Es ist ein erster Erfolg für Blau-Türkis: Die EU wird kein Defizitverfahren gegen Österreich einleiten. Das Sparpaket von 6,39 Milliarden, das Finanzminister Gunter Mayr der EU-Kommission vorgelegt hat, überzeugte Brüssel – vorerst zumindest. Die Maßnahmen könnten Österreichs Defizit heuer unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) drücken, begründet EU-Kommissar Valdis Dombrovskis die Entscheidung. Im Frühling wird die Kommission Österreichs Lage erneut bewerten.
Was Brüssel offensichtlich nicht gestört hat: Dass bei wesentlichen Maßnahmen wichtige Details fehlen. „Ich denke, dass die EU-Kommission bewusst kulant war“, sagt Ökonom Hanno Lorenz vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria. „Es wäre inkonsequent, wenn sie lasch mit Frankreich und hart mit Österreich umgehen würde, wo Frankreich doch ein viel höheres Defizit hat.“
Der blau-türkise Plan hat derzeit jedenfalls zwei Schwächen: Erstens fehlen Details des Akut-Sparpakets, insbesondere die Auswirkungen auf Einzelpersonen. Zweitens fehlen Maßnahmen, die über 2025 hinaus wirken. Österreich muss laut Finanzministerium heuer 6,4, bei einer Budgetsanierung bis 2031 aber 18 Milliarden einsparen.
Welche Punkte sind noch völlig unklar?
150 Millionen Euro will Blau-Türkis durch die Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalters einnehmen. Diverse, noch nicht näher definierte Maßnahmen, sollen Senioren zu längerem Arbeiten animieren. Weitere 320 Millionen will man im Bereich der Krankenversicherung gewinnen. Wie? Wohl vor allem durch die Anhebung der Krankenversicherungsbeiträge von Pensionisten. Deren Beitrag liegt aktuell bei 5,1 Prozent der Bruttopension, während auf die Bruttolöhne der Arbeitnehmer 7,65 Prozent eingehoben werden. Die Hälfte davon bezahlt der Arbeitgeber, weshalb Pensionistenvertreter eine Erhöhung für Senioren als ungerecht erachten. Das Modell werde debattiert, sei aber noch nicht fixiert, betonen Verhandler. Der Vorschlag stand – wie fast alle Punkte des Pakets – auch bei den türkis-rot-pinken Verhandlern zur Debatte.
Wie wirkt sich das Paket auf E-Auto-Fahrer aus?
Bisher waren E-Autos von der „motorenbezogenen Versicherungssteuer“ ausgenommen. Das will Blau-Türkis ändern und 65 Millionen einnehmen. Laut dem Bundesverband Elektromobilität waren Ende 2024 rund 200.000 rein elektrisch betriebene Pkw in Österreich zugelassen. Insofern dürften die Mehrkosten pro Vehikel heuer bei durchschnittlich 300 bis 400 Euro liegen. Besonders schmerzhaft wäre das für Betriebe, die auf E-Dienstwägen umgestellt haben. Auch hier gilt: Details fehlen.
Was kostet künftig ein Reisepass?
Die Bundesgebühren wurden seit 2011 nicht mehr angehoben. Blau-Türkis will das ändern. Gleicht man die Inflation – seit 2011 44 Prozent – voll aus, würde ein Reisepass statt 76 bald 110 Euro, ein Führerschein statt 60 bald 90 Euro und eine Kfz-Zulassung anstelle von 120 in naher Zukunft 172 Euro kosten.
Bringt das Sparpaket wirklich 6,4 Milliarden?
Budget-Verhandler von SPÖ und Neos kennen die Vorschläge. Sie glauben, dass FPÖ und ÖVP noch einmal nachlegen müssen.
Wer wird verschont?
Blau-Türkis will keine klimaschädlichen Förderungen streichen, obwohl Österreich das der EU im Rahmen des Nationalen Klimaplans zugesagt hat. Durch die niedrigere Mehrwertsteuer auf Diesel oder Steuerprivilegien des Flugverkehrs entgehen dem Staat jährlich rund zwei Milliarden. Auch die Rückvergütung der CO2-Bepreisung, die Landwirte bis Jahresende bekommen, bleibt.
Welche langfristigen Einsparungen sind geplant?
Für große Aufregung sorgte ein Bericht der Presse, wonach FPÖ und ÖVP die Pensionskonten 2026 und 2027 niedriger als vorgesehen aufwerten wollen. Das würde sich vor allem auf künftige Pensionen auswirken. Blau-Türkis bestätigt die Pläne derzeit nicht. Übrigens ist auch dieses Modell ein Überbleibsel der türkis-rot-pinken Verhandlungen. Es handelt sich um einen von mehreren Vorschlägen, die im Rahmen einer Pensionsreform debattiert wurden. Eingebracht hat ihn die ÖVP. Ebenso dürfte Blau-Türkis darüber nachdenken, die automatische Anpassung der Sozialleistungen an die Inflation auszusetzen.
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