Freimaurer Michael Kraus: "Wir haben keine verschwörerische Kraft"
Michael Kraus, Chef und Eigentümer der Donau Finanz, Alt- und Ehrengroßmeister der Großloge von Österreich über Freimaurertum, Haltungsjournalismus und Hugo Portisch.
KURIER: Wie mächtig sind die Freimaurer in Österreich?
Sie sind gesund und stark wachsend. Derzeit gibt es etwa 4000 Mitglieder in 84 Logen. Mächtig sind sie nicht, weil das nicht dem Zweck der Freimaurerei entspricht. Wir wollen gesellschaftspolitische Verantwortung tragen, das ist Teil unserer DNA. Freimaurer haben auch den Auftrag, karitativ tätig zu sein.
Es ranken sich viele Verschwörungstheorien um den Geheimbund. Sie selbst haben 2007 ein Buch über die Freimaurer herausgegeben, das als Modernisierungssignal verstanden wurde.
Es gibt eine offizielle Person – den Großmeister. Alle anderen bleiben in der privaten Sphäre der einzelnen Logen. Und gerade in Mitteleuropa haben wir sehr strenge Regeln bezüglich der Geheimhaltung. Natürlich kann jeder von sich selber sagen, Freimaurer zu sein. Wobei es auch viele gibt, die das von sich behaupten, ohne es zu sein.
Warum? Weil sie sich Karrierevorteile erwarten?
Wahrscheinlich, weil man vermutet, dass wir tatsächlich eine verschwörerische Kraft hätten, was aber nicht der Fall ist. Das Buch habe ich eher als interne Erklärung verstanden, um Interessierte – wir nennen sie Suchende – authentisch zu informieren. Es gibt ja eine Menge polemischer Literatur über die Freimaurer. Dem wollte ich entgegenwirken. Es ging nicht um eine Öffnung.
Man wird vorgeschlagen, bewerben kann man sich als Freimaurer nicht, oder?
Man kann sich bewerben, aber über 90 Prozent werden von Mitgliedern vorgeschlagen.
Sie selbst nennen als hehres Ziel der Freimaurer, ein besserer Mensch zu werden, um als solcher in der Gesellschaft positiv zu wirken. Aber wie verhindert man, dass reine Karrieristen kommen, die zum Beispiel ahnen, dass in der Stadt Wien viele Freimaurer an wichtigen Stellen arbeiten?
Es geht um eine Bruderschaft, die nicht zufällig so heißt. Das ist wie der Eintritt in eine neue familiäre Situation, mit dem großen Unterschied, dass man sich die Familienmitglieder aussuchen kann. Daher sind wir sehr darauf bedacht und auch in der Lage, keine Trittbrettfahrer aufzunehmen.
Die könnte man ja wieder rauswerfen.
Das passiert sehr selten. Wir haben ein außerordentlich strenges Aufnahmeverfahren. Das ist kein Serviceklub. Es wird geheim abgestimmt, schon mit zwei negativen Stimmen ist man nicht dabei.
Gespräch mit Ehrengroßmeister der Freimaurer
Wird man geprüft?
Nein, aber es gibt Recherchen und persönliche Gespräche. Man muss einen guten Charakter haben, und wir versuchen, die positiven Eigenschaften zu verstärken, ohne dogmatisch und belehrend zu sein. Das geht aber nur in einer geschlossenen Gemeinschaft.
Und deswegen nehmen Sie keine Frauen?
Unter anderem auch deswegen. Weil derjenige muss ja auch bereit sein, sich gegenüber anderen zu öffnen, was bei Männern besonders schwierig ist, und in der Anwesenheit von Frauen geht es schon gar nicht.
Könnte dieses brüderliche Band nicht zum Problem werden, wenn zum Beispiel ein Richter einen Beschuldigten nicht verurteilt, nur weil sie beide Freimaurer sind?
Wir sind sehr darauf bedacht, diese Beziehungen nicht für geschäftliche Zwecke auszunutzen oder jemand Dritten deswegen zu benachteiligen.
Die heimischen Freimaurer gelten als eher sozialdemokratisch. Stimmt das?
Wir führen dazu keine Listen und fragen auch nicht nach der Parteizugehörigkeit. Man ist von jeder Partei eintrittsberechtigt, die im Verfassungsbogen der Menschenrechtsdeklaration der vereinigten Nationen steht. In Österreich ist keine Partei ausgeschlossen.
Christdemokraten sind wahrscheinlich eher nicht dabei, weil es zwischen Freimaurern und katholischer Kirche einen historischen Konflikt gab.
Ja, die Freimaurer haben ein schwieriges Verhältnis zur römisch-katholischen Kirche, die in ihrer Geschichte ja sehr autoritär war. Als „Kind der Aufklärung“ haben die Freimaurer aber alles Absolutistische bekämpft. Wer Freimaurer ist, ist daher nach wie vor exkommuniziert, wenngleich diese Interpretation aus interner, kirchenrechtlicher Sicht sehr umstritten ist. Übersehen wird dabei auch, dass die reguläre Freimaurerei keine Atheisten aufnimmt. Man muss bei uns an ein höheres Wesen glauben.
Es gab immer das Gerücht, dass Kardinal Franz König, der in den späten Sechzigerjahren einen Versöhnungsprozess einleitete, Freimaurer war.
Nein, das war er nicht. Aber er hat einen wichtigen Beitrag zur Entspannung geleistet.
Themenwechsel: Sie haben Hugo Portisch gut gekannt, hatten eine Filmproduktionsfirma, die mit ihm zusammengearbeitet hat. Vor seinem Tod haben sie seine Villa in der Toskana gekauft. Was bleibt von dieser Freundschaft?
Es war ein Privileg, mit ihm zusammenzuarbeiten. Er war, das darf ich jetzt sagen, weil er ja nicht mehr unter uns ist, auch Freimaurer.
Das hat er auch offen gesagt.
Ja, aber er hätte diese Beziehung nicht zum Anlass genommen, mich aufzufordern mit oder für ihn zu arbeiten. Ich habe gemerkt, was Journalismus für Hugo Portisch tatsächlich bedeutet und war beeindruckt. Ich habe ihm in wirtschaftlichen Dingen geholfen. Nach dem Tod seiner Frau, als ich sein Haus in der Toskana gekauft habe, war er ein begeisterter und ständiger Gast. Es war sein Herzenswunsch, dort eine Akademie zu errichten im Sinne dessen, was er von Qualitätsjournalismus hielt. Glücklicherweise sind nun Fachleute aus dem Journalismus auf mich zugekommen und haben mich gebeten, diese Idee umzusetzen.
Sie sind Sohn des Gründers der VDU (der Vorgängerpartei der FPÖ). Hat Sie das beeinflusst?
Mein Vater hat die VDU in der mutigen Absicht gegründet, eine wirklich liberale Partei nach englischer Tradition in Österreich zu etablieren. Er war Illusionist, vielleicht sogar Utopist und ist damit gescheitert. Ich war daher seit Kindestagen sehr nahe an der Politik aber erst wegen meiner Frau (Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler) habe ich plötzlich die Politik und das Regieren aus einer neuen, internen Perspektive kennengelernt. Ich habe großen Respekt vor all diesen Frauen und Männern, die sich dieser ungemein schwierigen Herausforderung stellen und selten dafür wirklich belohnt werden.
Wie beurteilen Sie als Unternehmer den Wirtschaftsstandort Österreich?
Man betrachtet Unternehmerschaft hier nicht als lebenserhaltende Selbstverständlichkeit. Das muss gestärkt werden. Die, die dafür politisch zuständig sind, wissen das auch. Aber da gibt es partikularinteressierte Mächte, und da gibt es die heilige Sozialpartnerschaft, und alle fürchten sich vor dem Journalismus. Dieser ist nicht wirklich unabhängig, sondern haltungsgetrieben.
Der geschäftsführende Gesellschafter der Donau Finanz (u. a. Finanzdienstleister und Immobilientreuhänder) war von 2002 bis 2008 Großmeister der Großloge von Österreich und hat nach wie vor internationale Funktionen inne. Er gab 2007 das Buch „Die Freimaurer“ heraus. Kraus (77) ist Sohn des Journalisten, Unternehmensgründers und Politikers Herbert Kraus, der 1947 den Verband der Unabhängigen gründete (VDU, der später in die FPÖ überging) und Ehemann der Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler.
Sie werfen dem Journalismus vor, ideologisch zu sein und das Unternehmertum zu wenig zu schätzen?
Ja. Es geht meistens um Umverteilung und nicht darum, dass irgendjemand auch etwas schaffen muss, damit es umverteilt werden kann.
Das könnten Sie auch Ihren sozialdemokratischen Freimaurerbrüdern ausrichten.
Das tue ich natürlich auch. Aber wir haben ja keine parteipolitische Aufgabe.
Ihre Firma ist auch auf Sanierungen spezialisiert. Was sagen Sie zur Signa-Pleite?
Das ist für den Ruf der Österreicher im Ausland schlimmer, als wir wahrnehmen. Die Deutschen und leider auch andere Staaten, die gerne in Österreich investieren, sind sehr, sehr böse auf den Herrn Benko und damit leider auch pauschal auf alle Österreicher. Was da passiert ist, ist zumindest grob fahrlässig. Haben da alle die Augen zugemacht, die mit ihm Geschäfte gemacht haben?
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