Karas zu ÖVP-Wahlausgaben: "Eine Abrechnung habe ich nie zu Gesicht bekommen"

Karas zu ÖVP-Wahlausgaben: "Eine Abrechnung habe ich nie zu Gesicht bekommen"
Der Spitzenkandidat der ÖVP bei der EU-Wahl 2019 im Gespräch mit dem KURIER über die Vorwürfe des Rechnungshofs.

Am Freitag hat Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker zu einer drastischen Maßnahme gegriffen: Sie hat einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer eingeschaltet, um die Bücher der ÖVP zu prüfen. Nach zwei Jahren Streit über den ÖVP-Rechenschaftsbericht für das Wahljahr 2019 ist der Rechnungshofpräsidentin nun die Geduld gerissen.

In der Stellungnahme des Rechnungshofs ist von überteuerten Inseraten (in Vorarlberg) zu lesen, die in Wahrheit eine Spende an den Wirtschaftsbund darstellen. Und von überteuerten Umfragen, die das Finanzministerium bezahlt haben soll, und die in Wahrheit ebenfalls eine Spende an die ÖVP darstellen. Auch räumt der Rechnungshof mit der Doppelkonstruktion des Seniorenbunds auf, einmal als Parteiorganisation und einmal als nicht parteilicher Verein aufzutreten.

Der Hauptvorwurf aber, warum der Rechungshof den Rechenschaftsbericht der ÖVP über das Jahr 2019 immer noch nicht akzeptiert, sind die Angaben über die Wahlkampfausgaben. Am 26. Mai 2019 war EU-Wahl, am 29. September 2019 war Nationalratswahl.

Die ÖVP gibt in ihrem Rechenschaftsbericht an, sie hätte für die EU-Wahl 6,9 Millionen ausgegeben, für die Nationalratswahl aber nur 5,6 Millionen. Das hält der Rechnungshof für "mit der politischen Lebenswirklichkeit schwer in Einklang zu bringen".

Das ist insofern relevant, als bei der Nationalratswahl nicht mehr als sieben Millionen ausgegeben werden dürfen. Falls die ÖVP die Grenze überzogen hätte, müsste sie Strafe bezahlen.

Der KURIER befragte den ÖVP-Spitzenkandidaten bei der EU-Wahl, Othmar Karas, nach seinen Erinnerungen an den Wahlkampf 2019.

Der langjährige EU-Politiker sagt: "Mir war es wichtig, dass alle gesetzlichen Bestimmungen und die Ausgabenobergrenze eingehalten werden. Das waren meine Bedingungen für die Kandidatur." Nach der Wahl, so Karas, "habe ich nie eine Abrechnung zu Gesicht bekommen". Mehr könne er dazu nicht sagen.

Karas verweist abschließend darauf, dass der EU-Wahlkampf 2019 in Österreich alles andere als üblich verlaufen ist.

Turbulente Schlussphase

Tatsächlich, man erinnere sich: Zehn Tage vor der EU-Wahl, am Freitagabend des 17. Mai, ist das Ibiza-Video online gegangen. Am 18. Mai hat die ÖVP der FPÖ die Regierung aufgekündigt, indem sie verlangt hat, dass nicht nur Heinz Christian Strache, sondern auch Herbert Kickl zurücktreten müsse. Damit war eine Woche vor der EU-Wahl klar, dass es bald auch eine Nationalratswahl geben würde. Der Endspurt der EU-Wahl war von der Innenpolitk überlagert, am Tag nach der Wahl, am 27. Mai, gab es den berühmten Misstrauensantrag gegen Sebastian Kurz im Parlament.

Melchior soll Fäden gezogen haben

Formal war damals zwar Karl Nehammer Generalsekretär, aber die Fäden soll der Kurz-Intimus Axel Melchior gezogen haben. Bald nach diesen turbulenten Tagen wurde ruchbar, dass die ÖVP plane, ihr Wahlkampfbudget zu überziehen. Entsprechende Unterlagen wurden dem Rechnungshof übermittelt, wie dieser auf seiner Homepage bekannt gibt. Sie erscheinen ihm plausibel und authentisch.

Sieben Millionen Neukredit

Die ÖVP hat in dem Rechenschaftsbericht 2019 auch angegeben, sieben Millionen neuen Kredit aufgenommen zu haben.

Der EU-Wahlkampf der ÖVP war auch über die ÖVP-Bundesländer bzw. Landes-Bünde geführt worden, denn die Bundespartei hatte damals mit dem Kunstgriff mobilisiert, dass die Mandate nach Stimmenanzahl vergeben würden.

 

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