktion und Journalisten aufgestellt wurde, um die Abgeordneten und deren Akten vor Blicken zu schützen:
ÖVP-Fraktionschef Andreas Hanger überlegt, der SPÖ einen Sitzplatzwechsel vorzuschlagen. Die ÖVP-Abgeordneten hätten kein Problem damit, wenn hinter ihnen Journalisten sitzen. Und dann könnte er ganz verschwinden, der asiatisch anmutende Paravent.
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Die Frage, ob noch andere Unternehmen der Signa-Gruppe geprüft werden, kann Peschorn nicht beantworten. Die Finanzprokuratur unterstütze nur die Finanzbehörden, ihre Aufgabe sei es, die Interessen der Republik zu vertreten.
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"Das Bestreben eines vernünftigen Staatsdieners"...
... sei es, auf vernünftigen gesetzlichen Grundlagen zu entscheiden. Jetzt gelte es einmal, "Licht ins Dunkel" zu bringen und Sachverhalte zu erheben, die in einem Rechtsstaat auch vor den gerichtlichen Instanzen halten.
"Wir wollen aufklären, wir wollen wissen, woran man ist", sagt Peschorn. Er hält das für eine wichtige Aufgabe, auch im Interesse des wirtschaftlichen Standorts.
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Der U-Ausschuss hat den Insolvenzantrag begehrt, den die Finanzprokuratur gegen Rene Benko gestellt hat. Peschorn glaubt nicht, dass der Antrag vom Untersuchungsgegenstand umfasst ist, antwortet aber trotzdem.
Die Finanzprokuratur sei sehr kurzfristig befasst worden, bemühe sich mit der Verwaltung aber sehr intensiv um eine Aufarbeitung. Im Zusammenhang damit gab es Informationen, die einen Insolvenzantrag notwendig gemacht hätten.
Benko soll Abgabeschulden beim Finanzministerium haben. Nun liegt der Verdacht, dass Gläubiger bevorzugt wurden, in der Luft, weil Benko anderen Gläubigern Zahlungen versprochen haben soll.
Mehr sagt Peschorn jetzt aber nicht - das Schreiben ist nach dem Untersuchungszeitraum verfasst worden, deshalb ist es hier nicht Gegenstand.
Tomaselli akzeptiert das nicht: Die Abgabenschulden seien im Untersuchungszeitraum entstanden. Sie habe ja nicht nach dem Schreiben gefragt, sondern nach den Schulden.
Der weitere Fahrplan
Am Donnerstag geht es weiter mit weiteren aktiven bzw. ehemaligen Finanz-Mitarbeitern, am Nachmittag ist Marc Schimpel, Geschäftsführer der COFAG, selbst geladen.
Die Befragungen sind diesmal weit straffer organisiert als in den letzten U-Ausschüssen. So steht den Fraktionen weit weniger Fragezeit zu. Das liegt auch daran, dass insgesamt nur sechs Befragungstage vorgesehen sind.
In der nächsten Woche beginnt am 13. und 14. März der von der ÖVP alleine getragene Ausschuss zum "Rot-Blauen Machtmissbrauch" mit der Befragung erster Zeugen. Hier will die ÖVP die Regierungsbeteiligungen von SPÖ und FPÖ in der Zeit vom 11. Jänner 2007 bis zum 7. Jänner 2020 unter die Lupe nehmen.
In weiterer Folge wird wochenweise gewechselt. Beide Untersuchungsausschüsse bestehen jeweils aus 13 Mitgliedern exklusive des Vorsitzenden.
Sobotka war heute verhindert
Den Vorsitz führt gemäß Verfahrensordnung Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Vertreten lassen kann er sich von der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) oder vom Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer (FPÖ). Sind alle drei verhindert, können zuvor bestimmte Abgeordnete den Vorsitz führen.
Das war an Tag 1 gleich der Fall: Friedrich Ofenauer, ÖVP-Mandatar, übernahm den Vorsitz.
Als Verfahrensrichterin kommt in beiden U-Ausschüssen Christa Edwards vom Oberlandesgericht Wien zum Zug, die bereits im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss als stellvertretende Verfahrensrichterin fungierte.
Als Stellvertreter zur Seite hat sie im "COFAG-Ausschuss" Jugendrichterin Beate Matschnig, im Ausschuss zum "Rot-Blauen Machtmissbrauch" Verwaltungsrichter Wolfgang Köller.
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