EADS droht Mega-Strafe in den USA

Wenn Bestechung nachgewiesen wird, könnte der Flugzeug-Hersteller zu Zahlungen in Millionenhöhe verurteilt werden.

Routinierte Piloten meiden Schlechtwetter wann immer es geht. Turbulenzen und üble Sicht sind Gift für sichere Manöver – wer will schon abstürzen?
Angesichts der Vorwürfe, die jüngst von der Justiz kolportiert wurden, kommt man freilich nicht umhin zu sagen: EADS, der Produzent des Eurofighters, steuert auf ein veritables Gewitter zu. Und das hat maßgeblich mit jenen 15 Kampfjets zu tun, die der weltweit zweitgrößte Luft- und Raumfahrtkonzern (50 Milliarden Euro Jahresumsatz, 133.000 Beschäftigte) einst an die Republik Österreich verkauft hat.

Wie berichtet, prüfen die Staatsanwaltschaften in Wien, München und Rom ein kompliziertes Netz aus Briefkasten-, sprich möglichen Scheinfirmen, über die kolportierte 50 bis 170 Millionen Euro Schmiergeld geflossen sein könnten. An Politiker, an Beamte, an Unternehmer. Kein Tag vergeht an dem sich nicht ein gewichtiges deutsches Medium mit dem möglichen Schmiergeld-Skandal befasst. Erst gestern berichtete der Spiegel ausführlich von den „dubiosen Zahlungen“.

Während der Grüne Aufdecker Peter Pilz fordert, Österreich müsse sich angesichts der erhobenen Vorwürfe sofort den Zugriff auf das Privatvermögen des verstorbenen Landeshauptmannes Jörg Haider sichern (siehe Artikelende), steigt in der EADS-Zentrale in Ottobrunn bei München die Nervosität.

Denn zusätzlich zum Reputationsverlust drohen dem Konzern Pönalzahlungen bis zur Milliardenhöhe – und zwar nicht in Europa, sondern in den USA.
„Sollten sich die Vorwürfe erhärten, stehen dem EADS-Konzern bei vorsichtiger Schätzung Strafzahlungen ins Haus, die unter Garantie nicht unter 100 Millionen Euro liegen“, sagt Alexander Petsche, Strafrechts- und Transparenz-Experte der internationalen Kanzlei Baker & McKenzie zum KURIER.

US-Justiz

Grund für seine Prognose ist der so genannte Foreign Corrupt Practises Act, kurz FCPA. Der FCPA ermöglicht der US-Justiz, Unternehmen zu verfolgen, die in einer Geschäftsbeziehung mit den USA stehen. Sei es, weil sie Niederlassungen in den USA haben; sei es, weil sie Geschäfte mit US-Firmen machen; oder sei es nur, weil ihre Überweisungen über Konten von US-Banken laufen.
Auf EADS trifft all dies zu: Der Konzern unterhält eine Niederlassung in den USA, man führt Werke und verhandelt derzeit mit den US-Streitkräften über ein Kontingent neuer Aufklärungshubschrauber.
„Als 2006 der Siemens-Skandal aufgeflogen ist, musste der Siemens-Konzern allein im Jahr 2008 mehr als 600 Millionen Euro Strafzahlungen an die US-Behörden leisten“, sagt Petsche.

Droht EADS zu einem zweiten Siemens zu werden? In Berlin ist man vorgewarnt. „Die Entwicklungen in sind besorgniserregend, das kann fatale Konsequenzen für Arbeitsplätze, aber auch für die Forschung haben“, sagt ein Insider zum KURIER. In der Bundeshauptstadt rechnet man ebenfalls mit Strafzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe, sollte sich der Schmiergeld-Verdacht erhärten.
EADS wollte sich am Montag nicht zu den kolportierten Vorwürfen äußern.
 

Peter Pilz, Aufdecker der Grünen, fordert gegenüber dem KURIER, dass sich die Justiz den Zugriff auf das Privatvermögen des verstorbenen Landeshauptmannes Jörg Haider sichert. „Es gibt den begründeten Verdacht, dass im Zuge des Eurofighter-Kaufs sowie bei der Veräußerung der Hypo-Bank Schmiergeld an Haider geflossen ist“, sagt Pilz. „Wenn sich die Vermutungen der Justiz bestätigen, wird das gesamte Bärental (gehörte Haider) nicht ausreichen, um den von ihm verursachten Schaden gut zu machen.“ Wie berichtet, landeten vier bis fünf Millionen Euro möglichen Schmiergelds des EADS-Konzerns über Briefkastenfirmen in der von Haider gegründeten Kärntner Lakeside-Stiftung.

Warum EADS den komplizierten Umweg über Briefkastenfirmen nahm und warum nicht die selbe Summe in der Stiftung ankam, die EADS ursprünglich an die Briefkastenfirmen überwiesen hat, prüft die Justiz. Pilz’ Vorschlag kommt nicht von ungefähr: Vor dem Prozess gegen den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly (ihm wird vorgeworfen, 12,6 Millionen Euro Bestechungsgelder vom britischen Rüstungskonzern BAE kassiert und verteilt zu haben – es gilt die Unschuldsvermutung) wollte die Staatsanwaltschaft auch Mensdorffs Schloss in Luising sicherstellen (mehr dazu hier), um etwaige Strafzahlungen abzudecken. Die Forderung wurde allerdings in erster Instanz abgewiesen.
 

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