Rücktritt nach Wahl: FPÖ-Chef von Doskozil "enttäuscht"

Rücktritt nach Wahl: FPÖ-Chef von Doskozil "enttäuscht"
Als Reaktion auf die Burgenland-Wahl. Johann Tschürtz wird der FPÖ aber erhalten bleiben, er wird Klubobmann im Landtag.

Am Sonntag ist die FPÖ de facto aus der Regierung geflogen, am Dienstag hat Landesparteiobmann Hans Tschürtz den Hut genommen. Der 60-jährige Loipersbacher, der noch bis zur Angelobung der neuen SPÖ-Alleinregierung am 17. Februar Landeshauptmannstellvertreter bleibt, hat den Parteivorsitz im Rahmen einer Präsidiumssitzung am Dienstag mit sofortiger Wirkung zurückgelegt.

Johann Tschürtz tritt als FPÖ-Burganland-Chef zurück

Bei der Pressekonferenz zeigte sich der scheidende FPÖ-Chef Johann Tschürtz vom bisherigen Koalitionspartner SPÖ und Landeshauptmann Hans Peter Doskozil enttäuscht. „Ich bin ein bisschen enttäuscht. Er hätte zumindest das Wort 'Danke' in den Mund nehmen können. Ich war hilfsbereit und vertrauensvoll“, sagte Tschürtz. Er überlege sogar, den für morgen anberaumten Gesprächstermin mit Doskozil nicht wahrzunehmen.

"Alleinherrschaft von Doskozil ist Wahnsinn"

Doskozil war nach den Gremiensitzung der SPÖ am Montag deutlich auf Distanz zum bisherigen Koalitionspartner gegangen und hatte gemeint, dass ihm das Ende der Regierungszusammenarbeit nicht leidtue und das FPÖ-Prestigeprojekt Sicherheitspartner für beendet erklärt. Tschürtz warnte heute vor der Allmacht der SPÖ: „Irgendwann wird man draufkommen, dass die Alleinherrschaft von Doskozil ein Wahnsinn ist.“

  • Tschürtz wurde am 12. Dezember 1959 in Eisenstadt geboren. Er absolvierte eine Schlosserlehre und war nach dem Wehrdienst im Auslandseinsatz auf den Golanhöhen. Danach besuchte er in Wien die Polizeischule und war ab 1981 bei der Exekutive tätig, bis er sich für seine politische Tätigkeit karenzieren ließ.
     
  • Seine politische Laufbahn begann der Burgenländer als FPÖ-Obmann in seiner Heimatgemeinde Loipersbach. Die dortige Ortsgruppe rief er 1992 ins Leben. Noch im selben Jahr wurde er auch Bezirksparteiobmann in Mattersburg. Vier Jahre später übernahm der damals 37-Jährige die Landesgeschäftsführung der FPÖ Burgenland.
     
  • 1997 zog er in den Landtag ein. 2002 wurde Tschürtz Stellvertreter des damaligen Landesparteiobmannes Stefan Salzl, ehe er 2005 zu dessen Nachfolger gewählt wurde.
    Seine erste Zeit als Landesparteichef verlief turbulent: Wenige Monate nach seinem Amtsantritt spaltete sich das BZÖ von den Freiheitlichen ab. Tschürtz stellte sich umgehend an die Seite der FPÖ von Strache, mit dem ihn eine langjährige Freundschaft verbindet. Im Sommer standen regelmäßig gemeinsame Familienurlaube auf dem Programm - bevorzugtes Reiseziel war Ibiza.
     
  • Bei der Landtagswahl 2005 - wenige Monate nach der BZÖ-Abspaltung - trat Tschürtz erstmals als Spitzenkandidat der Freiheitlichen an und erlebte einen Absturz von 12,6 auf 5,8 Prozent.
     
  • Bei der Landtagswahl 2010 erreichte er neun Prozent, 2015 schaffte man mit 15 Prozent den Sprung in die Landesregierung. Einen Rückschlag musste der 60-Jährige 2013 einstecken. Damals wurde er beim Landesparteitag mit lediglich 71 Prozent der Delegiertenstimmen als Landesparteiobmann bestätigt und dachte über seinen Rücktritt nach.

Die FPÖ will sich nun als einzige Oppositions- und Kontrollpartei positionieren. Es werde auch eine Verjüngung und „viele neue Köpfe geben“, sagte Tschürtz, der eigentlich nur halb zurücktritt und sich sogar als Doppelspitze mit Petschnig sah. Petschnig wurde im Präsidium mit einer Enthaltung von sieben Stimmen als neuer Parteichef nominiert.

Tschürtz zu Strache? "Liege nicht mit ihm im Bett"

Tschürtz sagte zudem, dass sein Abgang als Parteichef schon länger geplant gewesen sein. Er sei schon 60 Jahre alt und habe „lange an oberster Stelle gedient“. Petschnig soll beim Landesparteitag am 7. März offiziell zum neuen Obmann gewählt werden.

  • Geboren in Klagenfurt kandidierte der 46-Jährige, geboren am 29. März 1973, noch vor wenigen Jahren für die Kärntner Freiheitlichen, freilich ohne zu Mandatsehren zu kommen. Nach seinem privat motivierten Wechsel ins Burgenland engagierte sich der ehemalige Hobby-Eishockeyspieler in der FPÖ Illmitz.
     
  • Rasch wurde man landesweit auf ihn aufmerksam. Der Doppel-Magister der Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik wurde zum Klubdirektor berufen und managte den vorletzten Landtagswahlkampf erfolgreich. Als Rot-Blau kam, stieg der als nicht übermäßig charismatisch geltende Petschnig zum Landesrat für Wirtschaft und Tourismus auf. Bei den türkis-blauen Verhandlungen im Bund kam er in der Finanzgruppe zum Einsatz.
     
  • Vor seinem Einstieg in die Politik war Petschnig unter anderem im Investmentbanking bei der Erste Bank und im Finanzministerium aktiv. Petschnig ist geschieden und Vater einer Tochter.
     
  • Zur Person: Alexander Petschnig, geboren am 29. März 1973 in Klagenfurt. Magister der Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik, ab 2013 Klubdirektor der FPÖ Burgenland, ab 2015 Landesrat für Wirtschaft und Tourismus.

Die Gründe für die Wahlniederlage sah Tschürtz im Streit der FPÖ mit ihrem früheren Parteichef Heinz-Christian Strache. Gerüchte, wonach er bei der FPÖ-Abspaltung DAÖ einsteigen könnte, wies Tschürtz entschieden zurück. „In diesen Zug steige ich sicher nicht ein. Das ist alles Unsinn. Ich war und bleibe der Partei treu.“ Er liege sicher mit Strache nicht im Bett, zeigte sich Tschürtz von entsprechenden Fragen entnervt.

Nach Wahlniederlage ist alles anders

Am Wahlabend hatte er sich noch zuversichtlich gegeben, dass seine FPÖ die Zehn-Prozent-Marke knacken würde. Am Ende wurden's 9,79 Prozent - ein Minus von mehr als 5 Prozentpunkten im Vergleich zu 2015. "Ich glaube, wir haben wirklich gut gearbeitet", sagte Johann Tschürtz trotzdem. Personelle Konsequenzen schloss er - wie auch Parteichef Norbert Hofer - am Sonntag noch aus.

Wenige Tage vor der Wahl hatte er im KURIER-Interview noch folgendes gesagt: "Ich bin sehr schmerzbefreit, weil ich nicht an große Verluste glaube. Sollten wir unter 10 Prozent rutschen, wäre die Motivation natürlich nicht mehr sehr groß. Aber das glaube ich nicht, bei der Nationalratswahl haben wir 17 Prozent gemacht."

Nun zog Tschürtz doch die Konsequenzen aus dem Abschneiden seiner Partei bei der Burgenland-Wahl.

So geht es bei der FPÖ weiter

Der 60-Jährige tritt als Parteiobmann ab und übergibt an den bisherigen Landesrat Alexander Petschnig. Tschürtz zieht sich aber nicht aus der Politik zurück, sondern wird den freiheitlichen Klub im Landtag anführen. 2005 hatte er die Parteiführung von Stefan Salzl übernommen.

Dem FPÖ-Klub werden somit neben Tschürtz und Petschnig die bisherige Dritte Landtagspräsidentin Ilse Benkö und der bisherige Klubobmann Geza Molnar angehören.

Diese Blauen fliegen aus dem Landtag

Die früheren blauen Abgeordneten Markus Wiesler, Karin Stampfel, Manfred Haidinger und der seit einem schweren Unfall weiter rekonvaleszente Johann Richter sind in der kommenden Periode nicht mehr im Landtag vertreten.

Weitere Weichenstellungen in der FPÖ sind zu erwarten, verschiedene Positionen wie Landesgeschäftsführer stehen zur Disposition. Petschnig und Tschürtz kündigten für 7. März einen Landesparteitag an. Das Motto dafür steht schon fest: Die FPÖ soll jünger, weiblicher und schlagkräftiger werden.

Das ist der neue starke Mann der FPÖ Burgenland

Alexander Petschnig hat seinen Job als Landesrat zwar verloren, dafür ist der gebürtige Klagenfurter jetzt FPÖ-Landesobmann. Die Macht teilt er freilich mit seinem Vorgänger Johann Tschürtz, der den Klub übernimmt.

Rücktritt nach Wahl: FPÖ-Chef von Doskozil "enttäuscht"

Alexander Petschnig übernimmt die Parteiführung von Johann Tschürtz

Indes trafen sich SPÖ und ÖVP am Dienstagvormittag zu einem Sondierungsgespräch über mögliche inhaltliche Übereinkommen für die kommende Legislaturperiode im Burgenland. Das Gespräch war auf zwei Stunden anberaumt und fand im Büro von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) statt. Inhaltlich sollte es wie von Doskozil angekündigt vor allem um die Themen Wirtschaft und Gemeinden gehen.

Rücktritt nach Wahl: FPÖ-Chef von Doskozil "enttäuscht"

Thomas Steiner und Hans Peter Doskozil

"Wir werden über die Zukunft sprechen", sagte Doskozil vor Beginn des Gesprächs. Der Landeshauptmann hatte die Landesräte Astrid Eisenkopf (Landwirtschaft, Umwelt und Frauen) und Christian Illedits (Gemeinden, Soziales und Sport) in seinem Team zur Seite. ÖVP-Chef Thomas Steiner kam mit ÖVP-Landesgeschäftsführer Christoph Wolf und dem Oberwarter Bürgermeister Georg Rosner.

FPÖ bei Doskozil

Morgen, Mittwoch, ist die FPÖ bei Doskozil zu einem Gespräch eingeladen, am Donnerstag folgen die Grünen. Danach beruft der Landeshauptmann das SPÖ-Präsidium und den Vorstand ein, wo über die endgültige Mandatsverteilung entschieden wird.

Das Regierungsteam in der künftigen SPÖ-Alleinregierung bleibt mit Doskozil, Eisenkopf, Illegits, Daniela Winkler (Bildung und Familien) sowie Heinrich Dorner (Verkehr, Technik und Bauwesen) unverändert. Allerdings wird es um zwei Köpfe kleiner.

Die Aufgaben der zwei bisherigen FPÖ-Landesräte Johann Tschürtz und Alexander Petschnig (u.a. Sicherheit, Zivilschutz, Tourismus und Wirtschaft) werden wohl unter den roten Regierungsmitgliedern aufgeteilt werden.

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