Heißer türkis-grüner Streitpunkt bei Steuerreform: Kein Öko-Bonus für Arbeitslose?
Grundsätzlich laufen die Verhandlungen über die Steuerreform zwischen ÖVP und Grünen gut. So gut, dass es am Freitag sogar möglich schien, bereits am Samstag das "Herzstück" dieser Regierung der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Am Samstag in der Früh hieß es dann, man sei in der Nacht nicht fertig geworden, es würde am Samstagnachmittag weiter verhandelt.
Und da ist man an einem heiklen Punkt angelangt, wie der KURIER aus Regierungskreisen erfuhr. Ausgerechnet am innovativen Kernstück der Steuerreform - dem Einstieg in die Ökologisierung des Systems - kommt es zum politischen Patt zwischen Grünen und ÖVP.
Dem Vernehmen nach will die ÖVP Bezieher von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld vom Öko-Bonus ausschließen. Für die Grünen ist das ein No-Go.
Das grüne System beruht darauf, dass fossile Energie verteuert wird. Die Einnahmen, die der Staat aus dem CO2-Preis lukriert, werden gleichmäßig an die Bevölkerung zurückverteilt. Wenn Menschen ihr Verhalten ändern und auf fossile Energie verzichten, dann bleibt ihnen vom Bonus etwas übrig. Wenn sie es nicht ändern und viel mit Benzinfressern fahren, zahlen sie drauf.
Aber es wird ja nicht nur Autofahren teurer, sondern auch das Heizen. Und möglicherweise auch andere Güter, auf die die steigenden Transportkosten umgewälzt werden. Das heißt: Kleine Einkommen sind von der Öko-Steuer betroffen und können auch weniger leicht ausweichen, weil sie Mieter sind und auf das Heizsystem keinen Einfluss haben. Oder schlicht das Geld für eine neue Heizung, eine Photovoltaikanlage oder ein E-Auto nicht haben.
Für die Grünen kommt daher nicht in Frage, den Leuten, die am wenigsten zum Leben haben, den Öko-Bonus vorzuenthalten.
Bei Arbeitslosen stellt sich zudem eine rechtliche Frage. Sie sind Bezieher einer Versicherungsleistung, und da ist fragwürdig, sie anders zu behandeln als aktiv im Job befindliche Personen.
"Wer arbeitet, soll entlastet werden"
Klar ist, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz immer wieder sagt, "alle, die arbeiten und in der Früh aufstehen, sollen entlastet werden". Bisher wurde das gemeinhin in Richtung Steuersenkung verstanden: Dass nämlich nach dem Absenken der ersten Tarifstufe per 1. Jänner 2020 nun die Tarifstufen 2 und 3, die vorwiegend den Mittelstand entlasten, gesenkt werden.
Eine KURIER-Nachfrage bei der ÖVP ergibt: Es wird von der ÖVP nicht explizit dementiert, dass sie Arbeitslose und Mindestsicherungsbezieher vom Öko-Bonus ausschließen möchte, es wird aber auch nicht bestätigt.
"Im Laufen"
Es heißt generell von beiden Seiten vage, dass "einige Punkte noch offen sind", dass die Verhandlungen "im Laufen sind".
Die Grünen sind beim Öko-Bonus bereit, dem ÖVP-Wunsch entgegenzukommen, regional abgestuft etwas draufzulegen für Menschen, die aufs Auto angewiesen sind. Bei den Arbeitslosen und Mindestsicherungsbeziehern wollen sie dem Vernehmen nach nicht nachgeben.
Auch wenn sie es in den Verhandlungen nicht junktimiert haben, ist es für die Grünen undenkbar, dem ÖVP-Wunsch nachzukommen, die Gewinnsteuern für die Konzerne von 25 auf 21 Prozent zu senken, aber den Ärmsten Öko-Steuern ohne Ausgleich aufzubrummen.
KöSt-Senkung wackelt
Um die Größenordnung zu vergleichen: Die CO2-Bepreisung auf deutschem Niveau wird im ersten Jahr (2022) 1,2 bis 1,4 Milliarden bringen (30 oder 35 Euro pro Tonne). Dieses Geld soll auf neun Millionen Menschen, die in Österreich leben, zurückverteilt werden.
Das Senken der Gewinnsteuer bringt denjenigen Unternehmern, die Körperschaftssteuer bezahlen (die meisten zahlen Einkommenssteuer), 1,5 Milliarden.
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