Das wirtschaftliche Netzwerk der Freimaurer
Immer noch gilt die in Logen organisierte mehr als 300 Jahre alte Freimaurerei als Geheimbund. Kaum ein Mitglied bekennt sich öffentlich dazu, obwohl es erlaubt wäre. Nur: Logenbrüder darf man nicht outen.
Wer nach wirtschaftlichen Verbindungen der Brüder untereinander recherchiert, gewinnt schnell den Eindruck, in Wien gebe es ohnehin keine Freimaurer. Vom KURIER zur Mitgliedschaft befragt, wird gemauert und geschwiegen. Dabei sind rund zwei Drittel der rund 3600 Mitglieder der Großloge Österreich in Wien.
Den Ball hat nun der burgenländische SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil aufgelegt, der in seiner Autobiografie „Hausverstand“ die Freimaurerei als Machtfaktor in der SPÖ, „Geschäftemaurerei“ und geheim organisierte Netzwerke „zu Jobs, Posten und schlussendlich immer zu wirtschaftlichem Vorteil“ darstellt. Georg Semler, Großmeister der Großloge und Außenminister der heimischen Freimaurer, dementierte im KURIER-Interview. Es gebe keine „Geschäftemaurerei“.
Milliarden-Beteiligungen
Das Wiener Rathaus mit seinen milliardenschweren Unternehmensbeteiligungen ist seit Veröffentlichung des Doskozil-Buches Mittelpunkt heftiger Spekulationen über den Einfluss von SPÖ-nahen Freimaurern. Tatsächlich dürften Manager und zwei hochrangige rote Stadtpolitiker Logenmitglieder sein. Als großer Strippenzieher gilt Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke. Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende und spätere Geschäftsführer der Wien Holding hat das Firmenimperium der Stadt unter sich. Die Wien Holding umspannt 30 Unternehmen, zu den Stadtwerken gehören 13 Beteiligungen inklusive der Wiener Linien und der Wien Energie. Hanke wollte ebenso wie Bürgermeister Michael Ludwig keine Stellungnahme zu einer Freimaurer-Mitgliedschaft abgeben.
Die beiden Holding-Chefs Kurt Gollowitzer und Oliver Stribl dementieren eine Mitgliedschaft. In der Wien Holding wird vor allem über Stribls Aufstieg als Fachverlags-Journalist spekuliert, dessen langjähriger Chef und Gründer Hans-Jörgen Manstein als Freimaurer gilt. Die einzige Frau in der Geschäftsführung, Sigrid Oblak, wurde vorzeitig demontiert und durfte sich nicht um eine Verlängerung bewerben. Oblak ist nicht die einzige Managerin im Reich von Hanke, mit der so umgesprungen wurde. Der Anteil von Frauen in Managementjobs ist dort bescheiden. Mit Frauenförderung hat es der Männerbund Freimaurer trotz gegenteiliger Beteuerungen offenbar nicht so.
Eine Frau jedoch sitzt in einflussreichen Positionen. Karin Rest, Geschäftsführerin der Vamed-KMB (betreibt die Technik des AKH), ist Aufsichtsratschefin der Holding. Sie ist auch im Aufsichtsrat der Stadtwerke und des Wiener Flughafens, an dem die Stadt 20 Prozent hält. Dort wurde jetzt Julian Jäger als Vorstand verlängert. Er soll vor Kurzem bei den Freimaurern angedockt haben. Jäger macht am Airport einen guten Job.
Der Partner der ehemaligen Rathaus-Mitarbeiterin Rest ist der Unternehmer und Lobbyist Robert Moser. Er erklärte auf die Frage nach einer Freimaurer-Mitgliedschaft, er sei keine Person öffentlichen Interesses. Moser gilt als hochrangiger Freimaurer, er sei mit Hanke befreundet und beide sollen in der Logen-Hierarchie höher stehen als Ludwig, wird kolportiert.
Mosers Art Pro Business Development berät laut Eigendefinition Kunden bei der Umsetzung von „komplexen, nachhaltig positiven Projekten“ in Wien. Außerdem ist er Prokurist der RedBus Tours, er feierte mit Hanke eine Kooperation mit dem Wiener Tramwaymuseum.
Der Kommunikator Ralph Vallon, ehemals Berater von Stadtwerken, Wiener Linien und Wien Energie, wird ebenfalls der Großloge zugerechnet. Er sei aber kein Freimaurer, sagt Vallon gegenüber dem KURIER.
Der SPÖ-nahe Wiener Anwalt Gabriel Lansky macht dagegen aus seiner Zugehörigkeit kein Geheimnis, „das ist bekannt“. Der Bauindustrielle und Neos-Sponsor Hans Peter Haselsteiner outete sich längst schon.
Unter den Wiener Logenbrüdern finden sich freilich auch ÖVPler. Karl Mahrer, ÖVP-Obmann von Wien, wird beispielsweise dazugerechnet. Er will darauf keine Antwort geben. Ebenso wie Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck, gut mit Ludwig und Hanke.
Ist die Freimaurerei entgegen den eigenen Beteuerungen also doch ein Karriere-Booster, hilfreich bei Aufstieg und Aufträgen?
„Viel zu bunter Haufen“
„Die Freimaurerei an sich ist kein wirtschaftlicher und politischer Machtfaktor. Dafür ist die Gruppe zu heterogen, ein viel zu bunter Haufen. Der Anteil an Spitzen-SPÖlern ist überschaubar“, meint der Historiker und Freimaurer-Experte Dieter A. Binder, ein Bürgerlicher. Aber es gebe eben, wie bei jedem Verein, „Leute, die die Mitgliedschaft für Kontakte nutzen“. So habe es beim AKH-Skandal „eine gewisse Dichte an involvierten Freimaurern gegeben, und beim Wohnbau-Skandal in Niederösterreich waren die schwarzen CV-er stark vertreten“.
Der legendäre Verbund-Chef Walter Fremuth (SPÖ) verhinderte einst die Aufnahme des damaligen parteinahen Managers und heutigen Krone-Kolumnisten Klaus Woltron bei den Freimaurern durch den Einwurf einer schwarzen Kugel. Seine Begründung: „Karrieristen haben wir schon genug“.
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