Fest steht: Neben den Pensionskosten steigt auch die Zahl der Pensionisten. Ist derzeit rund ein Fünftel der Bevölkerung über 65 Jahre alt, ist es in zehn Jahren bereits ein Viertel. "Über Jahrzehnte hinweg ist es nicht zu leugnen, dass die Demografie massive Spuren bei den öffentlichen Finanzen hinterlässt", sagt Felbermayr. Selbiges gelte für die Gesundheit und Pflege. Gleichzeitig müsse man massiv investieren – etwa in die Energiewende.
Wie soll sich das budgetär ohne starke Neuverschuldung ausgehen? "So, wie wir jetzt aufgestellt sind, muss man sich Sorgen machen, dass die demografische Entwicklung nicht gut bewältigt wird", sagt der Wifo-Chef.
IV: "Das begründet Panik"
Etwas drastischer formuliert es Helmenstein von der Industriellenvereinigung (IV), die derzeit mit dem Vorschlag einer 41-Stunden-Woche für Aufruhr sorgt. Bis 2050 müsse der Staat eine Billion Euro in die Erhaltung des Pensionssystems zuschießen. Das sei ob der vielen nötigen Zukunftsinvestitionen "geradezu ein Sakrileg", sagt Helmenstein. Hier werde Bildungs- und Innovationskapital ohne nachhaltige Wirkung "versenkt".
Dass laut einer neuen Umfrage von Unique Research die Höhe und Sicherheit der Pensionen die zweitgrößte Sorge der 18- bis 30-Jährigen sind, könne er mit Blick auf aktuelle Studien gut verstehen. Im Ländervergleich des Mercer Instituts landete Österreichs Pensionssystem beim Thema Nachhaltigkeit auf dem 44. und letzten Platz, bei der OECD auf dem drittletzten. Helmenstein: "Das begründet Panik."
Überraschende Unterstützung für Teiber
Gewerkschafterin Teiber ortet wiederum Panikmache von Seiten Helmensteins: "Wenn ich höre, dass man für die Pensionen Geld versenkt, schmerzt mich das. Damit vermeiden wir Altersarmut, wie wir sie in ganz vielen europäischen Ländern oder Amerika sehen." Viele Länder würden Österreich um sein staatliches Pensionssystem beneiden. Die Ausgaben für die Beamtenpensionen würden anteilig am BIP sogar sinken, das Pensionsantrittsalter der Frauen werde bis 2034 an jenes der Männer angeglichen.
Kurzum: Teiber ist gegen eine gesetzliche Erhöhung des Pensionsalters. Stattdessen müsse das faktische Antrittsalter steigen. Dieses lag bei Männern 2022 bei 62,1, bei Frauen bei 60,1 Jahren. Wie kann das gelingen? Teiber: Für Österreichs Umlageverfahren – die arbeitenden Beitragszahler finanzieren die Pensionen – seien eine hohe Beschäftigungsquote, weniger Teilzeitbeschäftigte mit besonders geringer Arbeitszeit und ein massiver Ausbau der Kinderbetreuung elementar.
Soll das Pensionsalter angehoben werden?
Hier erhält Teiber keinen Widerspruch, sondern sogar überraschende Schützenhilfe von Helmenstein. Auch er sei dagegen, das Pensionsalter wie in Deutschland einfach anzuheben. Das sei nur "eine Mogelpackung", wenn das faktische Pensionsalter nicht steige. "Wir sollten eine gemeinsame Initiative ergreifen, dass die Menschen in diesem Staat deutlich länger arbeiten können, damit wir mit 62 oder 63 in Pension gehen und nicht mit 60,5 halbkrank."
Der Ökonom sieht eine höhere Eigentumsquote – also niedrigere Immobilienpreise – als einen Schlüssel. Das Pensionsalter will er wiederum an die Lebenserwartung koppeln. Dafür plädiert auch Ökonom Gabriel Felbermayr. Die Aussage von Wifo-Kollegin Mayrhuber, eine Reform in zehn Jahren komme hier schnell genug, findet er "nicht besonders smart". Der Grund: Eine Erhöhung des Pensionsalters müsse über einen möglichst langen Zeitraum eingeschliffen werden.
Als "hervorragend" bezeichnet er zudem zwei Vorschläge von Zakostelsky: Den flächendeckenden Zugang aller Beitragszahler zu den betrieblichen Pensionskassen und eine Erweiterung der Zuständigkeit der Alterssicherungskommission. Dieses ist derzeit nur für die staatliche, nicht für die private und betriebliche Säule zuständig.
Österreicher zu staatsgläubig?
Zakostelsky, der während der Debatte vor allem um Gemeinsamkeiten bemüht ist, hält die Österreicher derzeit für "zu staatsgläubig" und pocht auf mehr Eigenverantwortung: "Es muss uns schon auch bewusst sein, die Menschen werden dazu erzogen, sich völlig auf den Staat zu verlassen."
Wo die Diskutanten weitestgehend einer Meinung sind: Teilzeitarbeit führe auch zu einer Teilzeitpension und zu Altersarmut. Vor allem bei vielen jungen Menschen komme diese Botschaft nicht an. "Vielleicht ist die wichtigste Pensionsreform, dass wir die Teilzeit in Griff bekommen", sagt Felbermayr abschließend.
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