Warum die Neos gut gelaunt in den Wahlkampf gehen
Die Neos sind die stimmenmäßig kleinste Partei im Nationalrat – noch. Seit der Wahl 2019 haben sie sich durchaus einen Namen gemacht in den U-Ausschüssen, aber auch durch die Koalition mit der SPÖ in Wien.
Die Ausgangslage vor der Wahl im Herbst ist also gut. Und doch steht Neos-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger, am Montag zu Gast im ORF-Sommergespräch, auch vor dieser Nationalratswahl am 29. September vor alten Problemen, die weder ihr Vorgänger und Parteigründer Matthias Strolz noch sie seit ihrer Wahl zur Parteivorsitzenden 2018 lösen konnte: Wofür steht das „Neue Österreich“? Und warum kommt die Partei mit dem auffälligen Parteilogo in pink, abgesehen von kleinen Zugewinnen, nicht vom Fleck?
Immerhin: Die deklarierte pro-europäische Partei hatte bei der EU-Wahl im Juni erstmals auf Bundesebene den Sprung über zehn Prozent der Stimmen geschafft (10,1, plus 1,7 Prozentpunkte), wohl auch eine Folge der „Affäre Schilling“.
Davor setze es bei der Landtagswahl in Salzburg mit minus 3,1 Prozent eine Klatsche, leichte Zuwächse gab es bei den Wahlen in Kärnten, Niederösterreich, Tirol, Oberösterreich und Wien, doch gerade einmal das Ergebnis bei der Wahl in Vorarlberg 2019 kam mit 8,5 Prozent an jenes, an dem Meinl-Reisinger im Herbst gemessen werden wird: bei der Parlamentswahl 2019 konnte sie bei ihrem ersten Antritt als Spitzenkandidatin fast drei Prozentpunkte zulegen, die Neos kamen damals auf 8,1 Prozent. Die aktuellen Umfragen attestieren den Neos jedenfalls ein deutliches Plus.
„Dass die Neos nicht vom Fleck kommen, würde ich nicht unbedingt so sehen“, sagt der Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer im KURIER-Gespräch: „Das zeigt sich schon daran, dass die Neos inzwischen bei diskutierten Koalitionsvarianten als möglicher Mehrheitsgeber immer öfter genannt werden, öfter als die Grünen. Und das macht sie politisch relevanter als früher.“
Bachmayer sieht einen weiteren Vorteil der pinken Truppe, der gewöhnlich als Problem gesehen wird: „Die Neos werden oft als politisch beliebig gesehen, manchmal (gesellschaftspolitisch) links, manchmal (wirtschaftspolitisch) rechts. Doch damit sind sie eine Scharnierpartei, weil sie sowohl mit Parteien rechts der Mitte als auch links der Mitte zusammenarbeiten können.“ Was ihnen aber fehle, sei der „Unterbau“, also starke Wurzeln in den Ländern und Gemeinden.
Bürger, die zum Thema Neos gefragt werden, würde inzwischen „Beate Meinl-Reisinger antworten, zumindest jene Minderheit, die politisch interessiert ist. Sie ist das Gesicht der Neos geworden, sie kommuniziert ihre Botschaften auch klar, ist telegen und hat ein sympathisches Auftreten.“
Schwieriger sieht Bachmayer die Themensetzung der Neos: Der Fokus auf Bildung sei sicher wichtig, aber das Thema rangiere bei den Wählern eher „auf den hinteren Plätzen“.
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