„Schnappatmungsgefahr“: Wolfgang Schüssel bat Autoren um umsetzbare Ideen
Das kommende Jahr – 2024 – mit Wahlen in den USA wie Russland, Indien wie der Ukraine, der EU wie Österreich dient gleichsam als Anlass für „Ideen, die geh’n“, wie Initiator Wolfgang Schüssel zu Beginn des Buches wissen lässt.
93 Autorinnen und Autoren hat der ehemalige Bundeskanzler und ÖVP-Chef gebeten, Vorschläge und Visionen für weniger Politikverdrossenheit, mehr Diskussionskultur zu formulieren.
„Umsetzungsernte“
Keine Kritik an bestehenden Zuständen war gefragt oder „langwierige Analysen“, sondern kurze Kapitel, die Potenzial für „eine reiche Umsetzungsernte in der politischen Zukunft“ haben. Gefolgt sind der Einladung Menschen aus Politik (u. a. Johannes Hahn, Wolfgang Peschorn, Ursula Plassnik), Wirtschaft (Andreas Brandstetter, Harald Mahrer, Susanne Riess-Hahn), Medizin, Wissenschaft und Forschung (Gabriel Felbermayr, Josef Penninger, Hildegunde Piza-Katzer), Kunst und Kultur (Marc Elsberg, Franz Welser-Möst), Medien und Sport (Nici Schmidhofer, Claudia Schanza, Gerhard Jelinek).
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So rät Bestseller-Autor Marc Elsberg zur Umsetzung einer „ganz einfachen“ und jederzeit umsetzbaren Idee, um der „Schnappatmungsgefahr“ bei Themen wie Erbschaftsteuer zu entgehen: „Ausatmen, einatmen.“ Und Nachdenken. „Und statt Ausreden zu finden, überlegen, wie man es am besten macht. Oder noch besser macht.“
„Zukunftsdepot“
Die Vorstandsvorsitzende der Erste Bank plädiert für eine „echte Öffnung des Kapitalmarkts“, damit alle Menschen in Österreich einen niederschwelligen Zugang zu Investitionsmöglichkeiten erhalten. Gelingen soll das – so Gerda Holzinger-Burgstallers Idee – mittels eines „Zukunftsdepots“, auf das jedes Kind zur Geburt vom Staat einen fixen Betrag einbezahlt bekommt.
Hat der/die Betreffende die Volljährigkeit erreicht, kann der bis dahin erzielte Gewinn steuerfrei entnommen werden. Der vom Staat ursprünglich zur Verfügung gestellte Betrag muss für eine vorgegebene Mindestdauer weiterveranlagt werden. So würde, so die Autorin, auch ein wesentlicher Beitrag zur Finanzbildung geleistet werden.
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Bildung ist auch dem Chef des Arbeitsmarktservices, Johannes Kopf, in seinem Buchbeitrag ein Anliegen. Kopf kritisiert, dass „tausende Schulversuche oft ohne objektive Evaluation und daher Vorbildwirkung oder Verbreitung“ bleiben. Seit 2012 habe er als AMS-Chef, schreibt Kopf, darum geworben, Daten zu erheben, selbige zu evaluieren und damit das Bildungssystem zu verbessern – vor allem auch tatsächlich vergleichbar zu machen. In eine „Balanced Scorecard“ für heimische Bildungseinrichtungen müsste nach Kopfs Dafürhalten auch eine flächendeckende Erhebung der Zufriedenheit von Eltern, Schülern und Lehrern miteinfließen, „um das Bildungssystem durch Evidenz und nicht ideologische Diskussionen besser zu machen“.
Wolfgang Schüssel, Gottfried Kneifel: „Ideen, die geh’n!“ 240 Seiten, Edition Kleine Zeitung, 24,90 Euro
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