Neujahrstreffen der FPÖ: Warum Kickl Einladung von Trump ausschlägt

Es ist ein alljährliches Ritual: Mitte Jänner lädt die Bundespartei der Freiheitlichen zum Neujahrstreffen, in bierseliger Atmosphäre dürfen die Festredner von Parteiobmann Herbert Kickl abwärts übers Leder ziehen.
Im Vorjahr sprach Kickl noch vom Erstellen von Fahndungslisten, sollten die Freiheitlichen in die Regierung kommen. Namentlich nannte er damalige Granden der ÖVP und Grünen wie Karl Nehammer, Karoline Edtstadler oder Johannes Rauch.
Jetzt kommen die Blauen möglicherweise selbst in die Regierung, auch wenn die Verhandlungen mit der ÖVP noch am Anfang stehen. Sie stehen also kurz vor dem Ziel.
Kickls Herausforderungen
Was also werden Kickl und die anderen blauen Spitzenpolitiker jetzt von der Bühne rufen? Kickl hat ja schon eine sichtbare Wende vollzogen, vom lockeren Oppositionspolitiker in Sportschuhen zum Staatsmann mit dunklem Anzug und Krawatte. Schließlich wird er auch bald Mitglied der honorigen Runde der Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat sein.
Die Freiheitlichen müssen jetzt den Spagat schaffen, wie sie die markigen Reime aus dem Wahlkampf in politische Prosa umwandeln können. Russland-Sanktionen müssen fallen, Sozialhilfe nur mehr für autochthone Österreicher, Ende der Unterstützung für die Ukraine, eine streng nationalstaatliche Haltung in der EU, höhere Grenzzäune und die „Remigration“ von Asylanten. Alles Positionen, die schwierig sind, rechtlich und für den potenziellen Koalitionspartner ÖVP.
Kickl weiß, dass alle genau zuhören werden, wie scharf er bei diesem Neujahrstreffen die blauen Ideen ventiliert – oder ob er mit Blick auf das nahende Bundeskanzleramt versöhnlichere Töne anstimmt. Schließlich ist er nicht mehr im Wahlkampf, die Nationalratsahl hatte er im Herbst zum ersten Mal in der Geschichte der Republik für die FPÖ gewinnen können.
Lange Rednerliste mit Hofer und Nepp
Ab 11 Uhr wurde Kickl auf der Bühne erwartet. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich schon 3.000 Besucher eingefunden.
Schon um 10 Uhr stauten sich die FPÖ-Fans und -Funktionäre an den Eingängen. Nicht fehlen durfte einmal mehr die John-Otti-Band als Vorprogramm.
Landbauer: "Scherbenhaufen aufräumen"
Den Auftakt der Redner macht „Hausherr“ Udo Landbauer, niederösterreichischer FPÖ-Chef: „Ihr seid das Bollwerk der Freiheit und Vernunft, begrüßt er die Besucher. „Die Stunde des Aufbruchs ist gekommen.“
Landbauer spricht von einem "gigantischen Rucksack an Schulden und Klimakommunismus, den uns die Einheitspartei überlassen hat". Die FPÖ und Kickl werde ihn aufräumen.
Häme gibt es von ihm für die gescheiterten Verhandler der Dreierkoalition: Den "Mini-Lindner" Meinl-Reisinger, den "glückloser Karl" und den "Marxisten Babler".
Kunseks Pläne
Großer Jubel für Mario Kunasek, erst seit Kurzem nach dem Wahltriumph im November steirischer Landeshauptmann.
„Wir wollen als Asylzielland besonders unattraktiv werden“, nennt er seine Vorhaben.
Norbert Hofer, der nach der Wahl am morgigen Sonntag Landeshauptmann im Burgenland werden will, hofft auch eine "blaue Südostachse mit Kunasek". Sein Ziel sei es, den "Eisernen Vorgang" rund um das Landhaus in Eisenstadt zu beseitigen.
Nepp geißelt Ludwig
"Michael Ludwig flüchtet sich nach vorne, weil er Angst hat und weiß, wie gut eine Regierung mit der FPÖ dem Land tut. Wir werden ihm aber sein Versagen bei der Sicherheit, den Spitälern und in den Gemeindebauten vorhalten", kommentiert der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp die Vorverlegung der Wien-Wahl durch den Wiener SPÖ-Bürgermeister auf den 27. April.
Kickl habe als Innenminister gezeigt, dass er sich um die Sicherheit kümmere. Sein Ziel für die Wahl: "Wir müssen so stark werden, dass man an uns nicht mehr vorbeikommt."
Kickl schlägt Trump-Einladung aus
Dann tritt Kickl unter tosendem Applaus auf die Bühne – und gibt sich zunächst sanft: „Ich nehme euch alle in den Arm, ich schicke euch allen ein Busserl“, begrüßt er seine Fans.
Er spüre die Kraft, den Willen und die Leidenschaft, dieses Land zu verändern. Das Zusammenkrachen der Dreierkoalition und der Brandmauer gegen die FPÖ sei für ihn wie ein freiheitliches Neujahrskonzert gewesen.
„Karl Nehammer ist gescheitert und mit ihm das total verkehrte Denken, dass man hinter dem Rücken des Wählers eine undemokratische Suppe kochen kann.“
Dann überrascht Kickl mit einer Neuigkeit: "Ich habe eine Einladung zur Amtseinführung des amerikanischen Präsidenten bekommen. Viele sagten, das darfst du dir nicht entgehen lassen. Aber ich bleibe zu Hause, an eurer Seite", betont er. "Donald Trump sagt ,America first' ich sage ,Österreich zuerst'." An seiner Stelle habe er die FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst nach Washington geschickt.
Die Einladung zeige jedenfalls, dass die FPÖ international keineswegs isoliert sei. Gemeinsam mit internationalen Mitstreitern wolle man nun vor allem gegen die Migration vorgehen.
"Realität trifft FPÖ"
Zu der bevorstehenden möglichen Regierungsbeteiligung sagt er: „Manche sagen, die FPÖ wird ein Rendezvous mit der Wirklichkeit haben. No na. Aber die Realität wird ein Rendezvous mit der FPÖ haben. Mit unserem Patriotismus, Hausverstand und Ehrlichkeit. Wir wollen die blaue Erfolgswelle in eine rot-weiß-rote Welle machen.“
Distanz zu Russland
Breiten Raum räumt Kickl einem heiklen außenpolitischen Thema ein: Das Verhältnis der Blauen zu Russland, wegen dem die Partei massiv auch international in Kritik steht. "Ich lasse mir keine Russland-Nähe unterstellen, weil es die nicht gibt. Was es aber gibt, ist eine Neutralitätsnähe. Damit stehen wir zu 100 Prozent auf dem Boden der Verfassung." Und weiter: "Viele Jahre gab es eine lange Warteschlage zu Russland in Form von Unternehmern und Politikern. Die Roten und Schwarzen standen ganz vorne, jetzt werfen sie uns Russland-Nähe vor. Das ist schäbig."
Kein EU-Austritt
Und zum Thema EU: "Mir ist nicht bekannt, dass mit dem EU-Verbot ein Denk- oder Sprechverbot in Richtung Brüssel unterschrieben wurde. Es ist erlaubt, Kritik einzubringen. Demokratie ist nicht immer nur Konsens. Kein Freiheitlicher will aus der EU austreten, sondern dass die EU in eine Phase der Konzentration auf das Wesentliche eintritt."
Keine Pensionserhöhung
Bei den innenpolitischen Themen streicht Kickl zwei Punkte hervor: "Natürlich wird es mit uns Abschaffung der ORF-Haushaltsabgabe kommen", betont er und verspricht: "Es wird keine Anhebung des Pensionsalters über 65 Jahre geben, 45 Jahre werden weiterhin genug sein."
Scharfe Worte gegen die SPÖ
Statt eines Rundumschlages gegen die anderen Parteien bekommt diesmal vor allem nur die SPÖ ihr Fett ab - was den Koalitionsverhandlungen und der bevorstehenden Wien-Wahl geschuldet ist. "Der größte Abkassierer in diesem Land heißt Michael Ludwig. Mich wundert, dass er noch keine Gebühr für das Grüß-Gott-Sagen eingeführt hat." Überhaupt sei die SPÖ die Schuldenmacher-Partei schlechthin.
Kickl zum Sparpaket
Trotz der heiklen Budget-Lage, die erst nach der Wahl zum Vorschein gekommen sei, werde man von den blauen Vorhaben nicht abrücken, betont Kickl: „Es werden fünf gute Jahre werden“, zitiert er den FPÖ-Wahlkampf-Slogan. „Aber sie starten nicht morgen. Ich wünschte, es wäre anders, aber das ist nicht unsere Schuld.“ Und weiter: "Wir reißen hier nicht ein Motorboot herum, sondern ein großes Schiff. Abe es geht und es braucht sich niemand fürchten."
Kickl-Fans begeistert
Die Stimmung angesichts der laufenden Koalitionsverhandlungen ist bestens: Markus Steiner, FPÖ-Sympathisant aus Lilienfeld (NÖ), ist „sehr zufrieden“ mit dem bisherigen Fortgang. „Gut, dass das EU-Defizit-Verfahren abgewendet wurde, jetzt geht es um die wirklich wichtigen Dinge.“
"Grüne Sekte", "Lügenpresse"
Dass jetzt gespart werden müsse, sei nicht die Schuld der FPÖ, stellt er klar, „das hat uns die ideologische Sekte der Grünen eingebrockt. Wegen ihr stehen wir vor einem Scherbenhaufen.“ Ginge es nach ihm, müsse auch bei der „von der Politik gesteuerten Lügenpresse“ gespart werden.
Ein Wort, das man hier öfter zu hören bekommt: "Wenn es nach mir geht, hätte man die Lügenpresse heute nicht zugelassen", raunt ein Gast seinem Sitznachbar zu. "Höchstens die Junge Freiheit und ein paar andere."
Zurück zu FPÖ-Fan Steiner: Dass man jetzt mit der ÖVP verhandle, die bis zuletzt Kickl massiv attackiert hat, stört ihn nicht: „Es bleibt uns nichts anderes übrig.“
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