Neue EU-Asylregeln: Kohlenberger kritisiert Mängel in der Asyl-Reform
Große Ankündigungen und noch mehr offene Fragen. Am Donnerstag verkündeten die 27 EU-InnenministerInnen beim Migrationsgipfel einen Durchbruch bei der Verschärfung der EU-Asylregeln.
„Wir haben heute einen historischen Schritt getan“, sagte Schwedens Migrationsministerin Maria Malmer Stenergard vor Journalisten. Schweden hat derzeit den EU-Ratsvorsitz inne und es war ihr Kompromissvorschlag, der letztlich mehrheitlich angenommen wurde.
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Der jetzige Kompromiss entspricht einer erheblichen Verschärfung der EU-Asylregeln. Dabei geht es einerseits um die Beschleunigung der Asylverfahren durch eine Vorprüfung von Asyl-Gesuchen schon an den EU-Außengrenzen. Aber auch um die Verteilung Asylberechtigter auf alle Mitgliedstaaten. Dabei solle alle Mitgliedstaaten zur “Solidarität verpflichtet werden.
Die neuen Maßnahmen sehen vor, dass jene Menschen, die aus sogenannten „sicheren Herkunftsländern“ kommen und damit im EU-Schnitt eine Anerkennungsquote von unter 20 Prozent haben, eine Vorprüfung ihres Antrags durchlaufen müssen. Dafür sollen sie in Haft-ähnlichem Anstalten an den EU-Außengrenzen festgehalten werden können. Dabei soll dann überprüft werden, ob sie überhaupt eine Chance auf Asyl haben. Ihr Antrag soll dann innerhalb von sechs Monaten bearbeitet werden. Bis dahin sollen, sie in diesen streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen bleiben müssen.
20.000 Euro fürs Freikaufen
Gleichzeitig sollen sich einige EU-Länder, etwa Polen und Ungarn nicht längerer entziehen können, Asylbewerber aufzunehmen. Sie werden zur "Solidarität verpflichtet". Es wäre aber wohl nicht die EU, gäbe es hier nicht auch eine Hintertür: Es werden zwar alle zu sogenannten Solidarität verpflichtet, allerdings können sich Staaten, die niemanden aufnehmen wollen, einfach freikaufen. Der Preis für einen nicht aufgenommenen Asylwerber beträgt 20.000 Euro.
KURIER: Nach jahrelangem Ringen haben sich die EU-Staaten geeinigt. Ist der Kompromiss eine praktikable Lösung?
Judith Kohlberger: Ich muss da leider mit Nein antworten. Es steht außer Frage, dass es eine Veränderung im aktuellen europäischen Asylsystem braucht. Ja, ich glaube, bei der Problemanalyse waren sich alle einig. Aber was jetzt an Vorschlägen auf dem Tisch liegt, ob das wirklich in dieser Form umsetzbar ist, durchsetzbar ist und ob es dadurch auch tatsächlich zu einer fühlbaren Verbesserung für die Mitgliedstaaten, aber auch für Schutzsuchende kommt, das bezweifle ich sehr stark.
Noch muss die Einigung ja mit dem EU-Parlament im Detail ausverhandelt werden. Welche Änderungen erwarten Sie denn da? Wie wäre es denn praktikabler?
Das ist ein ganz wichtiger Punkt, auf den Sie hinweisen. Es wird medial sehr viel von Einigung geschrieben. Tatsächlich muss man sagen, auf EU-Ebene gibt es dann eine Einigung, wenn das Parlament zugestimmt hat und dieser Schritt steht erst bevor. Ich vermute, dass es da noch zu einigen teilweise massiven Adaptierungen dieser Vorschläge kommen wird. Details sind ja auch noch gar nicht bekannt, etwa wie hoch soll diese Verteilungs-Quote pro Mitgliedstaat sein? Wie genau sollen Grenzverfahren ablaufen? Wie genau soll der Rechtsbeistand bei diesen Grenzverfahren gewährleistet sein? All das sind noch offene Fragen. Diese Reform, das wird dann im EU-Parlament entschieden werden.
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Die Maßnahmen treffen auf viel Kritik, etwa dass Menschen, die aufgrund ihrer Herkunftsländer eine geringe Asylchance haben, eine Vorprüfung durchlaufen müssen. Kann denn bei so einem Schnellverfahren auf individuelle Asylgründe eingegangen werden?
Auch die Frage muss man leider verneinen. Und ich glaube, da ist tatsächlich die Begrifflichkeit, ich möchte jetzt nicht sagen bewusst, aber sehr irreführend gewählt, weil Grenzverfahren suggeriert, dass es sich um Asylverfahren handeln würde nur an der Grenze. Und das ist nicht der Fall. Es handelt sich tatsächlich um eine Vorprüfung, ob denn Personen überhaupt zu einem rechtsstaatlichen, vollständigen Asylverfahren zugelassen werden, also eine Art vorgelagerte Prüfung. Und wie Sie richtig gesagt haben, dass aus Ländern, wo man sagt, da gibt es eine geringe Anerkennungsquote in der Vergangenheit, die sollen diese vorab Prüfung durchlaufen, die wird innerhalb von zwölf Wochen durchgeführt werden.
Und der sehr eng gesetzte Zeitraum, der suggeriert ja schon, da kann man nicht sämtliche Fluchtgründe so durchleuchten wie bei einem wirklichen Asylverfahren. Und da besteht leider die Gefahr, dass Personen, die tatsächlich auch einen Schutzstatus hätten, abgewiesen werden. Man muss schon sagen, es gibt natürlich gewisse Nationalitäten, zum Beispiel Tunesien oder Indien werden oft genannt, wo Personen sehr selten Schutz erhalten. Dennoch gibt es immer wieder Einzelfälle, zum Beispiel weil Menschen einer sexuellen Minderheit angehören, einer religiösen Minderheit angehören, wo auch Tunesier Inder Schutz bekommen. Und diese Menschen würden durch das Netz fallen und das sehe ich als genuine Gefahr. Aus meiner Sicht ist es ein erster Schritt hin zu einer Aushöhlung des geltenden Asylrechts.
Kritik gibt es da auch an diesen Haft-ähnlichen Zentren, in denen Menschen direkt an den Außengrenzen festgehalten werden können. Ist das mit den Menschenrechten vereinbar?
Also man muss ehrlicherweise sagen, wir haben solche großen, überfüllten, auch Haft-ähnlichen Lager bereits jetzt an den EU-Außengrenzen. Denken Sie an ein Lager wie Moria auf Lesbos. Da gab es jetzt zwar keine Haftpflicht innerhalb des Lagers, aber eine Art Residenzpflicht, dass man auf der Insel bleiben muss und nicht das griechische Festland überstellt werden konnte während des Asylverfahrens, oder dass man zu gewissen Tageszeiten sich im Lager immer wieder einfinden muss. Also in gewisser Form ist vieles davon bereits jetzt Asyl-Realität auf europäischem Grund und Boden.
Die Schwierigkeit, die ich sehe, ist ja bei diesen Grenzverfahren, dass, selbst wenn sehr schnell entschieden wird, dass eine Person keinen Schutzgrund hat, dass sie rückgeführt werden muss. Aber das ist nicht so schnell geschehen wird in der Praxis, weil man hier die Rechnung wie so oft ohne die Herkunftsländer gemacht hat. Und dann besteht die Gefahr, dass es zu einem Rückstau kommt von abgelehnten Bewerbern. In diesen Lagern, die dann nur auf einige 100 Personen ausgerichtet sind, innerhalb kürzester Zeit aber mehrere 1.000 beherbergen müssen. Genau das hat man schon im sogenannten Hotspots System gesehen, auf den griechischen Inseln, aber auch Lampedusa. Und ich befürchte, dass das noch einmal systematisiert werden wird und dass wir wirklich diese Lager ähnlichen Zustände als integralen Bestandteil des europäischen Asylsystems bekommen werden.
Warum ist die Rückführungsquote denn so niedrig? Wie könnte die erhöht werden?
Nun ja, man muss dazu wissen, dass die meisten Herkunftsländer gar kein genuines Interesse daran haben, die eigenen Staatsangehörigen zurückzunehmen. Einerseits ist es so, dass Geflüchtete und Migrantinnen, Migranten, die es in die EU schaffen, von dort sehr hohe finanzielle Transferleistungen in die Heimatländer zurückschicken. Meistens geht das an die eigene Familie oder erweiterte Familie. Und da zeigt die Forschung, dass in den meisten Ländern des globalen Südens beispielsweise diese finanziellen Transferleistungen von Migranten in der EU einen höheren, wesentlicheren Faktor zur ökonomischen Entwicklung ausmachen als die gesamte Entwicklungshilfe, die vom globalen Norden geleistet wird. Es ist ein finanzieller Faktor, warum auch Herkunftsstaaten das säumig sind oder einfach wenig Interesse haben.
Es bestehen zahlreiche Abkommen mit diversen Herkunftsländern. Auf dem Papier muss man sagen, in der Umsetzung, da hakt es meistens. Dieser Punkt wurde jetzt vom Migrationsgipfel gestern gar nicht berührt, weil man ja nur innerhalb der EU-27 debattiert hat, nicht aber mit den Herkunftsländern gesprochen hat. Denen müsste man und das hat man leider auch verabsäumt, im Gegenzug zur Rücknahme von abgelehnten Asylbewerbern legale Einreisemöglichkeiten für Staatsangehörige bieten. Und das ist nicht nur legale Fluchtwege. Das bedeutet auch legale Wege für Arbeitsmigranten. Beispielsweise für viele Menschen aus afrikanischen Ländern gibt es kaum eine Möglichkeit, über ein Visum beispielsweise in die EU zu gelangen.
Es soll auch möglich werden, dass Menschen nicht in ihre Herkunftsländer, sondern in andere Nicht-EU-Länder abgeschoben werden sollen. Einzige Vorausetzung:Der Abgeschobene muss einen Bezug zu diesem Land haben. Kann die EU einfach über Nicht-EU-Länder bestimmen.
Ja, das ist ein sehr schwieriger und heikler Punkt in der jetzigen Reform, wie sie vorgestellt wurde. Vor allem die Frage ist: Wie ausformuliert muss dieser Bezug sein? Reicht der Bezug, dass ich einmal durch gereist bin, durch einen Drittstaat? Oder muss da ein engerer Konnex gegeben sein? Vor allem aber geht es auch um hier die Frage der Nationalität. Werden diese Drittstaaten Personen zurücknehmen? Wie definiere ich vor allem auch sichere Drittstaaten? Auch da herrscht ja sehr viel Unsicherheit bei dieser Frage, weil sich die EU-27 da kaum einig sind. Was dahintersteht, ist schon auch ein bisschen den Boden zu bereiten, hin zu einem Vorschlag, mit dem Österreich ganz stark in der Migrationskrise hineingegangen ist, nämlich perspektivisch eine Auslagerung von Asylverfahren an Drittstaaten, eine Abgabe der europäischen Asyl-Verantwortlichkeit an andere Länder.
Da werden immer wieder Länder wie Marokko, Tunesien, aber auch Ruanda oder sogar Libyen genannt. Und ich glaube, es ist sehr eindeutig, warum zum Beispiel das letztgenannte Land kein sicherer Herkunftsort ist und auch kein sicherer Drittstaat. Das ist aus meiner Sicht die nächste wichtige Frage, die sich auf EU-Ebene stellen wird. Wie geht man um mit der Auslagerung der Frage und wie geht man um, wenn es keine Möglichkeit der fairen und auch wirklich adäquaten Verteilung innerhalb der EU-27 gibt?
Diese Maßnahmen erinnern an das Wunschkonzept einiger Politiker. Gehen wir einen Schritt in Richtung " Festung Europa"?
Ich möchte das gern differenzieren, aber ich würde sagen rhetorisch und anhand der Vorschläge ja, aber die Praxis - und diese Prognose wage ich - wird tatsächlich anders, teilweise sehr viel anders aussehen. Ich finde spannend, dass gerade jene Kräfte, die darauf pochen, geltendes Recht einzuhalten, denen wir oft Tagträumerei unterstellt. Menschenrechte sind ja mittlerweile schon fast ein Fantasiekonstrukt geworden. Ich meine aber, das Gegenteil ist der Fall, weil viele dieser Vorschläge, wie sie jetzt vorgestellt wurden, sind aus meiner Sicht überhaupt nicht in der Praxis umsetzbar bzw. verschärfen nur diesem Asylkurs den wir schon seit Jahren fahren und seit Jahren hat der ja nicht zum gewünschten Ergebnis geführt. Also im Grunde müsste man sagen, pragmatischer wäre es zu sagen, wir rückbesinnen uns auf die Grundsatzdokumente, die das Asylrecht für Europa regeln, allen voran Genfer Flüchtlingskonvention, Grundrechtscharta und versuchen diese Regeln umzusetzen und auch wirklich in Ländern, die sich bis dato weigern, Ungarn durchzusetzen.
Das wäre aus meiner Sicht viel pragmatischer und operationalisiert. Aber diese neuen Vorschläge, die sind mit so vielen Fragezeichen versehen, dass ich die tatsächlich teilweise in den Bereich der Tagträumerei abstellen würde. Ich glaube, eine wichtige Ebene dahinter ist aber ein Signal nicht gegenüber der europäischen Bevölkerung. Die meisten Staats- und Regierungschefs wollen ihrer Bevölkerung signalisieren: Wir fahren einen harten Kurs, wir machen etwas gegen die hohen Zahlen, wir bauen sozusagen diese Festung Europa. Ob das dann tatsächlich geschehen wird, steht auf einem anderen Blatt.
Mitgliedstaaten sollen sich freikaufen können. Löst das die Verteilungsproblematik?
Es haben ja 25 der 27 Mitgliedstaaten diesem Vorschlag zugestimmt, zwei wesentliche aber nicht, nämlich Polen und Ungarn. Und da wird man sehen, wie sehr man diese beiden Länder dazu bringen wird sich in der Praxis auch wirklich durch Kompensationszahlungen zu beteiligen. Aus Sicht Ungarns würde man jedenfalls schlechter aussteigen als bisher, weil de facto ist das Asylrecht derzeit in Ungarn ausgesetzt. Ungarn nimmt gar keine Asylwerber auf. Ich sehe das mit sehr viel Skepsis. Ich bin mir nicht sicher, ob das in dieser Form auch wirklich umsetzbar ist. Grundsätzlich ja, aber das ist vielleicht einer der wenigen Punkte, die ich gut finde. Hinter diese Entscheidung der 25 Mitgliedstaaten, die zugestimmt haben, steht ja ein Bekenntnis dazu, dass Asyl alle Mitgliedsstaaten in der EU angeht, dass es eine gemeinsame Aufgabe ist, die nur gemeinsam gelöst werden kann und dass sich nicht die Binnen-Mitgliedstaaten abputzen können und sagen Italien, Griechenland, Spanien, also jene mit den Außengrenzen, die müssen das für uns managen. Aber uns geht es nichts an, diese Zeiten sind vorbei. Das würde ich schon noch hinter dieser Zustimmung sehen.
Schauen wir kurz ins eigene Land, nach Österreich. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hat immer wieder gesagt, Österreich stehe unter starkem Asyldruck. Kauft sich Österreich lieber frei oder ist es besser für Österreich, sich freizukaufen
Also man muss diese diesen Asyldruck ein wenig einordnen. Es ist richtig, dass Österreich im vergangenen Jahr auch heuer relativ viele Asylanträge erhalten hat. Aber gleichzeitig ist auch richtig, dass er nicht unwesentlicher Anteil dieser Asylwerbenden innerhalb weniger Tage, Wochen weitergewandert ist, beispielsweise nach Deutschland, in die westliche Welt. Das heißt, de facto sind sehr viel weniger Menschen in unserem Land geblieben, als die Asylantragsstatistik vermuten lassen würde. Das ist dann natürlich die Frage, welche Zahl hier herangezogen wird, um die faire Verteilung innerhalb der EU-27 zu bewerten und wonach sich auch die Quote bemisst. Und ich glaube, danach wird sich auch richten, ob Österreich eher Schutzsuchende aufnimmt. Ich vermute ja eher, dass Österreich aufnimmt, als sich an Kompensationszahlungen zu beteiligen. Grundsätzlich ist es aber richtig, dass natürlich Österreich vor allem deshalb so belastet ist, weil sich andere Mitgliedstaaten komplett aus der Verantwortung entzogen haben, allen voran Ungarn. Ich glaube, dass Österreich sehr gut beraten wäre, gerade jetzt dieses Momentum zu nutzen, um gegenüber Ungarn einzuwirken und zu fordern, dass sich auch jene Länder, die bisher kaum etwas getragen haben an dieser Verteilung, beteiligen und den entsprechenden Beitrag leisten.
Würden die strengeren Maßnahmen umgesetzt, wäre es das Ende der Schlepperei?
Ich bin da sehr skeptisch und ich würde das eher verneinen. Die Grundannahme hinter dieser Aussage ist aus meiner Sicht ein Trugschluss: Nämlich je schärfer, je härter wir an der Grenze vorgehen, desto weniger Leute kommen, desto weniger Leute sterben im Mittelmeer oder begeben sich in die Hände von Schleppern. Und da zeigt leider die Erfahrung der letzten Jahre und auch die Evidenz aus der Forschung, die wir haben, dass das nicht oder kaum der Fall ist, weil die Fluchtursachen, die Gründe, warum sich Menschen auf den Weg machen, die gehen dadurch ja nicht weg.
Was geschieht, ist, dass das Risiko für Menschen, nach Europa zu gelangen, hier einen Antrag stellen zu können, steigt. Je höher wir Mauern bauen, je schärfer wir an der Grenze bewachen, desto riskanter wird es für Menschen aus anderen Ländern, hier um Schutz anzusuchen, desto höher ist der persönliche Einsatz und desto mehr Menschen kommen ums Leben, weil die Routen immer gefährlicher werden und eigentlich dadurch die Schlepper mehr verdienen und nicht weniger mit dem Leid der Menschen. Das ist leider die bittere Realität, der wir entgegensehen müssen. Wie gesagt, die Erfahrung der letzten Jahre zeigt das eindeutig. Seit 2015 hat man ja im Grunde nichts anderes getan, als die Grenzen zu verschärfen, als den Kurs immer und immer schwieriger zu machen, restriktiver zu machen. Und es hat nicht darin geändert, dass weniger Menschen gekommen sind oder weniger Menschen im Mittelmeer gestorben sind. Im Gegenteil.
Und was würde dann wirken? Was würde die Problematik lindern?
Also was mir jetzt wirklich leidlich fehlt in der Reform, sind Fragen des legalen Zugangs zu Schutz und legale Migrationsmöglichkeiten. Das hat man komplett ausgespart. Wie ist Flucht zum Beispiel für eine syrische Familie oder für eine afghanische Frau möglich? Denn Frau sein in Afghanistan kommt de facto einem Todesurteil gleich. Es gibt keine legalen Zugangsmöglichkeiten in Form von Resettlement-Programmen oder Botschaftsasyl. Und das bedeutet leider auch eine Form der Auslese, die Europa betreibt: Die Stärksten, die Fittesten, die Reichsten, die all diese Strapazen auf sich nehmen können, Grenzerfahrung durchstehen, Fahrten übers Mittelmeer etc. Die schaffen es vielleicht irgendwann einmal in Europa Asyl zu bekommen. Aber die wirklich Schutzbedürftigen, die schwächsten Frauen mit kleinen Kindern und soweiter, die werden durch dieses System noch weiter marginalisiert, diskriminiert. Und die schaffen es immer weniger. Ich glaube, das ist genau der falsche Trend, den man eigentlich haben will. Da wäre es höchst an der Zeit, legale Zugangswege zu schaffen. Ich sag immer Festung Europa braucht auch Zugbrücken. Und diese Zugbrücken sind legale Zugangswege zu Schutz, aber auch zur Arbeitsmigration.
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