Sparen auf kurze Sicht: Was im blau-türkisen Paket noch fehlt

Sparen auf kurze Sicht: Was im blau-türkisen Paket noch fehlt
Blau-Türkis spart heuer bei Förderungen, in Ministerien oder im Klimabereich. Ob das wirklich 6,4 Milliarden Euro bringt, ist unklar. Der langfristige Plan fürs Budget fehlt noch.

Zusammenfassung

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  • FPÖ und ÖVP planen, 6,39 Milliarden Euro durch ausgabenseitige Sparmaßnahmen zu sparen, um ein EU-Defizitverfahren abzuwenden.
  • Gebühren, wie für Führerscheine, werden erhöht, und der Klimabonus sowie die Bildungskarenz sollen abgeschafft werden.
  • Umweltförderungen werden um 20% gekürzt, das Gratis-Klimaticket für 18-Jährige abgeschafft, und Steuern auf Glücksspiel und Tabak erhöht.

Kahlschlag oder Kosmetik? Ökonomen sind sich nicht ganz einig, was sie vom blau-türkisen Sparpaket halten sollen. Dieses haben ÖVP-Klubchef August Wöginger und FPÖ-Finanzsprecher Hubert Fuchs am Donnerstag präsentiert. Beide betonen, dass man schnell gewesen sei.

Und: Die EU-Kommission dürfte das Sparpaket im Umfang von 6,39 Milliarden Euro für 2025 akzeptieren. Österreich könnte einem EU- Defizitverfahren somit entgehen – zumindest vorerst.

FPÖ und ÖVP wollen das Budget nämlich über sieben Jahre sanieren. Für die kommenden Jahre müssen sie also weitere Milliarden auftreiben. Möglich wäre das unter anderem im Pensions- oder Sozialbereich. Langfristige Reformen fehlen jedenfalls noch. Der Fokus liegt auf dem Sparpaket für das aktuelle Jahr, das sich folgendermaßen zusammensetzt:

  • Förderungen: 3,18 Milliarden will Türkis-Blau über die Reduktion der Förderquote einnehmen. Wie? Abgeschafft wird der Klimabonus, also die Rückvergütung der CO2-Bepreisung. Das soll 1,96 Milliarden bringen. Umweltförderungen kürzt man um 495 Millionen, die Bildungskarenz wird abgeschafft – was 350 Millionen bringen soll. Das Klimaticket bleibt, nur das Gratis-Ticket für 18-Jährige streicht Blau-Türkis. Das soll, wie auch „Umschichtungen“ bei der ÖBB, 120 Millionen bringen. Um 150 Millionen kürzt man die Breitbandförderung, um 30 Millionen Förderungen im Bereich der E-Mobilität.
     
  • Verwaltung: Die Ministerien sollen 1,1 Milliarden Euro einsparen. Wo genau, obliegt ihnen. Potenzial sieht Fuchs bei Inseraten oder der Zahl der Kabinettsmitarbeiter.
  • Steuersystem: Im Steuerbereich will man 920 Millionen auftreiben. Wer eine Photovoltaik-Anlage erwirbt, muss künftig die volle Mehrwertsteuer von 20 Prozent – statt gar keiner – bezahlen. Das soll 175 Millionen bringen. Verlängert wird der Energiekrisen-Beitrag der Energie-Wirtschaft. Einnahmen: 100 Millionen. Steigen sollen die Bundesgebühren, was Führerscheine oder Reisepässe deutlich teurer machen würde. Hier sieht Blau-Türkis 65 Millionen an Einnahmen. Selbiges gilt für die motorbezogene Versicherungssteuer, die nun auch für E-Autos gelten soll. Für Verbrenner-Pkw beträgt diese laut ÖAMTC derzeit zwischen 78 bis maximal 912 Euro pro Jahr. Ausgeweitet werden die Tabaksteuer – etwa auf „Tabak zum Erhitzen“ –, die Digitalsteuer und die Grunderwerbssteuer. Das bringt: 50 Millionen je Maßnahme. 35 Millionen will man noch im Glücksspiel-Bereich finden, zehn Millionen bei der Betrugsbekämpfung und 2,5 Millionen mit einem niedrigeren Kilometergeld für Motor- und Fahrräder.
     
  • Soziales: Derzeit kann man neben der Arbeitslosigkeit oder Notstandshilfe geringfügig dazuverdienen. Das will Blau-Türkis streichen – und so 82,5 Millionen sparen. 150 Millionen soll die Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters bringen. Wie genau? Einen konkreten Plan bleiben Fuchs und Wöginger (noch) schuldig.
     
  • Gesundheitssystem: Weitere 320 Millionen will Blau-Türkis im Bereich der Krankenversicherung einsparen. Bei der Pressekonferenz wird dieser Punkt nicht näher erläutert.
     
  • Sonstiges: 430 Millionen sollen Sonderdividenden von teilstaatlichen Unternehmen bringen. 520 Millionen erwartet sich Blau-Türkis durch geringere Ausschöpfungen bei Förderungen – etwa dem Handwerker-Bonus oder der Investitionsprämie.

Was Ökonomen sagen

Das Paket sei „einschneidend“, sagt WIFO-Chef Gabriel Felbermayr auf Ö1, beim Klimabonus fordert er eine Härtefallregelung. Und: Bisher hätte Blau-Türkis nur einfache Maßnahmen umgesetzt. Um weitere Milliarden zu finden, müsse man in die Struktur gehen.

Ökonom Hanno Lorenz vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria hält es für „fraglich“, dass Blau-Türkis wirklich 6,4 Milliarden einsparen wird: „Es ist auf Kante gerechnet.“ Die Berechnungen zum geringfügigen Zuverdienst oder beim Pensionsantrittsalter seien nicht nachvollziehbar.

Was Lorenz ebenso infrage stellt: Dass es sich tatsächlich um 86 Prozent ausgabenseitige Maßnahmen handelt, wie FPÖ und ÖVP behaupten. „Die Sonderdividende aus Staatsbetrieben ist keine Ausgabe.“ Definitiv fehlen würden strukturelle Maßnahmen, etwa im Pensionsbereich. Diese würden zwar heuer kein Geld mehr bringen, allerdings in den kommenden Jahren.

In den vergangenen Tagen kursierte, dass Blau-Türkis bei den Pensionskonten oder bei den Sozialleistungen sparen will. Wöginger meint, das sei „derzeit“ kein Thema.

Und was sagen die wohl künftigen Oppositionsparteien? Als „ideologisch getrieben und gefährlich“ bezeichnet Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) die Sparpläne im Klimabereich. Einen Beitrag der Banken vermisst SPÖ-Budgetsprecher Jan Krainer. Die Hauptlast des Pakets müsse die arbeitende Bevölkerung tragen. Neos-Budgetsprecherin Karin Doppelbauer fehlt derzeit die langfristige Perspektive: „Ein einmaliger Rasenmäher stellt den Staatshaushalt noch nicht wieder auf gesunde Beine.“

Im Folgenden eine Auswahl der geplanten Maßnahmen:

Ministerien: 1,1 Milliarden einsparen sollen die Ministerien der künftigen Bundesregierung, was 15 Prozent ihrer Ausgaben entspricht. Wo man ansetzt, soll den Ressorts selbst überlassen bleiben. Als Beispiele genannt wurden Einsparungen bei Inseraten sowie bei der Zahl der Werksverträge und der Mitarbeiter in den Kabinetten.

Steuern: 

  • 175 Millionen sollen dadurch eingespart werden, dass das (Null-)Steuerprivileg bei der Beschaffung von Photovoltaik-Modulen vorzeitig und nicht erst mit Jahresende fällt. Hier wird wieder der normale Mehrwertsteuersatz von 20 Prozent angewendet.
  • 100 Millionen soll die Fortsetzung des Energiekrisen-Beitrags der Energie-Wirtschaft bringen.
  • 65 Millionen erwartet man durch die Valorisierung der Bundesgebühren. Das dürfte etwa Reisepass oder Führerschein empfindlich teurer machen.
  • 65 Millionen soll auch die Einführung einer motorbezogenen Versicherungssteuer für E-Autos bringen.
  • 50 Millionen erwartet man sich aus einer Ausweitung der Digitalsteuer: Leistungen wie die Bereitstellung von Online-Plattformen oder der Verkauf von Nutzerdaten sollen einbezogen werden.
  • 50 Millionen erhofft man auch aus einem Lückenschluss bei der Grunderwerbssteuer Share Deals betreffend.
  • 50 Millionen will man über die Tabaksteuer holen, einerseits durch die Einbeziehung von "Tabak zum Erhitzen", andererseits durch ein Einfrieren der Preiskomponente.
  • 35 Millionen sollen aus noch nicht definierten Maßnahmen im Glücksspiel-Bereich kommen.
  • 10 Millionen müsste ein Betrugsbekämpfungsgesetz einsparen helfen.
  • 2,5 Millionen will man sich dadurch holen, dass das Kilometergeld für Motorräder halbiert und für Fahrräder geviertelt wird.

Dividenden: 950 Millionen sollen durch höhere Dividenden der teilstaatlichen Unternehmen sowie durch die Nicht-Ausschöpfung von Förderungen wie Handwerker-Bonus und Investitionsprämie kommen. Für ersteren Bereich sind 430 Millionen angedacht, für zweiteren 520.

Förderquote: 

  • 1,96 Milliarden will man über die Abschaffung des Klimabonus bei gleichzeitiger Beibehaltung der CO2-Steuer einholen.
  • 495 Millionen an Einsparungen sind bei Umweltförderungen geplant, etwa indem die Subvention beim Heizkessel-Tausch stark eingeschränkt wird.
  • 350 Millionen soll die Abschaffung der Bildungskarenz bringen.
  • 150 Millionen will man bei der "Redimensionierung" der Breitband-Förderung lukrieren.
  • 120 Millionen einsparen möchten FPÖ und ÖVP mit der Abschaffung des Klimatickets für 18-Jährige.
  • 30 Millionen an Einsparungen sind bei der Förderschiene für E-Busse und E-Nutzfahrzeuge sowie E-Infrastruktur vorgesehen.

Soziales: 

  • 150 Millionen sollen im Pensionsbereich eingespart werden, indem Menschen durch diverse Maßnahmen länger in Arbeit gehalten werden.
  • 82,5 Millionen soll die weitgehende Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeit zum Arbeitslosengeld bzw. der Notstandshilfe in der Staatskasse behalten.
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