Der Twitter-Deal: Hat Musk den Vogel abgeschossen?
Die erste Hürde ist genommen: In der Nacht auf Dienstag stimmte das Twitter-Management der geplanten Übernahme durch den Multimilliardär und Tesla-Gründer Elon Musk zu. 44 Milliarden Dollar (40,68 Mrd. Euro) will Musk dafür hinlegen, die Hälfte des Geldes stammt aus seinem Privatvermögen, die andere von einem Großkredit. Doch noch ist der Deal nicht in trockenen Tüchern, erst muss mehr als die Hälfte der Aktionäre ihre Anteile an Musk verkaufen. Musk will die 16 Jahre alte Firma von der Börse nehmen.
Doch was will Musk mit dem Kurznachrichtendienst, dessen prominentester Nutzer wohl er selbst ist? Die Zukunft von Twitter unter Musk sei ungewiss, sagte Twitter-Chef Parag Agrawal zu den Mitarbeitern am Montag. Tatsächlich rätselt darüber die gesamte Twitter-Community. Fakt ist: Die alleinige Eigentümerschaft Musks hätte massive Auswirkungen nicht nur auf die Plattform selbst, sondern auch auf Politik und Gesellschaft. Aus folgenden Gründen:
Nachrichtenverbreitung
Twitter hat mehr als 200 Millionen aktive Nutzer weltweit, ist daher zu einem wichtigen Organ der Informationsverbreitung geworden. Die Plattform hatte in den vergangenen Jahren versucht, gegen die Verbreitung von Hassbotschaften und Falschinformationen vorzugehen - und nach der Erstürmung des US-Kapitols am 6. Jänner 2021 etwa den damaligen US-Präsidenten Donald Trump verbannt.
Musk verspricht "Meinungsfreiheit", zumindest, was er darunter versteht. Er, der selbst auf Twitter immer wieder ausfallend über Kritiker herzieht, könnte der Moderation von Inhalten ein Ende bereiten und seine eigenen Regeln einführen. Er selbst warf Twitter immer wieder Einschränkungen der Meinungsfreiheit vor und schlug dabei einen ähnlichen Tonfall an wie rechte Politiker, die eine angebliche "Zensur" durch die Online-Plattform aus dem liberalen Silicon Valley anprangern. Manche Beobachter fürchten gar, dass er den Twitter-Bann gegenüber Tausenden von Hasspostern aufheben könnte.
Autoritärer Führungsstil
Musk könnte als Alleineigentümer schalten und walten wie er will. Kritiker warnen vor der Unberechenbarkeit einer narzisstischen Persönlichkeit. Analyst Rob Enderle warnt vor dem kapriziösen Auftreten und Führungsstil, mit dem Musk immer wieder für Schlagzeilen sorgt. "Es ist, als würde er mit einer Schere in der Hand herumrennen. Schlechte Impulskontrolle und zu viel Geld sind keine gute Mischung."
"Musk ist im Grunde genommen ein Autokrat", sagt der Analyst Roger Kay von Endpoint Technologies. "Seine Form des Libertarismus hat einen Einschlag von Rechtsaußen-Politik." Kay verweist dabei auch auf die Freundschaft von Musk zu dem in Deutschland geborenen Technologie-Investor Peter Thiel, der als Unterstützer von Trump und anderen rechten Politikern sowie Arbeitgeber von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bekannt ist.
Neues Geschäftsmodell
Einige Beobachter glauben auch, dass der Tesla-Gründer einfach ein gutes Händchen fürs Geschäft hat und Twitter mit neuem Geschäftsmodell wieder auf Vordermann bringt. Er wolle das "außergewöhnliche Potenzial" von Twitter freisetzen, sagte Musk.
Tatsächlich steckt Twitter in der Krise. Anders als Facebook oder Google hat das Unternehmen mit 7.500 Mitarbeitern aktuell mit dem Geschäftsmodell Probleme und enttäuschte zuletzt bei Nutzerzahlen und Einnahmen. Musk will Twitter unabhängiger von Werbeeinnahmen - aktuell rund 90 Prozent der Einnahmen- machen und das Geschäftsmodell stärker auf Abso umstellen. Für einen Premium-Zugang können dann etwa Tweets wieder rückgängig gemacht oder Werbung ausgeblendet werden.
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