Die dubiosen Geldflüsse im Eurofighter-Krimi

Die dubiosen Geldflüsse im Eurofighter-Krimi
Verteidigungsministerium: "Bei nachweislicher Manipulationen kann Österreich aus dem Kaufvertrag aussteigen."

Im Krimi um mutmaßliche Schmiergeldzahlungen rund um die Eurofighter-Gegengeschäfte mit Österreich spielt ein groß angelegtes Firmen-Netzwerk eine dubiose Rolle. Eine dieser Briefkastenfirmen heißt Centro Consult Limited, Sitz ist London. Sie führt zum Waffenlobbyisten Walter Schön.

Walter Schön“, Aktionär, ausgeschieden am 1. September 2009, heißt es in den britischen Handelsregister-Unterlagen. Mitte Mai 2012 ist Centro endgültig aus dem Firmenbuch gelöscht worden. Brisant ist aber: Zwischen April 2005 und Januar 2008 sollen laut Aktenlage 15 Millionen Euro auf ein Konto der Centro Consult bei der Bank of Valletta in Malta geflossen sein.

Diese Tranche soll aus dem 71,5-Millionen-Euro-Topf stammen, den der Eurofighter-Konsortialpartner EADS Deutschland der britischen Briefkastenfirma Vector Aerospace zur Verfügung stellte. Laut Aktenlage überwies Vector davon 49,5 Millionen Euro an die fünf Vermittlungsgesellschaften EBD, Orbital, Columbus, Comco und Centro. Offen ist, was Vector bzw. deren Mastermind Gianfranco Lande, ein mittlerweile verurteilter Anlagebetrüger, mit dem Differenzbetrag gemacht hat.

Bella Italia

Die Staatsanwaltschaft München I (Aktenzahl 406 Js 139727/12) vermutet in Vector eine Schmiergeld-Drehscheibe. Sie stützt sich dabei auf die Anklageschrift eines römischen Gerichts gegen Pierluigi Romagnoli, früher Chef des italienischen EADS-Schwesterfirma Alenia.

„Die Spur, die bei Schön verfolgt wird, ist absolut hirnrissig“, sagt Ronald Rast, Schöns Anwalt zum KURIER. „Es gibt in den Akten keinen Hinweis darauf, dass Provisionszahlungen für Schmiergeld verwendet wurden. Was Schön betrifft, ist das auch nicht haltbar.“ Dennoch hat sein Mandant Erklärungsbedarf. Die Eurofighter-Geschichte des Waffenlobbyisten Schön nimmt in Italien ihren Anfang. Ursprünglich hatte Schön bei der Kampfflugzeug-Beschaffung des österreichischen Bundesheeres den US-Rüstungskonzern General Dynamics vertreten, der das Modell F-16 anbringen wollte. Aber als der US-Riese bei der Vergabe durchfiel, habe sich Schön der italienischen EADS-Schwesterfirma Alenia, Teilhaber der Eurofighter GmbH, angeboten, „beim Gegengeschäfts-Part zu helfen“, erklärt der Advokat.

Im Auftrag von AleniaSchön hat sich beim Alenia-Chef Romagnoli angedient, um Geld zu verdienen. Romagnoli hat zu Schön gesagt, geht in Ordnung, du darfst vermitteln, aber du musst das nur über Gianfranco Lande machen, über den läuft alles“, skizziert Rast die tragende Rolle Landes bei den Eurofighter-Offset-Geschäften. „Schön hat Lande als Mastermind akzeptiert.“ Lande habe dann die Centro Consult Limited in London für Schön gegründet und sein Mandant habe dem Italiener „jene tauglichen Gegengeschäfts-Broker genannt, die er kannte“. Die Vermittlung der Broker erfolgte damals nur für Alenia.

Drehscheibe Vector

In Phase zwei der Gegengeschäfte sei dann die Drehscheibe Vector gegründet worden, weil sich die Konsortialpartner von EurofighterEADS Deutschland, British Aerospace, Alenia und EADS Spanien – nicht über den Weg trauten und deshalb die Gegengeschäfte zentralisierten. „Bei Vector war Schön am Anfang als Beirat eingesetzt, der Provisionszahlungen für Gegengeschäfte abgezeichnet hat“, weiß Rast. „Praktisch war er der Aufpasser für die Italiener und die Briten.“ Dass er über die Hopewell Investments Limited sogar Miteigentümer von Vector Aerospace war, wisse Schön nicht mehr, aber „er schließt es auch nicht aus“.

„Die gesamten Konstruktionen hat Lande gemacht“, sagt Anwalt Rast. Vielleicht habe Lande Schön irgendwelche Unterlagen zur Unterschrift vorgelegt.

Provisionen verzockt

Und welche Bewandtnis hat es mit den 15 Millionen Euro, die von Vector an Centro geflossen sein sollen?

„Ich gehe davon aus, dass es sich dabei um Provisionen für Broker der Gegengeschäfte gehandelt hat“, sagt der Anwalt. Ob es sich tatsächlich um 15 Millionen Euro handelt, wisse Schön nicht, da Lande ihm keine Einsicht in die Unterlagen gewährt habe.

Schön hat mir auch gesagt, dass Broker zu ihm gekommen seien und klagten, dass Centro die Provisionen nicht auszahle,“ erklärt Rast. „Dadurch ist Schön erst daraufgekommen, dass Lande die Provisionen von Centro verzockt hat.“

Nachsatz: „Lande hatte zwar Schön gesagt, ich habe deine Gewinne gut angelegt, aber irgendwann hat er ihm gestanden, dass von dem Geld nichts mehr da ist.“

Die dubiosen Geldflüsse im Eurofighter-Krimi

Was würde es wohl kosten, würde Österreich nun sagen: Uns reicht’s, wir geben die Eurofighter zurück und stornieren den 1,7-Milliarden-Euro-Vertrag – immerhin gibt’s zahlreiche Hinweise auf Schmiergeldzahlungen.

Die Republik würde auf zumindest zehn Prozent der Kosten sitzen bleiben, antwortete Franz Fiedler. Die Ausbildung der Piloten, neue Hangars, die Abnützung der Jets: All das würde wohl an der Republik hängen bleiben, befand der Ex-Chef des Rechnungshofs – und handelte sich eine Rüge von Peter Pilz ein: „Fiedler hat einen entscheidenden Fehler gemacht. Er hat den Kaufvertrag nicht gelesen.“ In diesem stehe, bei nachweislicher Korruption seien nicht nur der Kaufpreis, sondern alle anderen „frustrierten Kosten“ von EADS zu ersetzen. Und damit gehe es für EADS um eine Kompensationssumme von zwei Milliarden Euro.
Da die Indizien für Pilz erdrückend sind, forderte er Verteidigungsminister Norbert Darabos gestern erneut auf, rechtliche Schritte einzuleiten. „Ich verstehe nicht, warum er nicht endlich interne Ermittlungen anstellt und zivilrechtliche Ansprüche gegen EADS anmeldet.“

Liegt das Zögern vielleicht daran, dass Darabos ein ungünstiges Abkommen mit EADS geschlossen hat? In Wien hält sich hartnäckig das Gerücht, Darabos habe EADS einst im Gegenzug für die Reduktion der Stückzahl auf 15 Jets zugestanden, auf das Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag zu verzichten.

Völliger Unsinn, heißt es dazu im Verteidigungsministerium. „Alle im Kaufvertrag formulierten Ausstiegsklauseln sind bis heute voll in Kraft“, sagt Darabos’ Sprecher. Seien Schmiergelder oder andere Manipulationen nachweisbar, könne Österreich natürlich aus dem Kaufvertrag aussteigen. Im Büro des Verteidigungsministers versteht man Pilz’ Nervosität nicht: „Wir wollen besonnen und auf Basis von Fakten agieren“, sagt Darabos’ Sprecher. „Die Ausstiegsklauseln gelten auf 30 Jahre, es besteht kein Grund zur Eile.“

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