Nehammer und Kogler stehen zur Wahl - in der eigenen Partei
Im Abstand von 14 Tagen werden beide Regierungsparteien Parteitage abhalten, und beide Koalitionschefs müssen sich einer Wahl durch ihre Parteitagsdelegierten stellen. Die Grünen halten ihren Bundeskongress am 30. April in Villach ab, die ÖVP ihren Parteitag am 14. Mai in Graz.
Die Situation ist nicht unheikel, denn viele Frohbotschaften haben Karl Nehammer und Werner Kogler ihrem Parteivolk nicht zu überbringen.
Beide Parteien liegen in den Umfragen deutlich unter dem letzten Wahlergebnis, die Grünen bei elf statt 14 Prozent, die ÖVP bei 24 statt 38 Prozent. Und die Vertrauenswerte in die Koalition bzw. deren politische Exponenten sind laut OGM-Vertrauensindex auf einem Rekordtief angelangt.
Die Parteichefs könnten versucht sein, die Schuld an den schlechten Vertrauenswerten dem jeweils anderen in die Schuhe zu schieben. Oder sich am Koalitionspartner zu reiben, um bei den eigenen Anhängern Punkte zu sammeln.
Aber Fehlanzeige. „Der Koalitionspartner wird auf unserem Bundeskongress kein, oder zumindest kein großes Thema sein“, heißt es bei den Grünen. „Sich an den Grünen zu reiben, wird null Thema sein“, heißt es fast gleichlautend aus der ÖVP.
Dauer-Streitthema ist weg
Tatsächlich ist seit Nehammer ein koalitionäres Streitthema weggefallen: die Flüchtlingspolitik. „Es sind jetzt keine Emotionen in dem Thema drinnen“, bestätigt ein ÖVPler die atmosphärische Veränderung. Die Grünen sind darüber sehr erleichtert, denn die Kurz-ÖVP hatte – ohne Rücksicht auf die grüne Basis – regelmäßig mit Provokationen übergelaufene FPÖ-Wähler bedient. „Ich glaube, die Grünen sind überrascht, wie geräuschlos und professionell wir die Voraussetzungen dafür schaffen, 100.000 bis 200.000 Menschen in Österreich zu versorgen“, heißt es in der ÖVP.
Tatsächlich loben die Grünen die gute Gesprächsbasis zwischen Nehammer und Kogler. Neuwahlen sind kein Thema mehr, Nehammer hat klar gemacht, dass er die Periode bis 2024 durchziehen will.
Ächzen unter den Krisen
Also alles paletti bei Türkis-Grün?
Nicht ganz. Die Koalitionsparteien ächzen unter den Endlos-Krisen. Kogler wird seine Delegierten darauf einstimmen, dass in der Energiekrise Grüne mitunter Dinge tun müssen, die man von ihnen nicht erwarten würde – etwa, sich bei menschenrechtlich fragwürdigen Regimen um klimaschädliches Gas anzustellen. Oder höheren Ausgaben für Rüstung zuzustimmen.
Der Dreifach-Krisen-Herbst aus Krieg, Pandemie und Teuerung wird auch auf dem ÖVP-Parteitag im Zentrum stehen, wenngleich der angehende ÖVP-Chef eigene Akzente setzen will: Er muss klarmachen, was - etwa im Unterschied zu Kurz - das Charakteristikum einer Nehammer-ÖVP sein wird.
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