In insgesamt zwölf ausführlichen Interviews umkreist der Journalist das Mysterium der Freimaurer bzw. versucht sich diesem anzunähern. Semler, im Brotberuf Unternehmer („Seiden Semler“) und Vorstandsvorsitzender des Trägervereins des Rudolfinerhauses, antwortet ausführlich und klar. Er spricht für 3.800 Freimaurer aus 83 Logen in Österreich – die, so Semler, „weniger konform“ sind, „als die meisten Menschen annehmen würden“. Ein „Sammelbecken für Individualisten“ sei die Freimaurerei. Was ist aber dann das Gemeinsame? Das seien „einige Grundprinzipien“, „der moralische Wertekompass“. Im Prinzip geht es um die Arbeit an sich selbst, das Streben nach moralischer Vervollkommnung.
Konkreter wird es nicht. Kann es vielleicht auch nicht werden. Man ist keine Religion, keine Sekte, natürlich auch keine politische Partei – und, entgegen dem gängigen Klischee: „Wir wollen keine Macht ausüben!“ Genau das werden viele nicht glauben, ist doch die Vorstellung von den Freimaurern eng mit Geheimnistuerei und Drahtziehen im Hintergrund verbunden.
Dem tritt Semler entgegen: Man agiere diskret, nicht geheim – Letzteres bedeute nämlich, dass man etwas zu verbergen habe.
Mitglied zu werden ist übrigens gar nicht so schwer – man kann sich über die Website als „Suchender“ bewerben und wird dann einem ausführlichen Aufnahmeverfahren unterzogen.
„Unter Männern“
Interessant die Begründung, warum – in manchen Großlogen wie Österreich – keine Frauen aufgenommen werden: Die Arbeit an sich selbst habe „viel mit Öffnung zu tun“, das sei schon „unter Männern schwer genug“, eine „Geschlechterkonnotation“ könnte zusätzlich „erschwerend“ sein. Im Übrigen könne jeder Verein seine Spielregeln selbst festlegen.
Am Ende der Lektüre hat man viel Interessantes erfahren – und weiß vielleicht doch nicht wirklich mehr. Es bleibt ein Annäherungsversuch in immer neuen Anläufen. Aber man ist dem Gespräch zwischen zwei intelligenten, kultivierten, hochgebildeten Menschen gefolgt. Nicht das Schlechteste, was sich über ein Buch sagen lässt.
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