Neuer Plan der Regierung: Jetzt kommt Mundschutzpflicht im Supermarkt

Neuer Plan der Regierung: Jetzt kommt Mundschutzpflicht im Supermarkt
Viel Hammer, noch fast kein Tanz. Die Regierung wird heute trotz guter Zahlen vermutlich keine Lockerungen in Aussicht stellen, im Gegenteil: Pflicht für Mundschutz im Supermarkt möglich

Die Strategie "Hammer und Tanz" ist die von vielen Wissenschaftern empfohlene zur Bekämpfung der Corona-Krise. "Hammer" steht für die Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung. Dann folgt der "Tanz", also das langsame und vorsichtige Aufheben einzelner Maßnahmen. Wir stehen derzeit eindeutig beim Hammer, von Tanz ist noch keine Rede.

Die dritte Woche des Fast-Ausgehverbots für die Österreicher beginnt heute wieder einmal mit Auskünften der Regierungsspitze. Das bekannte Quartett Kurz-Kogler-Anschober-Nehammer wird wieder vor die Presse treten (Um 11 Uhr; KURIER.at wird im Live-Stream berichten). Eigentlich wurde die Betrachtung des neuen Lagebilds schon für Freitag erwartet. Man wollte jedoch noch neue Daten vom Wochenende abwarten. Klar ist, dass es zu keinen Lockerung kommen wird. Wohl auch zu keinen Andeutungen. Denn zu groß ist die Sorge, dass auch nur ein winziges Signal die bisher sehr gute Disziplin der Österreicher aufweichen würde. Und das obwohl die Anstiegszahlen am Wochenende erstmals wirklich deutlich gesunken sind.

Eine mögliche Maßnahme zur weiteren Eindämmung könnte sein, dass beim Einkauf im Supermarkt verpflichtend ein Mundschutz zu tragen ist. Die dafür notwendige Anzahl an Masken soll bereitstehen.

Anstieg mehr als halbiert

Der Vier-Tages-Schnitt, den wir auf KURIER.at immer präsentieren ist auf 11 Prozent Zuwachs gesunken. Die Tageswerte am Samstag und Sonntag waren deutlich unter 10 Prozent und nicht mal halb so hoch wie Mitte der Vorwoche. Und wir haben Gesundheitsminister Rudi Anschober im Ohr, der davon gesprochen hat, dass erst bei einem Sinken der Werte in den mittleren einstelligen Bereich von ein schrittweisen Öffnung die Rede sein könne. Also das hätten wir mal erreicht. Aber noch ist unsicher, ob es ein "Wochenend-Effekt" war (weniger Tests) oder generell ein Rückgang der Tests im Vergleich zur Infektionszahl. Denn die Zahl der Tests ist nicht wie die Infiziertenzahl exponentiell mitgestiegen.

Tanz auf dem Vulkan

Dass der Tanz - wann immer er beginnt - ein heißer Tanz auf dem Vulkan sein wird, ist ohnehin klar. Was immer die Regierung tut, einige werden es für zu hart, andere für zu gefährlich halten. Im Kräfteparallelogramm "Gesundheit - Wirtschaft - Kinderbetreuung - Moral" wirken erhebliche Kräfte, die in alle Richtungen ziehen. Wobei festzuhalten ist, dass echter, seriöser Widerspruch gegen die Regierungslinie nicht vorhanden ist. Weder von der Wissenschaft, noch von der Opposition, obwohl sich dort am Wochenende zumindest in Sachen Wirtschaftsförderung, als auch Beschaffung von intensivmedizinischem Material erste Widerstände bildeten. Unser Redakteur Christian Böhmer hat die Situation in dieser Geschichte zusammengefasst.

Doch wie schmal der Grat ist, zeigt die Debatte in Deutschland. Immer öfter melden sich dort kritische Wissenschafter zu Wort. Die einen meinen - sehr zugespitzt - dass die Maßnahmen der Corona-Krise nicht mehr Menschenleben kosten dürfen als durch das Corona-Virus selbst. Medizinische Engpässe für andere Patienten, Depression, Armut, Massenarbeitslosigkeit, Herzinfarkte etc. könnten langfristig ebenfalls tausende Menschen das Leben kosten.

Wissenschaftlich gesehen sind es Aussagen wie jene des Direktors der Uniklinik Hamburg, Ansgar Lohse, die zum Nachdenken führen: Er meint, man müsse gerade jetzt Schulen öffnen, um die jungen und gesunden Menschen rasch und kontrolliert infizieren lassen, um eine Durchimmunisierung der Bevölkerung zu erreichen. Denn ohne Impfung, die erst 2021 zu erwarten sei, könne die unkontrollierte Ausbreitung nur gestoppt werden, wenn eine ausreichende Zahl an Menschen immunisiert sei. Dazu müsse man, so Lohse, aber Wege finden, wie man eine Entwicklung von Immunitäten kontrolliert steuern könne. Auch er warnt vor zunehmenden sozialen Spannungen und desaströsem Schaden für die Wirtschaft (und das von einem Mediziner!).

Wenige Minuten später jedoch schießt das Handelsblatt eine Mitteilung auf die Handys seiner Kunden. Im Interview warnt selbst der deutsche Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor einer Lockerung der Maßnahmen. "Leben und Gesundheit müssen Vorrang haben, im Zweifelsfall auch vor nachvollziehbaren wirtschaftlichen Interessen". Zwei Meinungen innerhalb einer Stunden, zwei völlig unterschiedliche Richtungen. Zwei Meinungen, die beide ernst zu nehmen sind.

Die Debatte wird also offen geführt. Wir sollten auch in Österreich mehr davon haben. Jedenfalls wenn sie seriös geführt werden.

richard.grasl@kurier.at

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