Erster Vorstoß zur Spritpreis-Regulierung von Salzburgs Landeshauptmann
Wilfried Haslauer regiert seit 2013 als ÖVP-Landeshauptmann in Salzburg. Derzeit in einer Koalition mit Grünen und Neos. Im kommenden Jahr ist er neben seinen Amtskollegen aus Niederösterreich, Kärnten und Tirol einer der vier Landeshauptleute, die sich der Wahl stellen müssen. Gewählt wird in Salzburg am 23. April 2023.
KURIER: Herr Landeshauptmann, wenn Sie von Salzburg aus auf die Bundespolitik schauen, wie fällt Ihr Urteil aus?
Wilfried Haslauer: Bundeskanzler Nehammer setzt die richtigen Schwerpunkte. Aber es ist natürlich eine extrem fordernde Zeit mit einer multiplen Krisenkonjunktur: Pandemie, Teuerung, Krieg in der Ukraine, Rohstoffknappheit, Zulieferprobleme und zudem eine aufgeheizte politische Stimmung.
Ist in der ÖVP Hoffnung da, dass Nehammer die Partei an ähnliche Prozentpunkte heranführen wird, wie seinerzeit Kanzler Kurz?
Er persönlich liegt gut in den Umfragen, aber er zieht die ÖVP noch nicht so mit. Aber es ist ja noch Zeit bis zur Nationalratswahl, und ich gehe davon aus, dass die Regierung hält.
Wie beurteilen Sie es, dass sich ein eigener U-Ausschuss nur mit Korruptionsverdacht gegen die ÖVP befasst?
Das ist eine ganz unangenehme Überschrift. Natürlich sind Unregelmäßigkeiten zu hinterfragen. Aber was ist bisher herausgekommen? Zahlreiche eingeleitete Untersuchungen sind bereits eingestellt worden. Man hat dabei schon den Eindruck, dass der Untersuchungsausschuss vor allem die Aufgabe hat, die ÖVP schlecht zu machen und weniger tatsächliche Probleme herauszuarbeiten.
Schwappt die erzeugte Stimmung auf Salzburg über?
Die Volkspartei-Marke ist beschädigt, das ist der Opposition gelungen. Aber es gibt noch genügend Zeit zur Rehabilitation. Wir stellen bei den Begegnungen mit den Menschen in Salzburg fest, dass eigentlich auch jetzt Zustimmung da ist. Man wendet sich insgesamt von dem Streitklima, der Tonalität im Parlament, ab.
Glauben Sie, dass zur Landtagswahl am 23. April 2023 wieder Rückenwind kommt? Oder machen Sie den Salzburgern glaubhaft, dass es um eine andere Wahl geht?
Wir haben natürlich Rückenwind gerne, sind in der Salzburger Volkspartei aber immer schon unseren eigenständigen Weg gegangen.
Ist Ihre Wiederkandidatur schon fix?
Ja, das ist sie. Man muss in der Entscheidung sehen, ob man fit genug ist. Ich bin voller Tatendrang, arbeite und gestalte gerne. Außerdem erleben wir gerade schwierige Zeiten, in denen ein Wechsel auch problematisch wäre. Wir haben die Pandemie, die Ukraine und die Situation einer boomenden Wirtschaft, die auf einen enormen Arbeitskräftemangel stößt. Wir müssen vieles bewältigen. Ich versuche, mit ruhiger Hand das Schiff auf Kurs zu halten.
Sie sind fast 20 Jahre in der Politik und seit 2013 Landeshauptmann. Sehen Sie sich selbst nach so vielen Jahren in der Landesvater-Rolle?
Wenn man lange in der Politik ist, hat man den Vorteil, schon vieles erlebt zu haben und auch zu sehen, dass manche Aufregung sich schnell wieder verlaufen kann. Mir ist es wichtig, dass die Lebensqualität in Salzburg stimmt und dass wir mit wechselseitigem Respekt und Toleranz friedlich miteinander leben und das Land weiterentwickeln.
Kritiker meinen, dass Sie sich manchmal zu sehr im Hintergrund halten. Braucht es öfter ein Machtwort?
Da gibt es ein schönes Zitat von Karl Kraus, wo es heißt "Er drängt sich zum allgemeinen Ärgernis in den Hintergrund" (lacht). Ich finde, man muss nicht jeden Tag in der Zeitung stehen. Mein Zugang ist sehr sachorientiert. Ich habe einen unglaublichen Respekt vor den Menschen, was sie alles aus ihrem Leben machen, wie tüchtig sie sind und wie vielfältig sie sich auch einsetzen. Die Begegnung ist ein großes Privileg, wenn man in einem Bundesland an der Spitze steht.
Im Bund sehen wir, wie schwierig eine Koalition sein kann. Sie haben eine Koalition mit Grün und Pink. Ist das noch schwieriger?
Es ist wichtig, dass jeder Koalitionspartner sein eigenes Profil behält und wir nicht zu einer Einheitspartei mutieren. Man muss auch eine gewisse Toleranz haben.
Thema Pandemie: Das Land Salzburg hat turbulente Zeiten durchgemacht.
Wir hatten fünf Pandemiewellen, vor allem die vierte war sehr, sehr schwierig. Niemand wollte mehr einen Lockdown, auf der anderen Seite wurde er gefordert. Wir haben unser Pandemiemanagement neu aufgestellt. Man braucht in so einer Situation die Einheit der Führung. Ich habe auch gelernt, dass die wissenschaftliche Beratung über die Bundesregierung allein zu wenig ist. Wir haben selbst ein Beratungsgremium installiert und auch einen fachkundigen Blick auf andere europäische Länder gerichtet. Jetzt bereiten wir uns wieder für den Herbst auf etwas vor, wo wir nicht genau wissen, was es ist.
Ihre kritische Aussage über die Wissenschaft löste eine Protestwelle aus. Stört Sie das rückblickend?
Das war unglücklich formuliert und in keiner Weise abschätzig gemeint. Ich wollte einfach das Dilemma darstellen, dass die Virologie verständlicherweise rein virologische Aspekte aufzeigt, wir in der Politik aber auf verschiedene andere Aspekte auch noch Rücksicht nehmen müssen. Es muss auch gesellschaftlich umsetzbar sein. Das tut mir sehr leid, weil ich eigentlich ein sehr wissenschaftsaffiner Mensch bin.
Zur Teuerung: Wo sehen Sie da Lösungsansätze?
Ein wesentlicher Preistreiber ist der Energiebereich mit rund 40 Prozent. Dazu kommen Schwierigkeiten im Lieferbereich und auch eine Aufholkonjunktur nach Covid. Man muss jetzt in erster Linie sozial ansetzen: Mit der Dividende der Salzburg AG nehmen wir mehr als zwölf Millionen Euro in die Hand und dehnen etwa die Wohnbeihilfe aus. Um der Teuerung wirksam entgegenzuwirken, muss die Inflation an der Wurzel bekämpft werden, bloß Symptome zu lindern, reicht nicht. Wenn sich der Finanzminister entschließen könnte, die Mehrwertsteuer auf Energie zurückzunehmen, dann wäre die Preissteigerung sofort gebremst. Man muss auch über Regulierung bei Spritpreisen diskutieren. Es ist eine Phase, in der der Staat befristet eingreifen soll.
Der Festspielsommer steht vor der Tür. Wie sehen Sie generell die Diskussion um russische Stars wie Teodor Currentzis oder Anna Netrebko? Sollen sie auftreten dürfen?
Natürlich ist das auch eine politische Frage. Die Festspiele fahren eine kluge Linie. Sie sagen, jeder, der das System Putin unterstützt und die kriegerische Entwicklung in Kauf nimmt, soll nicht auftreten. Auf der anderen Seite lehnen es die Festspiele ab, die russische Kultur generell zu ächten. Das teile ich.
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