GRAS: "Lassen uns in keinen Kleinkrieg reinziehen"

Die Spitzenkandidatin der GRAS: Marita Gasteiger
Die grüne ÖH-Spitzenkandidatin Marita Gasteiger wehrt sich gegen den Vorwurf, die GRAS agieren "autoritär" und "undemokratisch". Den Ausschluss der Jungen Grünen bedauert sie.

Die offizielle grüne Studentenfraktion GRAS (Grüne & Alternative Student_innen) muss sich derzeit einiges vorwerfen lassen. Ehemalige Aktivisten sprechen von "autoritären Prozessen", "undemokratischen Strukturen" und einer "Zwei-Klassen-Demokratie". Einzelne würden sich nicht mehr trauen, eine abweichende Meinung zu äußern, sagte Flora Petrik, Chefin der Jungen Grünen und ehemalige GRASlerin, dem KURIER.

Freilich wissen Politinteressierte, dass solche Aussagen derzeit mit Vorsicht zu genießen sind. Nachdem die Bundespartei die rebellische Jugend vor die Tür gesetzt hat, hängt der Haussegen in der grünen Familie ordentlich schief. Interne Reibereien werden schon mal coram publico ausgefochten, die Jungen wettern gegen den "Apparat", einzelne Parteimitglieder gegen die Rebellen, die man als "Kurz-Klone" und "Karrieristen" bezeichnet hat. Der Zustand der Ökos lässt sich mit dem Hulk vergleichen: Außen grün, innerlich zerrissen und sehr nah dran, zu explodieren.

https://images.kurier.at/46-92975940.jpg/257.581.176 APA/ HERBERT NEUBAUER ÖH-WAHL 2017: WAHLPROGRAMM UND SPITZENKANDIDATINNE ABD0059_20170329 - WIEN - ÖSTERREICH: Die Spitzenkandidatinnen der Grünen & Alternativen StudentInnen ( GRAS) Marie Fleischhacker (L) und Marita Gasteiger am Mittwoch, 29. März 2017, anl. der "Präsentation der Spitzenkandidatinnen und Wahlkampagne" in Wien. Die ÖH- Wahlen 2017 finden vom 16. bis 18. Mai statt. - FOTO: APA/HERBERT NEUBAUER

Nur die GRAS hält sich vornehm zurück. "Wir bedauern, dass es so weit gekommen ist. Aber das, was die Partei macht, ist Sache der Partei. Wir sind keine offizielle Teilorganisation und lassen uns in keinen Kleinkrieg reinziehen", sagt Marita Gasteiger, ÖH-Spitzenkandidatin der GRAS. "Wir konzentrieren uns jetzt auf den Wahlkampf."

Streit der Studenten

So einfach ist das allerdings nicht. Denn immerhin waren es grüne Studenten, die den Streit erst ausgelöst haben - mit dem Ausmaß konnte niemand rechnen. Angefangen hat es im vergangenen Herbst, als sich die Grünen Studierenden von der GRAS abgespalten haben. Als Grund nannten sie unter anderem einen "organisatorischen Verfall" sowie "inhaltlichen Zerfall". Jegliche Kritik werde "abgeblockt", heißt es in der Gründungserklärung.

Unterstützen die Grünen also eine "autoritär" geführte Studentenfraktion, die keine Kritik zulässt? "Nein", wehrt sich GRASlerin Gasteiger, "es wird niemand bei uns ausgeschlossen." Alle Entscheidungen würden "gleichberechtigt", also basisdemokratisch, fallen. "Hierarchien in Form von Vorstand oder Ausschuss gibt es bei uns nicht", erklärt die 26-Jährige.

Fakt ist aber, dass sich die offizielle grüne Uni-Fraktion dem Konsensprinzip verschrieben hat. Wenn Aktivisten eine Entscheidung treffen müssen - sei es bei hochschulpolitischen Themen oder über das Aussehen von Wahlkampf-Plakaten -, wird nicht abgestimmt, sondern so lange diskutiert, bis alle hinter einer Entscheidung stehen. Ehemalige Mitglieder orten dahinter autoritäre Züge, weil - gewollt oder nicht - informelle Hierarchien aufgebaut werden. Einige wenige würden so lange streiten, bis alle aufgeben, die eine andere Meinung haben.

In der GRAS sieht man das anders. "Wir diskutieren auf Augenhöhe und fördern das out-of-the-box-Denken", heißt vonseiten der Studenten. Dass aber Hartnäckigkeit und Sitzfleisch erforderlich sind, räumt auch die grüne ÖH-Spitzenkandidatin Gasteiger ein. "Manchmal diskutieren wir extrem lange und es ist mühsam, aber am Ende zahlt es sich aus", erklärt sie. Alle würden zu 100 Prozent hinter einer Entscheidung stehen, die Umsetzung erfolge anschließend ziemlich zügig.

Macht und Ressourcen

Ohnehin ärgert sich die gebürtige Südtirolerin über die Behauptung, die GRAS würde eine starre Organisation sein. Man sei sich bewusst, dass man Strukturen ständig kritisch hinterfragen muss. So auch im vergangenen Sommer bei einem bundesweiten GRAS-Sommercamp. "Viele Aktivisten haben daran teilgenommen, es wurde einiges besprochen und verändert", erzählt sie. Das Konsensprinzip blieb aber - darauf hätten sich alle per Konsens verständigt.

Nur die, die später ausgestiegen sind, hätten daran kein Interesse gehabt. "Sie waren nicht mal anwesend", sagt Gasteiger, aber der Konflikt habe sich ohnehin nur um Macht und Ressourcen gedreht.

https://images.kurier.at/46-93831970.jpg/256.358.603 Junge Grüne Junge Grüne, Wahlkampf, Van der Bellen, Flora Petr… Junge Grüne, Wahlkampf, Van der Bellen, Flora Petrik

Wie sie zu dieser Annahme kommt? Kurz nachdem sich die Grünen Studierenden neu gegründet haben, seien umgehend Ansprüche auf finanzielle Mittel gestellt worden. Das sei nicht in Ordnung, befindet die 26-jährige GRASlerin. Es sei zwar eine Sache, aus einer Gruppe auszusteigen und eine neue zu gründen, aber eine komplett andere, Gelder, "die der GRAS zustehen", einzufordern.

Dass es nach der Abspaltung auch um Bundesmittel ging, bestätigt die grüne Splittergruppe auf ihrer Homepage. Dort ist zu lesen, dass sowohl alle Vorschläge um "das Gesamtpotential beider Organisationen zu entfalten" als auch eine "faire Verteilung der Budgetmittel" von GRAS-Aktivisten abgelehnt wurden. GRASlerin Gasteiger dazu: "Wir haben über Jahre hinweg erfolgreich ÖH-Politik gemacht. Wir sind zweitstärkste Fraktion auf Bundesebene, haben bewiesen, was wir können. Die Grünen schätzen das und unterstützen uns."

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