"Ganz, ganz schwer", sagt Hofer. In Umfragen liegen die Grünen derzeit etwa gleichauf mit den Neos bei knapp unter zehn Prozent. "Aber: Sie machen in den vergangenen Wochen und Monaten alles, um bei den eigenen Zielgruppen noch zu punkten. Zumindest, was das Thema Klimaschutz angeht", betont der Experte.
Von der verfassungsrechtlich strittigen Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz bis zu mehreren Energiegesetzen im Tausch gegen den Posten des EU-Kommissars, den Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) erhält: "Die Grünen versuchen, ihre Handschrift beim Thema Klimaschutz noch einmal zu zeigen. Das ist auch ihre politische Lebensversicherung", so Hofer.
Beim Klimaschutz hätten die Grünen in der Regierung mit der ÖVP prinzipiell "gar nicht so wenig für ihre Klientel erreicht" – siehe Klimaticket, CO2-Bepreisung oder eben Renaturierung. Bei anderen Themen, wie der Migration, "mussten sie wiederum Federn lassen", sagt Hofer.
Wer ist die passendere "Scharnierpartei"?
Klar ist: Auf Basis der aktuellen Umfragedaten geht sich keine Neuauflage von Türkis-Grün aus. Damit die Grünen in der Regierung bleiben, müssten sie also zumindest Teil eines Dreier-Bündnisses sein. In dieser Konstellation wurde zuletzt aber vor allem die Variante aus ÖVP, SPÖ und Neos ventiliert.
Grüne oder Neos: Wer hat bessere Argumente, die "Scharnierpartei" zu spielen?
"Aus Sicht der SPÖ wären die Grünen inhaltlich der passendere Partner", sagt Hofer. "Man müsste der Sozialdemokratie beibringen, dass eine Koalition mit ÖVP und Neos für sie eine Sandwichposition wäre. Warum? Weil ÖVP und Neos wirtschaftspolitisch ganz anders positioniert sind." Beispiel: Die Grünen sind wie auch die SPÖ für Vermögens- und Erbschaftssteuern und gegen eine Senkung der Lohnnebenkosten. ÖVP und Neos beurteilen das jeweils anders.
Das Problem: "Zumindest in Wien ist die Liebe in Richtung Grüne doch relativ erkaltet", sagt Hofer. Bürgermeister Michael Ludwig entschied sich nach diversen Streitereien 2020 gegen eine Neuauflage von Rot-Grün in Wien – die Zusammenarbeit mit den Neos läuft für die Wiener SPÖ wesentlich friktionsfreier.
Auch, dass Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) den Bau des Lobautunnels abgesagt hat, ist der einflussreichsten roten Landespartei, ohne deren Hilfe Andreas Babler wohl nicht Bundesparteichef geworden wäre, in Erinnerung.
Was für Werner Kogler spricht
Aber warum sollte die ÖVP mit den Grünen weitermachen wollen? Es "gehe ein bisschen unter", dass die Zusammenarbeit zwischen Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Kogler, aber auch jene der Klubobleute August Wöginger und Sigrid Maurer "eigentlich sehr gut funktioniert hat", sagt Hofer. "Am Ende des Tages hat Werner Kogler in einer sehr ruppigen und schwierigen Zeit sehr ruhige Hand bewiesen. Er hat auch nicht immer dem Druck seiner Basis nachgegeben."
Größere, parteiinterne Querschüsse blieben im Gegensatz zur Vergangenheit zudem aus. Anfang 2017 trennten sich die Grünen bekanntlich von ihrer Parteijugend, dann folgte die Abspaltung von Peter Pilz mittels eigener Liste. Ehemalige junge Grüne wie Salzburgs Vizebürgermeister Kay-Michael Dankl oder Bundesvorsitzender Tobias Schweiger haben nun in der KPÖ Karriere gemacht.
Dennoch: Ist der "abgebrühte und pragmatische" Kogler wirklich der richtige Spitzenkandidat? Oder hätte beispielsweise Leonore Gewessler mehr Strahlkraft gehabt?
"Sie hat natürlich eine sehr starkes Image beim Thema Klimaschutz erworben. Für Werner Kogler spricht aber definitiv seine thematische Breite. Er ist ewig dabei und hat verschiedenste Themen abgedeckt", meint Hofer. Bei allen Schwächen im kommunikativen Bereich, wie seinen berüchtigten Schachtelsätzen: Kogler sei bei den Grünen eine "Integrationsfigur".
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