Die sogenannten „Pflichtnotstandsreserven“ können gemäß Energielenkungsgesetz 2012 durch Verordnung der Energieministerin und nach Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrats freigegeben werden. Der Mineralölverband in der Wirtschaftskammer hat beim Energie- und Klimaschutzministerium die Freigabe eines Teils der strategischen Reserve beantragt, um realistisch erwartbare Engpässe zu überbrücken.
Wann werden die strategischen Reserven angezapft?
Das ist im Energielenkungsgesetz fixiert. Voraussetzung ist, dass eine „längere, gröbere Störung der Energieversorgung Österreichs unmittelbar droht oder bereits eingetreten ist, sofern marktkonforme Maßnahmen voraussichtlich nicht greifen können“. Auch eine Solidaritätsleistung für Nachbarländer oder Regionen sind möglich.
Warum gibt es einen Diesel-Engpass?
Zum einen wegen des weitreichenden Ausfalls der Raffinerie Schwechat. Die fehlenden Mengen können teilweise mit Importen ausgeglichen werden, allerdings produzieren mehrere europäische Raffinerien derzeit weniger. Hinzu kommen Logistikengpässe und eine gestiegene Nachfrage (Schulbeginn, vermehrter Tanktourismus seit dem Auslaufen der steuerlichen Begünstigung von Treibstoffen in Deutschland, u. ä.).
Wie gut ist Österreich mit Benzin und Kerosin versorgt?
Eine Knappheit ist derzeit nicht zu befürchten. Anders als bei Benzin ist Europa bei Diesel Netto-Importeur. Etwa 10 Prozent des Bedarfs kamen zuletzt aus Russland. In Anbetracht des Öl-Embargos mit Jahresende wurden die Einfuhren bereits reduziert. Fluglinien sind seit dem Raffinerieunfall angehalten, nicht mehr als notwendig in Wien zu tanken.
Wie viel Gas ist in Österreich gespeichert?
In den österreichischen Gasspeichern lagern 71 TWh Gas. Das entspricht etwa drei Viertel des jährlichen Bedarfs. Bis 1. November sollen die Speicher zu 80 Prozent gefüllt sein. Der Großteil davon gehört privaten Unternehmen, könnte im Notfall aber von der Regierung beschlagnahmt werden.
Wie viel kosten die Reserven die Steuerzahler? Und wie lange reichen diese, sollte es zum Notfall kommen?
Die Pflichtnotstandsreserve bei Erdöl und Erdölprodukten kostet die Steuerzahler nichts, heißt es aus dem Ministerium, da sie von den Marktteilnehmern finanziert wird. Auch nach der geplanten Freigabe reicht die Reserve für 65 Tage aus. Die strategische Gasreserve wird mit 3,95 Milliarden Euro aus dem Budget finanziert. Mit ihr könnte der gesamte österreichische Bedarf von zwei Wintermonaten gedeckt werden.
Wann läuft die Raffinerie Schwechat wieder zu 100 Prozent?
Die Raffinerie Schwechat läuft derzeit mit 20 Prozent ihrer maximalen Kapazität. Sie soll „Schritt für Schritt in der ersten Oktoberhälfte“ wieder hochgefahren werden, so ein Sprecher zum KURIER. Bis wieder mit voller Kapazität produziert werden kann, kann es bis zu vier Wochen dauern. Bis die Lager aufgefüllt sind, kann es Experten zufolge Monate dauern.
Gibt es Tankstellen, die bevorzugt beliefert werden?
Laut OMV gibt es keinen Unterschied in der Belieferung von konzerneigenen oder externen Tankstellen. Man versuche, anhand von Prognosen zu vermeiden, dass es zu Lieferengpässen in ganzen Regionen kommt, damit die Kunden Alternativen haben. Auch werde darauf geachtet, dass die Versorgung in der Nähe von kritischen Einrichtungen wie Einsatzorganisationen gegeben ist.
Am Montag hat Ministerin Gewessler 60.000 Tonnen Diesel aus den Reserven freigegeben – wie oft geschah das 2022 schon?
Die Freigabe am Montag wäre die dritte nach Juni und Juli. Insgesamt wären heuer damit bereits 272.000 Tonnen Diesel freigegeben. Demnach wären noch rund 438.000 Tonnen Diesel in der strategischen Reserve vorhanden. Sobald Diesel wieder am Markt verfügbar, wird dieser für die nun freigegebenen strategischen Reserven wieder nachbestellt.
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