Wahlprogramm: Mit diesen Ideen wollen die Grünen weiterregieren

Wahlprogramm: Mit diesen Ideen wollen die Grünen weiterregieren
Die Parteispitze der Grünen hat ihr Wahlprogramm präsentiert. Sie setzen unter anderem auf verpflichtenden Bodenschutz, Vorrang für Schnellbusse, eine Kindergrundsicherung und Millionärssteuern.

Die Parteispitze der Grünen hat am Freitag ihr Wahlprogramm für den 29. September präsentiert. Vizekanzler Werner Kogler startet dabei mit einem Mikrofontest: "Ein, zwei, drei, geht's? Jawohl. Und worum geht's uns? Um eine solidarische Gesellschaft freier Menschen in einer intakten Natur." 

Die anderen Parteien seien "im alten Denken" verfangen, so Kogler: "Die ÖVP bremst beim Klimaschutz", "die SPÖ will weiter betonieren" und bei der FPÖ seien ohnehin die "Klimawandelleugner" und "Staatsgefährder". 

Nur die Grünen hätten das Ansinnen, "Natur und Wirtschaft unter den Hut" zu bringen. Dafür haben sie nun "400 Projekte" präsentiert. 

Ein Überblick:

Grüner Strom

Beim Klimaschutz setzen die Grünen weiterhin auf den Ausbau von Windkraft, fordern verpflichtende PV-Anlagen auf jedem neuen Gewerbeparkplatz und schnellere Genehmigungsverfahren für den Ausbau Erneuerbarer Energien. Weiters fordern die Grünen ein "Recht auf klimafreundliche Wärme".

Was ist darunter zu verstehen? Laut Kogler sei vorstellbar, dass Vermieter einen Abschlag hinnehmen müssen, wenn sie beispielsweise nicht von einem fossilen Heizsystem auf eine Wärmepumpe umstellen. Entsprechende Passagen könne man im Mietrecht verankern.

Bodenschutzplan

Die Grünen fordern in ihrem Kapitel "Natur" eine verbindliche Bodenschutzstrategie, die den Flächenverbrauch pro Tag auf 2,5 Hektar beschränkt. In der Regierung mit der ÖVP ist dieser Vorstoß unter anderem am Widerstand der Länder und Gemeinden gescheitert.

Mit kleinen Stadtwäldern wollen die Grünen Hitze reduzieren, 80 Prozent der öffentlichen Grünflächen würden sie gerne mit Wildblumen bepflanzen. Weiters pochen sie auf eine "gute" Umsetzung der EU-Renaturierungsverordnung in Österreich. Dieser hat Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) bekanntlich ohne "Ja" der ÖVP zugestimmt - und sich eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs eingehandelt.

Mobilität

"Zögerer und Zauderer" gebe es nicht nur in der ÖVP, sondern auch bei der SPÖ, sagt Gewessler. Etwa beim Thema Verkehr, wo einzig die Grünen einen Plan für "saubere Mobilität" hätten. Ein Kernpunkt: "Schnellbuslinien sollen auf Autobahnen auf bestimmten Spuren Vorrang bekommen – insbesondere an staugeplagten Abschnitten, um Staus zu reduzieren." 

Weitere Punkte: Mehr Rechte für Fahrradfahrer, eine Weiterentwicklung des Klimatickets und Bahn- statt Flughafenausbau.

Wahlprogramm: Mit diesen Ideen wollen die Grünen weiterregieren

Wirtschaft

Auch das Wirtschaftsprogramm der Grünen ist eng an den Klimaschutz gekoppelt. Sie wollen "wichtige Wertschöpfungsketten wieder nach Europa bringen", etwa die Produktion und den Verkauf von Solaranlagen, Windrädern, Computerchips oder Medikamenten. Um auf eine klimaneutrale Produktion setzen zu können, seien "gut ausgebildete Fachkräfte" nötig.

Die gesetzliche Wochenarbeitszeit wollen die Grünen "schrittweise auf 35 Stunden reduzieren", nachdem der "akute Fachkräftemangel" abgeklungen sei. Bei weniger Arbeitszeit würde auch das Risiko für Unfälle und Fehler sinken. Gleichzeitig wollen die Grünen aber auch einen Teil der Lohnnebenkosten verringern "und anders finanzieren". Konkret erwähnen sie im Programm den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF), den aktuell die Arbeitgeber berappen.

Weiterer Punkt: Gleicher Lohn für Männer und Frauen. Und für Berufsfelder, die bisher nicht von Kollektivverträgen umfasst sind - etwa Fahrradboten - sollen gesetzliche Mindestlöhne festgelegt werden. Bekannte Forderung: Um das Gesundheitssystem zu finanzieren und Steuern auf Arbeit zu senken, pochen die Grünen auf eine "faire Millionärssteuer auf Millionenerbschaften und Stiftungen". Das Arbeitslosengeld wollen sie wiederum auf eine Nettoersatzrate von bis zu 70 Prozent erhöhen. Derzeit liegt sie bei 55 Prozent der letzten Monatsgehälter.

Klimaschutzgesetz

Das seit Jahren ausständige Klimaschutzgesetz, das man in der Regierung nicht auf den Boden gebracht hat, findet sich im Wahlprogramm unter neuem Namen wieder: Mit einem "Klimarahmengesetz" sollen "klare Ziele und Vorgaben" für Emissionen "für alle Sektoren" kommen. Die ÖVP hat sich bekanntlich gegen Sektorziele für Bereiche wie den Verkehr oder die Landwirtschaft gewehrt, die konkrete Einsparungen von Emissionen vorschreiben. Auch im finalen Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP), der kürzlich der EU-Kommission übermittelt wurde, kommen diese nicht vor.

Die Steckbriefe der Spitzenkandidaten

ÖVP-Chef Nehammer boxt und schaut Rocky-Filme Kogler trinkt "richtig guten Espresso" und isst immer öfter Veggie Kickl ist Metallica-Fan, das oberösterreichische "Goi" findet er "liab" Babler kann nicht Nein sagen und ärgert sich über "politische Machtspiele" Meinl-Reisinger findet es "zwischen zubetonierten Flächen und Kreisverkehren" am schönsten

Kindergrundsicherung

Im sozialen Bereich haben sich die Grünen sehr stark an der SPÖ orientiert. Sie fordern etwa eine Kindergrundsicherung, "die alle Leistungen bündelt". Jedes Kind soll das Recht auf ein "warmes und gesundes Mittagessen", einen kostenlosen Kindergartenplatz oder kostenlose Freizeitangebote haben. "Jedes fünfte Kind in Österreich in armutsgefährdet", sagt Justizministerin Alma Zadić. Es dürfe keinen Unterschied mehr machen, woher ein Kind komme: "Alle Kinder in Österreich brauchen gleiche und gerechte Chancen." Zudem plädieren die Grünen einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag.

Asyl und Migration

Im Asylprogramm, definitiv nicht Kernthema der Grünen, steht: Die Regeln hierzulande müssten respektiert werden und "Menschen, denen nach fairen Verfahren kein Schutz zuerkannt wurde, oder die schwere Straftaten begangen haben, müssen Österreich wieder verlassen". Menschenrechte müssten aber stets gewahrt werden. 

Prinzipiell sind die Grünen dafür, dass Asylwerber ab dem Asylverfahren einen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Asylwerber, die Qualifikationen in Mangelberufen haben, sollen zudem auf das System der "Rot-Weiß-Rot-Karte" umsteigen können. "Hierfür braucht es Umstiegsmöglichkeiten vom Asylsystem auf das generelle Aufenthaltsrecht", heißt es. Fachkräfte sollen künftig nicht mehr abgeschoben werden.

Und: Asylwerber, die eine Lehre beginnen sollen aus Sicht der Grünen "während ihrer Ausbildung und zwei Jahre danach nicht abgeschoben werden dürfen". Das schaffe Rechts- und Planungssicherheit für Betriebe und Lehrlinge.

Der Zugang zur Staatsbürgerschaft soll zudem erleichtert werden. Wer in Österreich geboren wurde und einen rechtmäßig hier niedergelassenen Elternteil hat, solle die Staatsbürgerschaft automatisch bekommen.

Kommentare