"Blackout"-Autor: Marc Elsberg lässt das Licht ausgehen
Kurbelradios und Taschenlampen mit Handkurbel hat er genug daheim. „Geschenke“, sagt Autor Marc Elsberg. Und auch sonst hält sich der 55-Jährige an die behördlichen Empfehlungen, was man im Falle eines längeren Stromausfalls zu Hause haben sollte. Konserven, Wasser, seit Kurzem einen Gaskocher. Elsberg muss wissen, was man braucht. Mit „Blackout“ hat er einen Wissenschaftsthriller geschrieben, der zehn Jahre nach Erscheinen aktueller scheint denn je.
Aufgewachsen ist Elsberg, der eigentlich Marcus Rafelsberger heißt, in Baden. Und dass er einmal Autor wird – und vom Schreiben sogar leben kann –, das hatte er ursprünglich nicht als Lebensentwurf geplant. Ausgestattet mit großem zeichnerischen Talent war Elsberg bereits in der Jugend der Kunst zugetan.
Wobei, neugierig sei er schon immer gewesen, erzählt der Autor. Als Bücherfresser, bezeichnet er sich. „Ich war Dauergast in der Badener Bibliothek. Mit 15 wollte ich zum Geburtstag ein Profil-Abo haben“. Bevor er bildender Künstler werden wollte, standen Dschungelforscher oder Gehirnchirurg zur Wahl.
Nach der Matura am Gymnasium Biondekgasse zog es Elsberg nach Wien. „Ich bin ein Großstadtmensch“, sagt der, der neben idyllischen Weingärten aufgewachsen ist, von sich. Er habe dann ein Jahr lang Wirtschaft „nicht studiert“. Stattdessen verbrachte der junge Elsberg seine Tage malend oder surfend am Neusiedler See.
Treuer Werber
Schließlich wechselte er an die Angewandte und begann noch während des Studiums als Grafiker und Art Director bei einer Werbeagentur. „Für jemanden Anfang 20, der nicht wusste, was er werden sollte – Kunstmaler oder Comiczeichner – hat das gut gepasst“. Die nächsten Jahrzehnte blieb Elsberg der Werbung treu, das Malen ließ er aus Zeitgründen bleiben. Er gebe gerne 120 Prozent, doch die habe er nicht leisten können.
Ende der 1990er packte Elsberg schließlich das nebenberufliche Autoren-Fieber. Unter seinem Taufnamen brachte er sein erstes Buch heraus – eine Politsatire. Es folgten drei Krimis. Auch „Blackout“ hätte ein solcher werden sollen.
Die Idee dazu kam ihm beim Lesen eines Artikels über die Produktion elektrischer Zahnbürsten. Komponenten aus 12 Ländern würden dafür benötigt, erzählt der Autor.
Da wurde ihm bewusst, wie vernetzt sämtliche Lebensbereiche – von der Zahnbürsten-Produktion bis zum Spitalbetrieb – sind. „Ich habe mir dann überlegt, wie erzähle ich die Geschichte der Abhängigkeit“, sagt er. „Und wie in der Werbung gilt: Willst du was bewusst machen, lass es weg.“ Den Strom nämlich.
Rund fünf Jahre recherchierte Elsberg für „Blackout“, sprach mit Experten der Energie- und IT-Branche, Militär und Zivilschutz. Auch bei der EVN, im Innenministerium und im Internet forschte er nach. Nachts, an Feiertagen und am Wochenende schrieb er. Bald war klar: Das wird kein Krimi.
War ihm da schon bewusst, was auf die Menschen bei einem europaweiten Blackout zukommen würde? „Bis zu einem gewissen Grad schon. Aber nicht das ganze Ausmaß. Dass man sein Klo nicht mehr spülen kann, sämtliche Kommunikation zusammenbricht und keine Tankstelle mehr funktioniert“, sagt Elsberg. Damit könnten dann weder Lebensmittel noch Medikamente geliefert werden. „Das waren schon so Aha-Momente.“
Neues Genre
Für „Blackout“ wurde dann aus Marcus Rafelsberger auch Marc Elsberg. Die Brisanz seines Thrillers war übrigens nicht allen von Anfang an klar. Elsbergs ursprünglicher Literaturagent lehnte sein Buch sogar ab.
Das Buch
Auf 800 Seiten widmet sich Elsberg der Frage, was passiert, wenn in ganz Europa der Strom ausgeht. Das Buch wurde in 22 Ländern veröffentlicht und mehr als zwei Millionen Mal verkauft. 2021 wurde es verfilmt
Weitere Erfolge
Weitere Bücher von Elsberg sind die Wissenschaftsthriller „Zero“ und „Helix“ sowie die Thriller „Gier“ und „Der Fall des Präsidenten“. Am 15. März erscheint „°C – Celsius“
Dass es in naher Zukunft zu einem Stromausfall wie in seinem Buch kommt, hält der Autor nicht für sehr realistisch. „Da ist dann Krieg oder Mega-Terror“, sagt er. Ein derartiger Ausfall dauere dann länger als zwei Wochen, wie in seinem Buch.
Aber schon ein großflächiger Stromausfall sei dramatisch genug, wenngleich auch „im Normalfall binnen zwei bis vier Tagen behebbar“, sagt Elsberg. Dabei gleite man aber schon an Tag zwei in eine schwer beherrschbare Situation. „Die Leute würden sich schon helfen. Das Problem ist die ausgefallene Kommunikation.“ Man wisse nicht, wie es seinen Lieben gehe. Sobald man wisse, was los sei, würden die Menschen durchhalten, meint der Autor.
Wenn der Strom dann wieder da sei, dauere es dennoch Tage bis Supermärkte wieder öffnen könnten. "Die langfristigen Folgen darf man nicht unterschätzen."
Elsberg rät jedenfalls, nicht nur Lebensmittel für zehn Tage vorrätig zu halten, sondern schon im Vorfeld organisatorische Notfallpläne für die Familie festzulegen.
Realistisch sei heuer eine Mangellage beim Strom „Die ist aber managebar“. Zur Not müssten Industriebetriebe oder wenige Verbraucher kurz abgeschaltet werden.
Neuer Roman
Ob Österreich auf ein Blackout gut vorbereitet sei? Katastrophenpläne seien hierzulande Landessache. "Es gibt Pläne, ob sie aktuell genug sind und ausreichen, weiß ich nicht", sagt Elsberg. Zwar tue sich gerade viel auf kommunaler Ebene, aber: "Sie werden wenige Gemeinden finden, die vorgesorgt haben."
Ideen für Bücher gehen dem Autor, der die Werbung an den Nagel gehängt hat, nicht aus. „Wenn man die Welt aufmerksam beobachtet, dann tun sich gewisse Themenfelder auf.“ Sein zehnter Roman erscheint übrigens in wenigen Tagen. Es geht um das Weltklima – und darum, wer es beeinflussen kann.
Kommentare