Streit um Doskozil-Buch geht in die Verlängerung
Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) und der ehemalige ÖVP-nahe Justizminister Wolfgang Brandstetter werden in diesem Leben keine Freunde mehr. Denn: Doskozil hat Brandstetter in seinem Buch „Hausverstand“ bezichtigt, ihm, Doskozil, vor fünf Jahren ein „eigentlich unverschämtes Angebot“ gemacht zu haben.
Die Schilderung auf zwei Seiten lässt sich so lesen, als ob Brandstetter – damals als Berater von Investor Michael Tojner – versucht hätte, den Landeshauptmann vor dessen Angelobung zu bestechen. Brandstetter hat den Vorwurf Ende Juli 2024 im KURIER-Gespräch als „absurd“ abgetan und „aufs Schärfste“ zurückgewiesen. Mehr noch: Der Ex-Justizminister kündigte an, medienrechtlich zu klagen. „Es ist wichtig, dem Herrn Doskozil die rechtsstaatlichen Grenzen seiner Aktivitäten klarzumachen“, sagte er da.
Dieser sagte wiederum, dass er die Klage mit „größter Gelassenheit“ erwarte. Doch bis Dienstag, 15. Oktober – also knapp drei Monate später – ist keine Klage bei Doskozil oder bei seinem Anwalt Johannes Zink eingegangen. „Vielleicht hat Herr Brandstetter vergessen, dass er eine Klage einbringen wollte“, sagt Zink zum KURIER.
„Klage-Entwurf“
Zu den inkriminierten Buchpassagen erklärt er: „Das von meinem Mandanten mit Herrn Brandstetter geführte Gespräch wurde von meinem Mandanten inhaltlich vollkommen korrekt in seinem Buch wiedergegeben. Hinzu kommt, dass Herr Brandstetter auch mit mir in meinen Kanzleiräumen ein inhaltlich gleich gelagertes Gespräch geführt hat. Es wundert mich daher nicht, dass von Herrn Brandstetter keine Klage eingebracht wurde.“
Und tatsächlich ist bis dato keine handfeste Klage in Sicht. Brandstetters Anwalt Peter Zöchbauer erklärt auf KURIER-Anfrage, er habe im September einen „Klage-Entwurf“ an den Inhaber des Verlags, das Red-Bull-Media-House, geschickt. Bei dem medienrechtlichen Antrag gehe es um den Vorwurf der „üblen Nachrede“. Warum sich dieser an den Verlag und nicht an Autor Doskozil richtet, erklärt Zöchbauer damit, dass Ansprüche in der Regel an den Medieninhaber zu richten seien.
Dieser habe um eine Fristerstreckung ersucht und Brandstetter direkt mit einem Vorschlag kontaktiert, so Zöchbauer. „Derzeit arbeite ich an der Beantwortung dieses Vorschlags.“ Was für ein Vorschlag das ist, verrät der Medienanwalt aus Rücksicht auf die Verhandlungen nicht.
Konter im selben Verlag?
Bekannt ist, dass Brandstetter selbst an einem „Erinnerungsbuch“ arbeitet – und in diesem soll auch der burgenländische Landeshauptmann vorkommen, kündigte er an. Das Buch sei im Wesentlichen fertig, sagt Brandstetter am Dienstag zum KURIER.
Auf Nachfrage, ob er sein Buch – quasi als direkten Konter – im selben Verlag wie Doskozil veröffentlichen würde, erklärt er, das sei „in der Schwebe“, der Verlag habe aber „Interesse gezeigt“. Nach der Aufregung um das Doskozil-Buch habe Red-Bull-Media mit ihm das Gespräch gesucht, um „zu klären, was zu klären ist“. Bei allen weiteren Fragen verweist Brandstetter auf seinen Anwalt.
Strafrechtliche Prüfung
Soweit zum medienrechtlichen Streit. Die Buchpassagen im Buch des Landeshauptmannes könnten aber auch strafrechtliche Folgen haben – und zwar für Brandstetter. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat kurz nach dem Erscheinen die Prüfung eines Anfangsverdachts eingeleitet. Im Raum stehen dürfte der Verdacht der Bestechung.
Konkret schildert Doskozil ein Treffen mit Brandstetter in dessen Rolle als Berater von Immobilieninvestor Tojner im Rechtsstreit in der Wohnbau-Causa (siehe Infokasten) im Februar 2019.
Die Gruppe um Investor Michael Tojner hat 2015 drei gemeinnützige Wohnbaugesellschaften übernommen. Er soll dabei auf die Aberkennung der Gemeinnützigkeit abgezielt haben, um die Wohnungen später gewinnbringend verkaufen zu können.
Da dem Land Burgenland in diesem Fall eine Abschlagszahlung in Millionenhöhe zustand, so der Verdacht, sollen die Wohnungen zu niedrig bewertet worden sein.
Das Land unter Landeshauptmann Hans Peter Doskozil erstattete Strafanzeige gegen Tojner und dessen mutmaßliche Helfer. Wurde der Schaden für das Land anfangs mit 40 Millionen Euro beziffert, stieg dieser mit Dauer der Ermittlungen auf bis zu 140 Millionen Euro.
Tojner hat die Vorwürfe stets bestritten.
Brandstetter soll gesagt haben: „Wir wollen doch nicht streiten. Tojner gibt dem Land Burgenland vier Millionen Euro als Abgeltung und ‚Morgengabe‘ zu deinem Amtsbeginn, das ist doch schon am Beginn ein schöner Erfolg, und das Verfahren wird nicht bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, sondern in Eisenstadt abgehandelt.“
Die WKStA hat bereits einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft geschickt. Ob gegen den Ex-Justizminister Ermittlungen eingeleitet werden oder nicht, ist offen.
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