Der plötzliche Kurswechsel des Hans Peter Doskozil
"Als Tiger" nach Wien gefahren und "als Bettvorleger" zurückgekommen - mit dieser pointierten Ausdrucksweise beschrieb der niederösterreichische FP-Chef Udo Landbauer den Meinungsumschwung der Landeshauptleute nach dem Ost-Gipfel am Mittwoch, bei dem über eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen für Wien, Niederösterreich und das Burgenland verhandelt wurde.
Nun muss man sich nicht der bildhaften Sprache des Blauen bedienen, um dennoch speziell beim burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil einen recht plötzlichen Kurswechsel beobachtet zu haben.
Es fing so an: Nach dem Gipfel mit Vertretern aller neun Bundesländer am Montag wurde für Dienstag ein weiteres Treffen mit den drei Bundesländern einberufen, die gegenwärtig besonders hohe Inzidenzen aufweisen. Auf dieses Gespräch habe er "insistiert", erzählt Doskozil dem KURIER, weil ihm das wichtig sei. Er könne nicht "bei einem Kaffee locker Maßnahmen zustimmen", sagte er und brachte sich in Stellung, um mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober einen Kompromiss auszuhandeln.
In die Gespräche ging Doskozil mit dem Wunsch nach "behutsamen, gut kontrollierten Lockerungen". In Bereichen wie Tourismus und Gastronomie, Kultur und Sport gebe es Präventions- und Sicherheitskonzepte, die Lockerungsschritte ohne unkalkulierbares Risiko ermöglichen würden. Die Bundesregierung müsse diesen Konzepten eine Chance geben. Immerhin würde man mit "wohldosierten Lockerungsschritten" eine Verlagerung des Infektionsgeschehens in den Privatbereich vermeiden können. Als Basis für diese Lockerungen setze er neben dem Impfen auf eine engmaschige Teststrategie.
So weit Doskozil vor der Sitzung.
Heraus kamen die Vertreter der Bundesregierung und die Landeshauptleute mit etwas gänzlich anderem - geradezu mit dem Gegenteil. Für den Osten Österreichs wird es statt Lockerungen eine "Osterruhe" geben, einen harten Lockdown mit Ausgangssperre und geschlossenen Geschäften inklusive.
Bei der Pressekonferenz verteidigte Doskozil die harten Maßnahmen: "Niemand will dafür verantwortlich sein, dass jemand, der ein Intensivbett braucht, keines bekommt." Die Bevölkerung müsse "wachgerüttelt" werden, alle müssen mitmachen. Da nehme er sich selbst nicht aus.
Ein beachtenswerter Meinungsumschwung.
Dieser resultiere aus den Warnungen der Experten, sagt Doskozil. "Das Narrativ ist ganz einfach: Wir laufen Gefahr, dass die Intensivkapazitäten zu Ende gehen." Auch dass Wiens Bürgermeister Michael Ludwig Doskozil und Johanna Mikl-Leitner klar gemacht habe, Wien könne im Ernstfall keine Intensivbetten mehr für Patienten aus dem Burgenland und Niederösterreich zur Verfügung stellen, dürfte die Landeshauptleute zum Kurswechsel bewogen haben.
Denn auch Mikl-Leitner hatte sich zuerst vehement gegen das Schließen des Handels gestemmt, und musste dann doch zumindest einigen Schließtagen zustimmen.
Überdacht hat Doskozil offenkundig auch seine Haltung zum Impfen. Kurz vor Weihnachten hatte er noch erklärt, "bei diesen Show-Impfungen" nicht mitmachen zu wollen - und äußerte Zweifel, ob der Impfstoff nicht etwa "gentechnisch verändert" sei. Nunmehr nennt der Landeshauptmann die hohe Impfgeschwindigkeit im Burgenland als einen Grund für mögliche Lockerungen.
Doskozil ist nach seiner vierten Kehlkopf-Operation erst vor Kurzem wieder auf die politische Bühne zurückgekehrt. Seine Stimme sei zwar politiktauglich, wie er in einem Interview mit der Kronenzeitung sagte, "im Kirchenchor" werde er aber "wohl nicht mehr auftreten können". Und in die Bundespolitik will er auch nicht mehr.
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