Ministerin Edtstadler: "Mir ist Powidl, wer Eigentümer von Twitter ist"

Die EU-Institutionen haben sich jüngst auf den "Digital Services Act" (DSA) geeinigt. Der DSA schreibt für Internetplattformen eine Reihe von Regeln vor, deren Ziel es ist, Desinformation und Hass im Netz zu vermeiden, und die "Blase", in der sich viele im Netz bewegen, aufzubrechen. Der KURIER hat mit Europaministerin Karoline Edtstadler darüber gesprochen.
KURIER: Ist der DSA jetzt der "große Wurf" – oder hätten Sie sich mehr erwartet?
Karoline Edtstadler: Ersteres, weil es erstmals EU-weit klare Regeln für Internetplattformen gibt. Wir haben in Österreich zuerst ein Gesetz vorgelegt, um Tempo zu machen. Dass die EU nachzieht, ist ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung. Das wird es auch über Europa hinaus brauchen.
Ist das österreichische Gesetz strenger als der DSA und muss jetzt abgemildert werden?
Ja, bei uns sind viele Punkte konkreter – etwa die Fristen für die Löschung. Die EU-Verordnung ist direkt anzuwenden, es gibt keinen Spielraum.
Wie sind Ihre Erfahrungen nach dem ersten Jahr?
Laut einem ersten Halbjahresbericht von Facebook gab es 9.511 Meldungen. Das ist Beweis genug, dass wir dieses Gesetz gebraucht haben. Generell gab es nur wenige Beschwerden bei der RTR, wenn das Melde- und Überprüfverfahren nicht ausreichend war. Das zeigt, dass sich die Plattformen an das Gesetz halten.
Was glauben Sie, hält Elon Musk vom DSA? Er kauft Twitter und verspricht "absolute Meinungsfreiheit" …
Mir ist völlig Powidl, wer der Eigentümer von Twitter und Co. ist. Alle, die in der EU Geschäfte machen, haben sich an die Regeln zu halten.
Und was, wenn nicht? Droht in letzter Konsequenz eine Twitter-Sperre in der EU?
Nein, das ist nicht zu befürchten. Ich gehe davon aus, dass die Treue gegenüber dem Rechtsstaat obsiegen wird.
Neu im DSA ist ein Mechanismus im Krisenfall: Die EU könnte Google anweisen, Regierungsinformationen bei der Suche ganz oben anzuzeigen (siehe Bericht oben). Birgt das nicht die Gefahr von Zensur oder Propaganda?
Nein, andere Informationen sind ja trotzdem zu finden, man muss nur weiter nach unten scrollen. Es geht darum, Desinformation vorzubeugen. Eine Lehre aus den bisherigen Krisen ist, dass Desinformation zu Spaltung führt und eine Gefährdung für die Gesellschaft darstellt.
Kurzer Exkurs: Justizministerin Alma Zadić sagte kürzlich, sie sei zuversichtlich, dass das Informationsfreiheitsgesetz "demnächst" umgesetzt werden könnte. Zuständig sind Sie: Wie schaut es da aus?
Wir sind in laufenden Gesprächen mit den vielen Stellen, die davon betroffen sind. Für einen Beschluss brauchen wir ja eine Zweidrittel-Mehrheit.
Auf einen Zeitpunkt legen Sie sich nicht fest?
Die Legislaturperiode dauert noch zweieinhalb Jahre.
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