Man sieht sie beinahe vor sich: Die fein gekleideten Sommerfrischler von damals, wie sie über den Straubingerplatz flanieren. Alle waren hier: Adel, Künstler, Hollywoodstars wie Liza Minnelli. Kaiser Franz Joseph I. kam regelmäßig, sogar der Schah von Persien weilte im Kurort.
Jetzt ist das Herzstück Großbaustelle: Die Kräne drehen sich, Baumaschinen laufen, neben Bauschutt stapelt sich Dämmmaterial. „Wir liegen trotz allem gut in der Zeit“, ist Andreas Striegel, Berater des Eigentümers, der Hirmer Gruppe, zufrieden. Lieferschwierigkeiten und Teuerungen würden den Aufbruch von Bad Gastein nicht mehr stoppen können, beruhigt er. Der Plan ist ein ehrgeiziger: Schon im Sommer 2023 soll hier ein Luxus-Betrieb mit den zwei Häusern Hotel Straubinger und Badeschloss mit neuem Hotelturm eröffnen.
Für ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer werden ausnahmsweise die Türen geöffnet: 2018 war die Münchner Hirmer Gruppe auf seine Initiative hin eingestiegen. Das Land hatte den Komplex aus Hotel Straubinger, Postgebäude und Badeschloss zwischenzeitlich gekauft.
Zeitreise
Im Straubinger wird auf Hochdruck gearbeitet: Die großzügige Rezeption ist so noch nicht zu erkennen. Dann öffnet sich der Blick in den edlen Speisesaal von damals: Überall Stuckmarmor, Blattgold wurde an der Decke freigelegt. Restauratorin Mathilde Gander vom „Atelier Mahr“ in Wien bessert die Kostbarkeiten Millimeter für Millimeter aus.
Insider erinnern sich noch mit Schrecken daran, dass das Hotel in den 1990ern in den Konkurs schlitterte und völlig überstürzt zusperrte: Die Tische waren noch eingedeckt, die Zuckerdosen offen, die Betten über Jahre bezogen.
„Der alte Charme bleibt erhalten“, verspricht Striegel. Und er zeigt in den ersten Stock: Hier wurde ein Zubau für den Spa-Bereich mit Weitblick ins Tal angedockt. Polier Manfred Hirscher von RHZ Bau und seine Mannschaft müssen mit den alten Mauern sorgsam umgehen: Feuchtigkeit drang ein. Die Substanz mit Flusssteinen, Schilf-Putz und Auflagen wie der Erhalt der Türen sind fordernd.
Das Badeschloss gegenüber soll ebenso zu neuem Leben erweckt werden: Als Markenzeichen sind in jedem Zimmer spezielle Badewannen geplant. Angrenzend baut der Investor einen 30-Meter-Hotelturm, um Platz für insgesamt 150 Zimmer zu gewinnen. Ein Neubau, der im Ort heiß diskutiert wurde.
Doch mittlerweile meinen die meisten, dass sich der Turm am Waldrand gut in die Landschaft einfüge. Alles passiert in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz. Auch die Fassade soll an Glanzzeiten erinnern, das Badeschloss wird wieder in Schönbrunn-Gelb getüncht, der neue Teil in Bronze gehalten.
Sorgenkind bleibt
„Jetzt ist die Initialzündung gesetzt“, freut sich Bürgermeister Gerhard Steinbauer (ÖVP), dass auch andere Hotelinvestments schon in Planung sind. Sorgenkind bleiben aber noch das alte Kongresshaus und das Haus Austria. Beide Gebäude gehören der Investorfamilie Duval, die ursprünglich auch das Ensemble am Straubingerplatz besaßen.
Erbe Philippe Duval – er schmiedet schon seit Jahren Seilbahn-Pläne – scheint untergetaucht zu sein, ist im Ort zu hören. Kontakte zu Gemeinde oder Land gibt es derzeit nicht.
Geschichte
Das radonhaltige Quellwasser machte Bad Gastein im Salzburger Pongau weltberühmt. Der Kurort hatte eine frühe Blütezeit.
Tourismus
Bereits im ausklingenden 19. Jahrhundert kamen 6.700 Kurgäste. In die Steilhänge gebaute Hotelpaläste aus der Belle Époque verleihen dem „Monte Carlo der Alpen“ ein besonderes Ambiente.
Aufbruch
2001 hatte der Wiener Franz Duval Straubinger, Badeschloss und Post, 2005 Kongresshaus und Haus Austria gekauft. Er wurde gefeiert, ließ die Gebäude aber verfallen. Die Hirmer Gruppe investiert nun am Straubingerplatz einen zweistelligen Millionenbetrag.
Der Bürgermeister bleibt dabei: „Es geht jetzt aufwärts. Der erste Schritt ist getan.“ Die Baustelle scheint die letzte Geduldsprobe am Straubingerplatz zu sein. Der Gast soll hier fernab von Einheitsbrei einkehren. Neben weltberühmtem Quellwasser sprudeln in Bad Gastein die Anekdoten von damals nur so an die Oberfläche.
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