Peter Hochegger: "Wenn ich die Fußfessel habe, mache ich den Nachtportier"

Peter Hochegger
Der gefallene Lobbyist erzählt von seinen unlauteren Praktiken als PR-Experte, seiner Läuterung im Gefängnis - und seine "Buddies in Crime".

Sein Name war das Synonym für PR und Lobbying, in seinen besten Zeiten hatte er 100 Mitarbeiter und fuhr Maserati. Dann lernte er Walter Meischberger, Karl-Heinz Grasser kennen. Heute ist er Verurteilter in der Causa Buwog und unter die Autoren gegangen. Der 76-Jährige Peter Hochegger über Ovomaltine, die Zeit, als er ein "Arschloch" war, Funkstille zu Grasser und Meischberger, die Telekom Affäre und warum er kein Freimaurer mehr ist. 

KURIER: Herr Hochegger, wäre die manipulative PR, wie Sie sie einst mit Ihrem Bruder gemacht haben, heute noch möglich?

Peter Hochegger: In der Art und Weise sicher nicht. Aber vom Wesen, dass Dinge inszeniert werden – daran hat sich sicher nichts geändert. Es gibt zwei Prinzipien, die über die Jahrtausende gelten: „Teile und herrsche!“ und „Brot und Spiele“. 

Was genau funktioniert heute nicht mehr?

Das gesellschaftliche Umfeld hat sich geändert. Als wir in das Geschäft eingestiegen sind, gab es eine Aufbruchstimmung. Die Märkte sind gewachsen, das war für die Unternehmen ein Eldorado. Von heute gerechnet wird es in zehn Jahren 90 Prozent der Arbeitsplätze nicht mehr geben. Produkte, die uns lieb und teuer geworden sind, wird es auch nicht mehr geben. Wir unterliegen einem extremen Wandel und deshalb sind die kommunikativen Herausforderungen völlig andere.

Das heißt, Sie meinen die KI wird die PR ersetzen?

Nicht nur die PR, sondern die Arbeitsplätze. Die Kombination zwischen KI und Robotik wird so viele Arbeitsplätze verschwinden lassen – das können wir uns heute noch gar nicht vorstellen. 

In Ihrem Buch sind viele Kunden und PR-Strategien genannt, die aufgegangen sind. Eine davon war, dass Sie aus dem Reaktorunglück in Tschernobyl Profit geschlagen haben, indem Sie vor angeblich verstrahltem Leitungswasser warnten und die Vorzüge von Mineralwasser priesen. Haben Sie sich nie gefragt, ob das redlich ist?

Heute würde ich das nicht mehr machen. Damals wollten wir aufsteigen, zufriedene Kunden haben. Wir haben nicht eine Sekunde darüber nachgedacht, dass das, was wir machen, nicht in Ordnung ist. Wir haben uns in der angelsächsischen Literatur schlau gemacht, wie man agieren muss, damit man in den Medien vorkommt. Es geht um 5 Schlagworte: Angst, große Namen, Sex, Kriminalität und Konflikte. Wenn man zwei, drei Elemente hat, dann ist man schnell in den Medien.

Ist es heute einfacher oder schwieriger, die Menschen zu belügen und ihnen Angst zu machen?

Es ist viel schwieriger, denn die Menschen beginnen, die Dinge zu hinterfragen, sie erkennen, wie sie ständig von großen Konzernen belogen werden. Wir haben damals flott mitgeholfen und waren stolz darauf, dass wir mit dazu beigetragen haben, die Gewinne nach oben zu treiben. 

Peter Hochegger

Sie haben es geschafft, Ovomaltine als gesundes Kakaogetränk zu vermarkten. 

Uns ist aufgefallen, dass das Gesundheits- und Umweltbewusstsein bei den Menschen zunimmt. Das nannte man Issue-Kommunikation. Zudem haben wir recherchiert, dass wir für die Kommunikation glaubwürdige Testimonials brauchen. Deshalb waren wir immer auf der Suche nach Experten und Wissenschaftern. Und wir haben auch Vereine selbst gegründet. Später haben wir das über bestehende NGOs gespielt.

Gab es jemals ein Angebot, dass sie als zu unmoralisch erachtet haben?

Einmal ist die Firma Monsanto an uns herangetreten. Sie wollten, dass wir das Hormon für die Turbo-Kuh promoten. Ich habe damals den Manager gefragt, was seine Frau dazu sagt. Er sagte darauf: Sie ist total dagegen.  Dann habe ich ihm gesagt: Sehen Sie, deswegen machen wir das nicht.

Haben Sie manchmal Ihre Frau gefragt, ob Sie einen Auftrag annehmen sollen oder nicht?

Nein, das habe ich nie gemacht. Leider!

Peter Hochegger: "Wenn ich die Fußfessel habe, mache ich den Nachtportier"

Wer hat eigentlich gewusst, wie Sie arbeiten, welche Methoden Sie verwenden?

Die Beispiele, die Sie angesprochen haben, waren Teil unserer Tätigkeit, das hat die ganze Firma gewusst. Als es in die Zusammenarbeit mit der Telekom ging und wir Zahlungen ausgelagert haben, da habe ich meine Firma nicht eingebunden. Aus dem Grund heraus: Ich wollte sie damit nicht belasten und wahrscheinlich auch, weil ich im tiefsten Inneren gewusst habe: Das ist nicht in Ordnung.

Sie wussten, dass Sie moralische und ethische Grenzen überschreiten?

Die Telekom hat irgendwann mit einer politischen Partei, ich nenne jetzt keine Namen, vereinbart: Die kriegen im Jahr 100.000 Euro für Wahlkämpfe, für was auch immer. Und dann musste man Projekte finden, zu denen man diese Summen zuordnen konnte. Da habe ich meine Mitarbeiter nicht eingeweiht, dass das für einen Wahlkampf ist und habe einfach gesagt: „Ja die Rechnungen kommen dazu, da geht es um eine Studie, das hat die Telekom selbst sich ausgesucht“. Damit war das für alle in Ordnung.

Peter Hochegger

Peter Hochegger in der Milchbar mit Christian Böhmer und Johanna Hager

Gäbe es im Pass eine Berufsbezeichnung: Was stünde bei Ihnen?

Manche Freunde sagen: „Peter, Du warst ein Großmeister der Inszenierung“. Im Buch haben wir es mit „Täuschen und Schmeicheln“ beschrieben. 

Würden Sie sich als Lobbyist bezeichnen oder als PR-Experte? Beides hat ein negatives Image auch wegen Karrieren wie ihrer...

Ich habe Wirtschaft studiert, die Ausbildung zum Unternehmensberater gemacht und mich immer als Berater gesehen. Ein Berater hört zu, stellt die richtigen Fragen und legt dann gute Lösungen auf den Tisch. Und ich habe immer meine Kunden gefragt. Zum Beispiel den Herrn Sundt: „Können Sie sich vorstellen, in der Telekom-Branche die Rolle des Themenführers zu übernehmen?“ Er hat gesagt: „Ja“ und dann haben wir ihn als Themenführer inszeniert. 

Im Buch schreiben Sie, er hätte keine Email ohne Sekretärin schreiben können.

Das stimmt. 

Und so jemandem trauen Sie zu, die Themenführerschaft zu übernehmen?

Deswegen habe ich ihn ja gefragt und er hat ja gesagt. Ich habe ihm auch gesagt, dass wir jemanden aus dem Unternehmen brauchen, der auch technisch in der Lage ist, die Dinge bis ins letzte Detail zu erklären und die Zukunftsvisionen dieser Potenziale zu skizzieren. Darauf sagte er: „Suchen Sie sich einen. Gehen Sie runter in die Netzplantechnik, da gibt es den Boris Nemsic, reden Sie mal mit dem.“ Ich habe mit ihm eine Stunde gesprochen und gewusst, dass das der ideale Mann dafür ist. Und dann sind sie immer zu zweit aufgetreten. 

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Was machte Sie zum idealen Mann für andere? 

Es ist ein Mix. Ich bin in der Steiermark aufgewachsen, hatte viele Freiheiten und musste mir immer wieder den Weg suchen, wie ich überlebe. Das Zweite, das mitspielt: ich habe einfach das Talent zu fragen und zuzuhören. Was ich im Studium gelernt habe – und deshalb ist ein Studium wichtig: Dass man sich in Aufgabenstellungen vertieft, Analysen macht und aus diesen Analysen heraus Vorschläge entwickelt. Ich hatte auch das Glück, einen guten Deutschlehrer zu haben, der gesagt hat: „Da gibt es die These, die Antithese. Das muss man gegenüberstellen und dann gibt es die Synthese. Und so sind viele Elemente in meinem Leben aufgetaucht, die mich letztendlich auch beruflich inspiriert und geformt haben.

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Gernot Schieszler

Sie haben Vereine gegründet, sogar eine eigene Partei, haben Schmiergeld verteilt, Journalisten instrumentalisiert, Unternehmen geschädigt. Ist es Zufall, dass nicht schon früher viel Schlimmeres passiert ist?

Ich würde sagen: Das war Zufall. Deswegen habe ich auch den Titel "Schattenrepublik“ von mir persönlich abgeleitet. Die Gier, die Sucht nach Erfolg, das war bei mir vorhanden. Immer der Beste zu sein. Indem ich so gedacht und gefühlt habe, bin ich auch auf Menschen gestoßen, denen das auch ein Anliegen war. Und dann bildet sich eine Clique, die zum eigenen Vorteil und zum Nachteil vieler Tricks, Tarnen und Täuschen Dinge umsetzt. Mir ist damals überhaupt nicht in den Sinn gekommen, dass das nicht gut ist. Ich war stolz darauf, wie schlau wir für unsere Kunden waren.

Man muss sich Ihren Lebenswandel vor Augen führen: Sie hatten ein 250 Quadratmeter Penthouse, fuhren einen Maserati. Es gab nichts, was Sie sich nicht hätten kaufen können. Waren Sie zufrieden?

Zufrieden war ich überhaupt nicht. Ich war ein totunglücklicher Mensch, habe es aber nicht gemerkt. Ich hatte die letzten zwei Jahre, bevor das hochgeflogen ist, Alpträume, aber ich hatte nicht die Kraft, irgendwo auszusteigen, weil ich die Tür nicht gesehen habe zum Ausstieg. Ich bin so dankbar, dass das alles in die Luft geflogen ist. Man fragt mich immer noch, was wäre, wenn das nicht gewesen wäre? Dann würde man nicht da sitzen, weil da hätte ich schon einen Herzinfarkt gehabt.  

War das die Summe aller Ereignisse, die Sie nicht hat schlafen lassen?

Ich war ein Meister im Verdrängen. Und wenn man die Dinge verdrängt: Die Energie ist ja trotzdem vorhanden und irgendwo war das Gefühl: Das war nicht in Ordnung. Irgendwann haben die Alpträume begonnen. Ich habe geträumt, ich verliere alles. Und irgendwann, ein Jahr bevor es hochgegangen ist, hat mir meine Ex-Frau gesagt: Du glaubst, Du bist unfehlbar, aber irgendwann wird es Dich erwischen. Ich habe mir gedacht: Du bist  ja völlig ahnungslos, mir kann nichts passieren, bin bestens vernetzt.  

Als Sie am Zenit waren: Von welchen Dimensionen sprechen wir wirtschaftlich? Sie hatten 50, 60 Mitarbeiter…

Nein, in unserer besten Zeit waren es 100. Ich immer alles in die Expansion investiert. Wir haben dann auch zusätzliche Unternehmen aufgebaut, haben eine Lebensmittelfirma gehabt. Ich war beteiligt an Segway, das sind diese Roller. Dann haben wir in Windparkprojekte in Osteuropa investiert. Mein Barvermögen war nicht so groß. Ich habe mich Gott sei Dank im Jahr 2007 scheiden lassen und konnte dadurch meine und meine Tochter abfertigen.  

Peter Hochegger: "Wenn ich die Fußfessel habe, mache ich den Nachtportier"

Walter Meischberger

Ihre Frau und Ihre Tochter hatten also schon ein Gefühl, dass Sie quasi auf die Nase fliegen werden?

Ich habe meine Frau in die Details nicht eingebunden, aber Frauen haben ein gutes Gespür. Und, was ich damals war: Ich war auch sehr überheblich und habe das überhaupt nicht gemerkt. Im Jahr 2011 ist meine Tochter nach Brasilien mitgefahren, wir haben Dinge reflektiert, und ich habe gesagt: „Na, wie ist das für dich gewesen?“ Da sagt sie: Du Papa, es ist gut, dass es passiert ist. Ich habe damals zwar von dir irrsinnig viel Geld gekriegt, aber für mich hast du überhaupt keine Zeit gehabt. Du hast Dich zu einem richtigen Arschloch entwickelt, genau wortwörtlich, und jetzt bist du wieder ein lieber Papa und ich habe gelernt mein Leben selbst zu gestalten.  

Um Ihre Ausdrucksweise zu gebrauchen: Woran hätte ich damals festgemacht, dass Sie ein Arschloch sind?  

Meine Tochter hatte Geburtstag, ich habe sie zwei Tage später angerufen und hab ihr seinen Geburtstag gratuliert. Ein zweites Beispiel: Wir haben uns getroffen, mein Handy hat pausenlos geläutet, ich habe abgehoben und nicht zugehört. Ich war so in einem System drinnen und habe es selber nicht gemerkt.  

Hatten Sie noch Freunde?

Ich habe das Riesenglück gehabt, dass sich zwar viele von mir abgewendet haben – aber das waren diese oberflächlichen Freundschaften, Zweckfreundschaften. Aber die Freunde, die ich hatte, die sind mir geblieben. 

Bis heute? 

Bis heute, ja. Das Riesenglück, das ich hatte – obwohl ich dann schon geschieden war –  war, dass meine Ex-Frau zu mir gestanden ist, mich überall unterstützt hatte, wo sie konnte und auch der Rest meiner Familie. Das heißt, ich bin nicht ins Leere gefallen, sondern ich hatte ein Netz.  

Ihre Welt wurde eine andere als unser heutige Kollege Kid Möchel Sie in Bulgarien anruft, wie Sie im Buch schreiben.

Ich kann mich noch genau erinnern, ich habe nicht gleich abgehoben, weil ich noch in einem Meeting war. Ich habe dann die Mobilbox abgehört und er hat ganz emotionslos gesagt: „Herr Hochegger, wir wissen, Sie waren bei der Buwog dabei. Wir schreiben morgen eine Geschichte, wenn Sie wollen, können Sie bis morgen noch ein Statement abgeben.“ Das war sehr bestimmt und sehr klar. In dieser Sekunde habe ich gewusst, mein Leben wird sich von Grund auf ändern, es wird kein Stein auf dem anderen bleiben.  

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Peter Hochegger: Die Schattenrepublik. edition a. Euro: 25,70 Euro

Kamen bei der BUWOG aus Ihrer Sicht die richtigen Menschen zur richtigen Zeit am richtigen Ort zusammen? Wann wurden Sie, Walter Meischberger und Karl-Heinz Grasser eine eingeschworene Interessensgemeinschaft?

Wir waren eine eingeschworene Interessensgemeinschaft bis zum Jahr 2003. Ich hatte einen Folgeauftrag zur Roadshow gewonnen, das „Unternehmen Österreich“, 2,7 Millionen Euro und gleichzeitig ist die Diskussion losgebrochen über die Internetplattform.

Sie meinen Karl-Heinz Grassers Homepage als dieser Finanzminister war...

In diesem Zusammenhang wurde in den Medien erwähnt: Hochegger hat schon wieder einen Auftrag über 2,6 oder 2,7 Millionen Euro. Ich habe mich dann Matthias Winkler (Grassers damaliger Kabinettschef) ausgetauscht und wir sind beide zum Schluss gekommen: „Es hat keinen Sinn, es hört uns keiner zu. Und daraufhin habe gesagt, ich möchte den Auftrag zurücklegen. Meischberger und Grasser waren stinksauer, haben gesagt: „Das ist ja ein Witz. Das Gewitter, das verzieht sich wieder.“ Ich habe ich gesagt: „Ja, mag sein, aber in meiner Agentur habe ich derartig viele Widerstände und das ist sinnlos. Also das schaffe ich nicht.“ Sie haben gesagt, das sind lauter Hasenfüße, Du bist okay, aber mit Deiner Agentur kann man nicht mehr zusammenarbeiten. Und damals hat es sozusagen einen Bruch gegeben. Wir haben keine politischen Aufträge mehr angenommen, aber wir hatten eh genug aus der Wirtschaft. Das Verhältnis mit Grasser und Meischberger war okay, aber nicht mehr so tief wie davor.  

Peter Hochegger: "Wenn ich die Fußfessel habe, mache ich den Nachtportier"

Wie stelle ich mir das Verhältnis vor: Man geht dann nicht mehr auf einen Kaffee?

Wir hatten bestimmte Ebenen miteinander. Da war das Seitenblicke-Magazin, das hatte ich mit Meischberger zusammen. Es gab auch mit Grasser immer wieder Möglichkeiten, sich zu treffen. Aber es war nicht mehr so wie davor. Und bei der BUWOG war ich ja nicht die erste Wahl. Da gab es einen Baumeister, der hat auch schon bei der Immofinanz und bei Raiffeisen vorgefühlt. Dann ist man aber zum Schluss gekommen: Der hat zu hohe Provisionsvorstellungen und außerdem Peter Hochegger arbeitet für die Immofinanz, also binden wir ihn halt ein. Das war im April 2004. Dann bin ich dazugekommen.

Der Masterplan, wie das alles zustande kam: Wie hat man sich das als Bürger vorzustellen? Man  trifft sich in der Johannesgasse im Finanzministerium, in einer Hotelbar bei Ihnen in der Agentur, was dann irgendwann später dazu führt, dass Walter Meischberger sagt: Wo war meine Leistung?  

Dieser Masterplan und diese Zeichnung stammt von Willi Berner. Ich habe Willi Berner im Sommer 2000. Da ging es um die Versteigerung der UMTS-Lizenzen. In Deutschland sind große Erträge erwirtschaftet worden. Es war klar: Das kann man der österreichischen Wirtschaft nicht zumuten und hat eine Agentur gesucht, die das begleitet, um die Wirtschaft und Bevölkerung aufzuklären, dass man das in Österreich nicht erwarten kann. So habe ich den Berner kennengelernt und auch einen Auftrag gehabt. Dann sind wir öfters zusammengesessen und er hat gesagt: „Du, wir könnten Dich bei Privatisierungen einbinden.“ Ich habe gesagt: „Ich bin überall gern dabei. Ich habe gute Kontakte zu Meischberger, Plech, Grasser. Im Jahr 2004 war ich gar nicht die erste Wahl bei der BUWOG-Privatisierung. Ich habe zwar meine Bereitschaft dargelegt –  wenn es irgendetwas Interessantes gibt, dann bin ich dabei. Ich bin ihm auch gar nicht böse, also: Es hat halt gepasst und das war auch gut für die Behörden, weil sie hatten sozusagen einen Tatplan.  

GRASSER-PROZESS: WICKI / TOIFL / STARZER / THORNTON / PETRIKOVICS / HOCHEGGER

GRASSER-PROZESS: WICKI / TOIFL / STARZER / THORNTON / PETRIKOVICS / HOCHEGGER

Nur damit wir das klar machen: Im Prinzip ging es immer darum, dass Menschen in der Verwaltung, in der Politik etwas wissen. Sie wollen in dem Fall die BUWOG-Wohnungen verkaufen. Und wenn man schon weiß, dass das passieren wird, kann man ja als Privater oder als Unternehmer mitschneiden. Das ist das Theoretische. Als gelernter Österreicher weiß man: Wenn mehr als drei Leute irgendwo bei einer Sitzung dabei sind, dann erfährt das ja irgendwann jemand. 

Diese Fragen, die Sie sich stellen, die haben wir uns damals überhaupt nicht gefragt. Das war im April 2004. Meischberger sagt zu mir: „Peter, wir könnten dich brauchen. Bei der Vergabe der Bundeswohnungen. Ich sagte: „Ja, wie schaut das aus?“ Er sagte: „Du kannst locker eine Million Euro verdienen.“ Das war die Karotte am Teller. Ich habe die Million Euro gehört und habe mir gedacht: Hoffentlich bin ich dabei. Und eine Woche später sagt er zu: „Wir brauchen Dich. Es geht darum, das Österreich Konsortium zu beraten, damit sie den höchsten Preis bieten. Du bist sozusagen auch ein Berater der Immofinanz, Du hast dort die Akzeptanz, wir wollen Dich einbinden.“ Dann habe ich zu ihm gesagt: „Ja,  mache ich gerne, aber ich habe von Immobilien keine Ahnung. Bitte schick den Ernst Plech zum Petrikovics (Karl Petrikovics, damals Vorstand Immofinanz) der soll mir erklären, dass es hier eine Struktur gibt. Wie meine Aufgabenstellung - nämlich den höchsten Preis zu erfahren – möglich ist. Ich musste meine Kontakte offenlegen.

Und wo Ihre Leistung ist.  

Genau. Meischberger wurde nie namentlich erwähnt, aber Plech. Plech war in der Buwog drinnen, hatte eine Nähe zu Grasser. Das heißt, für die Immofinanz und für die Raiffeisen Oberösterreich war klar: Da gibt's den Peter Hochegger, der wird uns beraten, wie wir den höchsten Preis bieten.  

Im Prinzip ist beraten ein Euphemismus. Es ist ja nur darum gegangen, dass irgendwer…

...Geheimnisverrat betreibt. Das wussten alle Beteiligten. 

Wie geht es einem dann, wenn der Tag X kommt und der Zuschlag  da ist?

Ich kann mich erinnern: Ich habe mich mit Walter Meischberger getroffen, irgendwo in einem Lokal. Da hat er gesagt: „Super, jetzt haben wir den Zuschlag, aber wir müssen den Ball flach halten, weil das war ja so knapp – die Entscheidung – und wir werden uns dann im Herbst mit der Immofinanz und mit der Raiffeisen zusammensetzen und schauen, wie wir das Ganze abwickeln.“ Das heißt, ich hatte die Gewissheit, da gibt es irgendwann eine große Provision, aber ich kann mich jetzt nicht erinnern, dass das für mich eine tiefe Zufriedenheit ausgelöst hat.  

Das Verhältnis, das sie zueinander hatten, das basiert auf wahnsinnig viel Vertrauen.  

"Buddies in crime". Es war der Anruf von Kid Möchel, da wusste ich: Alles ändert sich. Dann schaltet man um in eine Art Krisenmodus.  

Peter Hochegger: "Wenn ich die Fußfessel habe, mache ich den Nachtportier"

Gehört zu diesem Krisenmodus bei Peter Hochegger, dass er beginnt, seine Buddies zu verraten, weil nichts anderes würde man wahrscheinlich jetzt von Karl-Heinz Grasso oder Walter Meischberger hören. Sie waren Kronzeuge und haben Ihre „Buddies in Crime“ schwer belastet.  

Na ja, das sind ja Stufen. Ich habe dann den Petrikovics angerufen und gesagt: „“Wie gibt es das, dass das publik ist?“ Da hat er gesagt: „Ja, mein Finanzvorstand hat das schon vor Monaten bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt - das hat halt nur so lange gedauert, bis das aufgepoppt ist.“ Dann habe ich mir einen Termin ausgemacht mit meinem damaligen Anwalt Gabriel Lansky. Und der hat gesagt: „Peter, das ist ja Wahnsinn! Eigentlich sollte das gleich auswandern, was jetzt auf Dich zukommt.“ Und dann war klar, was die nächsten Schritte. Er hat gsagt: „Ich muss sofort den Meischberger ins Boot holen, dass er auch eine Selbstanzeige macht.  Das ist das erste. Dann habe ich mit dem Meischberger Kontakt aufgenommen, wir haben uns getroffen. Er wollte mich noch davon abhalten, hat gesagt: „Nimm das auf Dich alleine, weil, wenn mein Name ins Spiel kommt, dann gibt es gleich den Ruf nach dem Untersuchungsausschuss.“ Aber da hab eine gute Beratung gehabt, das strategisch durchzuziehen. Und dann hat er eine Selbstanzeige gemacht und ich eine Selbst-Anzeige. Und dann sind automatisch die nächsten Schritte schon vorgegeben gewesen.  

Peter Hochegger: "Wenn ich die Fußfessel habe, mache ich den Nachtportier"

Norbert Wess und Karl-Heinz Grasser

Ist ab diesem Zeitpunkt dann der Kontakt zwischen beispielsweise Herrn Meischberger oder Herrn Grasser auf Null oder telefoniert man dann nachdem die Selbstanzeigen getätigt wurden dennoch noch, unterhält sich am Laufenden?  

Das war schon vorher auf Null – seit dem Jahr 2008. Ich bin aus der gemeinsamen Firma 2007 ausgetreten und 2008 hat eine meiner Tochterfirmen die Beratung der Investoren von Meinl International Power übernommen –  wie kriegst Du Dein Geld wieder zurück. Und dann waren beide bös auf mich – Meischberger und Grasser. Und dann war auch Funkstille.  

Sie waren auch ein Einzelkämpfer und haben nur mit ihrem Anwalt überlegt, was ist für mich jetzt die ideale Lösung und nicht gemeinsam mit den Anwälten oder den anderen Mandanten?

Nein, da gab es ja auch keinen Kontakt mehr. Mein Anwalt hat auch gesagt: „Peter, Du musst jetzt schauen, dass du aus der Nummer rauskommst. Wenn die wollen, die können Dich auch überlassen.“  

Sie beschreiben es auch im Buch, dass es eine große Überraschung war, als Sie sich schuldig bekannt haben im Prozess. Es hat Ihnen am Ende des Tages aber doch nicht so viel geholfen.

 Na, ist es das herausgekommen, was wir am Beginn erwartet haben. Mein Anwalt, der Leo Leonhard Kregcjk, hat sich das angeschaut und gesagt: „Peter, schau her, da wird für Dich ein Urteil herauskommen –  drei Jahre und ein Jahr unbedingt.“ Dann habe ich gesagt: „Ja, das ist sehr schwer in Ordnung, damit kann ich leben. Und das hat dann der Oberste Gerichtshof dann auch so befunden.“ 

Wann war für Sie der Punkt, wo Sie vielleicht in diesen anderen Modus geschalten haben? 

Ich habe das Glück gehabt, dass ich vor der Verhandlung Telekom, in der Josefstadt war. Ich hatte einen Zellenkollegen und der hatte das natürlich alles beobachtet und sagte: „Peter, Du hast am Dienstag die Verhandlung, mach‘ ein Geständnis, vielleicht kriegst Du nur eine Bedingte.“ Sag ich: „Tom, ich habe nichts zu gestehen, ich bin da völlig unschuldig verurteilt worden.“ Sagt er: „Ja, ich weiß eh, 90 Prozent der Leute, die da reden, sind unschuldig. Setz Dich hin und schreib‘ ein Geständnis, das kann ja nicht schaden und legt mir ein paar Blätter Papier und einen Kugelschreiber. Die ganze Wochenende war zugesperrt, also man ist auf sich selbst gestellt und dann habe ich mal so ein bisschen zu nachdenken angefangen, mich in die Rolle von Gernot Schieszler (Kronzeuge Telekom) hineinversetzt und von den Staatsanwälten.  Und dann war mir plötzlich klar: Ich wollte den Gorbach (FPÖ-Minister Hubert Gorbach) nie nennen, weil der Gorbach ist zum Schieszler gekommen und hat gesagt: „Könnt Ihr mir nicht den Wahlkampf finanzieren?“ Schieszler fragt mich: „Was machen wir?“ Ich sag: „Ja, das könnten wir mit einer Testimonial-Kampagne machen. Gorbach setzt sich ein für den Breitbandausbau, Ihr finanziert Inserate, Spots, was auch immer.“ Dazu ist es nicht gekommen, weil der Gorbach nicht Spitzenkandidat geblieben ist und man das schon budgetierte Geld dann für andere Dinge, den BZÖ-Wahlkampf, verwendet hat. Mir ist dann im Gefängnis klar geworden: Ich wollte den Namen Gorbach nie nennen. Ich wollte die Leute aus dem System nicht nennen. Ich wollte auch Grasser nicht nennen. Und dann haben wir gedacht: Na, um meinen eigenen inneren Frieden zu finden, muss ich einfach sagen, wie das alles war.  

Peter Hochegger: "Wenn ich die Fußfessel habe, mache ich den Nachtportier"

Andere würden wahrscheinlich sagen: Sie haben sie über die Klinge springen lassen.  

Ja, ich habe erklärt, was war meine Rolle, wie habe ich es gemacht, was habe ich gemacht und sich ständig selbst und auch die Öffentlichkeit anzulügen, das bringt nichts, das bringt niemand etwas.  

Hätte es nicht vor der Haft den Moment der Einsicht geben können? 

Das war überhaupt nicht möglich, weil davor habe ich mich immer in die Opferrolle begeben. So wie Meischberger – „die Justiz, die verfolgt mich“. Ich habe mein Vergehen bei dieser Geschichte gar nicht gesehen. Die Buwog war noch kein Thema. Ich hab sehr viele Dinge offen gelegt und das haben mir die Staatsanwälte gesagt: „Hochegger hat uns viel erzählt, aber nicht alles“. Es war noch nicht so weit. Und dann, in einer Situation, wo man plötzlich Zeit hat, nachzudenken, zu schauen: Was habe ich eigentlich gemacht? Was war mein Leben? Das hatte ich vorher nicht. Die Zeit habe ich mir nicht genommen. Und ich habe das alles verdrängt.  

Sie schreiben an einer Stelle in Ihrem Buch, dass sie 2019 Christian Mattura getroffen haben. Eine schwierige Begegnung, weil er als Sprecher der Automatenindustrie direkt durch Ihre Arbeiten quasi geschädigt wurde. 

Es war so: Wir haben die Novomatic als Kunden durch Meischberger bekommen. Es gab die Aufgabenstellung: W kommen Sie zu einer Online-Lizenz und natürlich auch darum, wie kann das Unternehmen sich positionieren. Ich habe gesagt: „Internationaler Technologiekonzern, viele Arbeitsplätze, weltweit erfolgreich und dann ist natürlich auch über die Konkurrenz gesprochen worden. Wie schaut die Konkurrenz aus?“ Da hieß es: Die Konkurrenz sind lauter Halbseidene. Unternehmer, die zahlen eine Steuern nicht. Und dann habe ich gesagt Dann werden wir sie ein bisschen abholen dort, kriminalisieren. Liefert den Behörden die Informationen, schaut Euch das genau an!“ Und das ist letztendlich passiert. Ich habe mir gedacht, ich tue etwas Gutes, der Markt wird bereinigt, ein erfolgreiches Unternehmen wird noch erfolgreicher. Ich habe mir aber nicht vorgestellt, dass das natürlich viele andere betrifft.  

Peter Hochegger: "Wenn ich die Fußfessel habe, mache ich den Nachtportier"

VERHANDLUNG DER BUNDESDISZIPLINARBEHÖRDE GEGEN DEN SUSPENDIERTEN SEKTIONSCHEF CHRISTIAN PILNACEK

 

Sie haben auch nie Menschen getroffen, die Ihnen ins Gesicht gesagt haben: Weißt Du was Peter, Du hast zwar viel Geld verdient damit, aber das geht eigentlich nicht so, wie du das machst.  

Ich habe dann natürlich im Zuge der letzten Jahre Menschen getroffen und gesagt: „Das tut mir leid, das war einfach nicht in Ordnung.“ Das hab‘ ich immer individuell gemacht. Also ich bin nicht irgendwo offen aufgetreten, habe gesagt hier bin ich und ich war so schlecht und so. Ich habe schon auch bei den Verhandlungen gesagt: „Ja, es war ein Fehler, es tut mir leid, ich bereue das.“ 

Aber als Sie aktiv waren, haben Sie sich nicht gedacht: „Ja, den habe ich jetzt geschädigt, aber so ist das Business, so ist halt der Markt frei?“  

Ich bin 2009 von einem Tag auf den anderen aus der Geschichte, aus der Nummer rausgeflogen und in der Zeit bis dorthin hätte ich diesen Gedanken ja gar nicht gehabt.  

Ich korrigiere mich, weil es natürlich nicht Türkis-Blau war, sondern Schwarz-Blau. Sie waren, das erfährt man auch in Ihrem Buch, bei vielen Verbindungen dabei. Durch Ihren Bruder bei Scientology, Sie waren Teil schlagenden Verbindung, Mitglied der SPÖ, Mitglied der FPÖ, Sie waren Freimaurer – wurden aber bei der Loge hinauskomplimentiert, weil Sie so gearbeitet haben, wie Sie gearbeitet. Lässt es den Schluss zu, dass Sie ein Opportunist sind?  

Also bei dem Freimann ist es so: Man kann dort nur dabei sein, wenn man ein Mann von gutem Ruf ist und mit der Anklage war ich kein Mann von gutem Ruf.  

Aber Sie müssen einmal einer gewesen sein, sonst wären Sie ja nicht gefragt worden?

Wenn man jetzt beginnt bei der Burschenschaft, da gabs einen Studenten in der HTL, der war ein Riesenvorbild. Der kam aus den USA, hat dann begonnen dort in Österreich in die Schule zu gehen und war einfach ganz anders als die anderen.  Marlon Brando-Schirmmütze, Lederjacke, Cowboystiefeln, ein Sportler durch und durch und er war bei den Schlagenden. Da habe ich mir  gedacht: Das sind tolle Typen, da würde ich auch gerne dabei sein. Wie meine Schulzeit dann zu Ende war, da war mir schon klar, dass das nicht so das Ideale für mich ist. Dann kam ein Mensch in mein Leben, der mich fasziniert hat. Das war der Bruno Kreisky. Der hatte eine Sprache und eine Art und Gabe, Dinge vorzustellen, die man bis dahin noch nie gehört hat. Er hat einfach bei jungen Menschen eine Aufbruchstimmung erweckt. Dann habe ich gesagt: „Okay, jetzt gehen wir zur SPÖ dazu.“ Nach dem Studium bin ich wieder ausgetreten – mein Bruder nicht, weil ich  mir gesagt hat, als Unternehmer ist es nicht gut, wenn du irgendwo dabei bist. Dann kam die Frage des Bundesheers. Weder mein Bruder noch ich wollten zum Bundesheer gehen, wir waren ja schon selbstständig. Wir hatten jemanden kennengelernt, einen Geschäftsführer einer EDV-Gesellschaft, und der war ein enger Freund von Norbert Steger (FPÖ-Chef). Den habe ich gefragt: „Geht das irgendwie, dass man da aus wirtschaftlichen Gründen nicht zum Bundesheer muss?“ Sagte er: „Ja, ja, kein Problem. Ihr seid jetzt Unternehmer, das können wir schon richten.“ Er ist dann zu uns ins Büro gekommen, hat gesagt: „Geht's zum Herrn Sowieso im Parlament, parlamentarischer Mitarbeiter, dem erklärt ihr alles, bringt Unterlagen mit. Und zum Schluss hat er ein Formular herausgezogen für den Beitritt zur FPÖ, den habe ich halt unterschrieben.“  

Sind Sie heute noch Mitglied der FPÖ?  

Nein, ich bin 1983 wieder ausgetreten im Zuge der "Österreich-Partei“.  

Haben Sie Grundwerte?

Was ich immer war: Ich war sehr friedensliebend, deswegen wollte ich ja nicht zum Bundesheer. Frieden ist für mich ein ganz wichtiger Wert, weil die Kriege, die bringen so viel Unheil für Länder, für Menschen, das ist für mich ein ganz wichtiger Wert. Der Wert Freiheit ist auch wichtig, auch was Falsches macht, aber ich muss auch die Freiheit haben, einen Fehler zu machen. In Zeiten wie diesen geht es darum, Respekt vor den anderen zu haben. Und wenn man schaut, was sich in der politischen Landschaft abspielt, jeder hackt auf den anderen hin. Das war mir immer zu tiefst zuwider. Also das sind sozusagen meine Werte und deswegen war ich auch nie so der, der den Konflikt gesucht hat. Ich kann mich gut erinnern, das war ein Ministerialrat, der hat gesagt: „Herr Hochegger, ich sage Ihnen: Schauen Sie auf die Koalition der Vernünftigen, die geht immer quer durch alle Parteien. Und als Berater, wenn Sie erfolgreich sein wollen, dann schauen Sie, wo sie die festmachen können.“  

Peter Hochegger

Sie schreiben in der „Schattenrepublik“, das Problem ist, dass es immer Menschen in Machtpositionen gibt, die in wichtigen Situationen bei Gelegenheiten einfach nicht die Kraft oder die Lust haben, Nein zu sagen. Wie kriegen wir es hin, dass wir an diese Positionen Leute mit Rückgrat haben?  

Wir müssen in der Schule anfangen. Wir müssen die Kinder aufklären. Das, was die Schüler lernen, das ist, wie können sie sich im System zurechtfinden, wie werden sie gute funktionierende Systemerhalter. Wir müssen das viel kritischer sehen – was kann ich dazu beitragen, damit unser Staatswesen besser funktioniert. Was halt auch katastrophal ist: Wir haben ein Wirtschaftssystem, das sehr gewinnorientiert ist. Das heißt, andere Aspekte wie Nachhaltigkeit, wie soziale Aspekt – das wird in der Bilanz kaum abgebildet. Und ich habe einmal vor vielen, vielen Jahren einen Satz gelesen von Gandhi, der gesagt: „Es gibt genug Ressourcen auf dieser Welt, um die Bedürfnisse aller Menschen zu befriedigen. Es gibt aber nicht genug Ressourcen, um die Gier weniger zu befriedigen.“ Und das ist unser Dilemma. Ja, wir müssen weg von unseren materialistischen Zielsetzungen hin eher zu ideelleren Werten.  

Sie kommen auch in der Causa rund um den verstorbenen Sektionschef Christian Pilnacek vor, haben ihn kennengelernt in jener Zeit, als das Gespräch in einem Lokal aufgenommen wurde. Warum ist in fast jeder Causa Österreichs eine Verbindung mit Ihnen herzustellen?

Das hat mich der Verlagschef auch gefragt. Das war ein Zufall. Ich war in dem Lokal, in dem auch Christian Mattura und Herrn Rauball war. Raubal ruft mich und sagt: „Herr Hochegger, kommen Sie ruhig, ich lade Sie auf ein Glas Wein ein. Sie haben diesen Schweinen ordentlich eingeheizt. Und dann hat er mir jetzt seine Geschichte erzählt und auch, dass er den Pilnacek gut kennt, dass er ihn einbindet als Berater für ein Projekt in der Slowakei. Und er hat mir auch Pilnacek vorgestellt. Herr Rauball hatte zu diesem Biotop, in dem Pilnacek verkehrt ist, beste Kontakte. Da war auch die Assistentin Anna P. dabei, die dann den Laptop übernommen hat und den Herrn Raubal gefragt hat: „Was macht man mit diesem Laptop?“  Herr Rauball hätte zu einem Treffen hingehen sollen, wo man darüber beraten hat. Er wollte nicht hingehen, hat dann halt mich hingeschickt. Ich bin hingegangen und dann hat man gesagt: „Na ja, eigentlich den sollte man verschwinden lassen, weil das macht nur Wirbel und stört.“  

Aber Herr Hochegger, nach allem was Ihnen passiert ist, lassen Sie sich für so eine Causa X gleichsam einspannen? Oder ist die Neugier so groß, war es ein Dienst an einem guten Bekannten?  

Nein, ich bin ein Mensch, der intuitiv handelt. Ich habe es gemacht. Ich bin dorthin gefahren und dann sagt Anna P. „Ja, wir sollten den verschwinden lassen.“ Dann bin ich zum Raubeil gefahren und habe gesagt: „Die wollen den verschwindet lassen.“ Hat er gesagt: „Das geht nicht, das ist ein Beweisstück. Was soll man denn mitmachen?“ Sag ich: „Am besten – der muss zur WKStA. Und letztendlich hat's ja dann auch so funktioniert.

Über einen Umweg.  

Über einen Umweg.  

Fußfesselüberwachung

Was ist Ihre Arbeitshypothese, was passiert ist in jener Nacht als Christian Pilnacek verstarb? 

Der Herr Rauball hat mir bestätigt, dass er den Hauskauf zwischenfinanziert hätte. Dann frag ich ihn: „Wo kriegt er das Geld?“ Dann hat er mir gesagt, das kommt aus Dubai. Das waren für mich 20 Fragezeichen. Wo kriegt ein suspendierter Sektionschef 1,3 Millionen Euro aus Dubai her? Noch dazu bei einer Immobilie, die von einem engen Mitarbeiter vom Benko kommt? Diesen Fragezeichen muss man nachgehen. Wenn wir in unserem Land etwas verändern wollen, dann müssen wir solche Fragen stellen. Und das muss legitim sein. Vielleicht kommt doch nichts dabei heraus, aber es muss gemacht werden.  

Wir schreiben Mitte Ende September 2025. Karl-Heinz Grasser ist in Haft, Sie sitzen hier, gelten als haftfähig, wollen die Fußfessel…

Per Gesetz steht mir die Fußfessel zu und diese Woche wird der Antrag gestellt. Ich gehe davon aus, das hat mir auch mein Anwalt so gesagt, das hat aufschiebende Wirkung, also der kennt sich aus, also ich glaube ihm. Ich hatte auch schon vor meiner Abreise einen Wohnsitz und eine Arbeit organisiert. Das heißt, diese Voraussetzungen sind alle gegeben. 

Sie werden mit 76 einer Arbeit nachgehen müssen, um die Fußfessel zu erhalten?

Ja Das hat mir bei der ersten Möglichkeit, eine Fußfessel zu nehmen, mein damaliger Anwalt, Karl Schön, gesagt: „Ich habe da einen Verein, da können Sie mitarbeiten.“ Nur, ich wollte es nicht, weil ich bei meinem Neffen im Hotel hätte wohnen müssen. Das wollte ich ihm nicht antun. Da dachte ich mir, ich gehe lieber ins Gefängnis, ich habe meine Ruhe und er auch. Jetzt ist die Situation eine andere. Ich arbeite gerne. Ich habe einen Bekannten, der hat ein Hotel. Wenn ich die Fußfessel habe, werde ich dort wohnen und mache den Nachtportier. Das mache ich jetzt auch. Das heißt, bei Spätankünften mache ich die Tür auf für die Leute zum Zimmer. Ich habe drei oder vier Angebote von NGOs, die sagen: „Du kannst gerne bei uns mitarbeiten.“ Eines habe ich in Anspruch genommen. Ich stelle mir vor, dass das eine sehr spannende Geschichte wird.  

Und wenn Sie keine Fußfessel bekommen und die Zellentür hinter Ihnen wieder zugeht?

Die Frage habe ich auch schon mal beantworte. Okay, dann schreibe ich mein nächstes Buch.   

Peter Hochegger. "Schattenrepublik. Ein Lobbyist packt aus", edition a 288 Seiten, 26 Euro,

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