Nehammer zeigt sich versöhnlich, neue Koalition mit Grünen aber nur ohne Gewessler
Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer nimmt in einem Interview mit dem Salzburger TV-Sender ServusTV zur aktuellen Koalitionskrise Stellung – und sagt dabei, dass er eine neuerliche Koalition mit den Grünen nicht ausschließt. Das kam dann doch sehr überraschend.
Auch, weil sich Nehammer in Ton und Wortwahl von seiner Verfassungsministerin Karoline Edtstadler unterscheidet, die am Montag in der "ZiB2" sagte, die Grünen hätten sich durch das Verhalten ihrer Klimaministerin Leonore Gewessler für eine erneute Regierungszusammenarbeit „disqualifiziert“.
Mit „Verhalten“ ist Gewesslers Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz gegen den Willen der ÖVP gemeint. Edtstadler drohte der grünen Ministerin noch am selben Tag rechtliche Konsequenzen an und warf ihr Verfassungsbruch vor. Nehammer ließ sich einen Tag Zeit, um dann vor Medien zu erklären, dass er die Koalition trotz seiner Verärgerung fortsetzen werde.
"Das wird sich zeigen"
In der ServusTV-Sendung „Blickwechsel“ gibt sich Nehammer am Donnerstag versöhnlich. Zur Frage, ob er eine neuerliche Koalition mit den Grünen ausschließt, wie Parteikollegin Edtstadler ankündigte, gibt er seiner Ministerin zwar „total recht“, was das Verhalten Gewesslers betrifft. Aber wie es nach der Wahl weitergeht, das müsse der Wähler entscheiden.
Nehammer: „Wäre das die ganze Zeit so gewesen wie jetzt, wo die Energieministerin sich über das Recht erhebt, um politischen Aktionismus zu betreiben (...), dann ist ein verantwortungsvolles Regieren und schwere Entscheidungen treffen nicht möglich. Das war aber in den letzten viereinhalb Jahren nicht immer so, sondern wir haben sehr viele Krisen gemeinsam bewältigt.“
War’s der gemeinsame Besuch des EM-Spiels Österreich gegen die Niederlande in Berlin, bei dem sich Nehammer und Kogler wieder zusammengerauft haben? Nehammer betont im TV erneut seine Sympathie für den Grünen-Chef: „Werner Kogler und ich haben immer schon eine sehr ordentliche Zusammenarbeit gehabt und wir haben uns auch gegenseitig versprochen, dass wir die bis zum Wahltag halten werden.“
Das „Verhalten“ Gewesslers habe die ÖVP klar angesprochen – und die Ministerin auch wegen Amtsmissbrauchs angezeigt. „Alles andere wird sich am 29.9. (dem Tag der Nationalratswahl, Anm.) zeigen.“
Welchen dritten Partner sich Nehammer vorstellen könnte, bleibt offen. Türkis-Grün dürfte sich ja, zumindest laut aktueller Umfragen, nicht mehr ausgehen.
Gewessler wie Kickl
Auf KURIER-Nachfrage im Büro Nehammers sieht man in den Aussagen des Kanzlers „keinen Widerspruch“ zu jenen von Edtstadler. Und es wird klargestellt: Man schließe die Person Gewessler für eine künftige Koalition aus, nicht die Grünen insgesamt. So, wie man Herbert Kickl ausschließt, nicht die FPÖ an sich.
Hinter den Kulissen hört sich das Stimmungsbild etwas anders an: Da heißt es, Nehammer sei bemüht, sich als ruhigen, verlässlichen Staatsmann zu zeigen, der sich nicht provozieren lässt. Das Thema Renaturierung wollte man versickern lassen – auch, weil man dem Vorhaben, die Natur wiederherzustellen, inhaltlich wenig entgegensetzen könne.
Edtstadlers Attacken gegen die Grünen passten ihm da nicht ins Konzept. Und überhaupt sei es nicht „Kanzler-like“, von Vornherein eine ganze Partei auszugrenzen. Vielleicht zeigt er sich deshalb jetzt so versöhnlich gegenüber dem kleinen Koalitionspartner.
Hinzu kommt, dass Edtstadler von Nehammer als permanente Bedrohung wahrgenommen wird, die nur darauf wartet, dass er scheitert, damit sie übernehmen kann, heißt es. Um Kanzlerkandidatin zu werden, fehle ihr aber die „Hausmacht“ in der ÖVP.
Fraglich ist, wie es für die Ministerin in puncto Nationalratswahl weitergeht: Die Salzburger ÖVP hat ihre Landesliste schon im Herbst 2023 fixiert – ohne Edtstadler, die aus dem Flachgau stammt. Und bei der Bundesliste hat Nehammer das Sagen.
Das ganze Gespräch heute Abend bei „Blickwechsel. Das Nachrichtenmagazin.“, ab 21:10 Uhr, live bei ServusTV und ServusTV On.
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