Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen, hört man dieser Tage stets. Das ist völlig richtig. Um den unsichtbaren Feind zu bekämpfen, ist es legitim, Grundrechte, wie Versammlungs- und Bewegungsfreiheit, vorübergehend auszusetzen und auch den Datenschutz (Stichwort Handyortung) aufzuweichen. Der Großteil der Bevölkerung hat dafür durchaus Verständnis. Auf globaler Ebene wäre so eine außergewöhnliche Maßnahme die Bildung einer Art Weltregierung unter dem Dach der UNO. Die G 20 wäre das geeignete Gremium. Repräsentiert doch der Zusammenschluss der 19 wichtigsten Industrienationen plus der EU zwei Drittel der Weltbevölkerung, und 85 Prozent des globalen Bruttonationalprodukts werden in diesen Staaten erwirtschaftet.
In Vor-Corona-Zeiten wurde der G 20 von NGOs zu Recht vorgeworfen, als Weltregierung sich die Dinge untereinander auszupackeln. Jetzt hätten die Mächtigen des Planeten die einmalige Chance, im positiven Sinn diese Rolle einzunehmen. Denn kein Land alleine kann die Folgen der Corona-Krise meistern, schon gar nicht die ärmsten Nationen, etwa in Afrika. Denn wenn die USA, wo die Arbeitslosenzahlen gerade explodieren, in den ökonomischen Abgrund stürzten, kann das China und dem Rest der Welt nicht egal sein – und umgekehrt.
Gleiches gilt für die EU, wo sich die Staats- und Regierungschefs in der Vorwoche aber wieder einmal nicht mit Ruhm bekleckert haben, im Gegenteil. Der Hilferuf Italiens nach finanzieller Unterstützung wurde vorerst nicht erhört. Dabei erwartet das Land eine Rezession von 6,5 Prozent. Will die Union tatsächlich ein Gründungsmitglied vor die Hunde gehen lassen? Das wäre ihr Ende. „Koste es, was es wolle“, muss auch für Italien oder Spanien gelten, die am schlimmsten unter der Pandemie leiden und ihre Volkswirtschaften nicht alleine vor dem Kollaps schützen können.
Die G 20 (und insofern auch die EU) hat aktuell eine besondere Verantwortung – für alle Bewohner dieses Planeten. Nachfolgende Generationen werden sie daran messen. Sicherlich: Dass US-Präsident Trump seine „America First“-Politik einmal beiseite schiebt und Kremlchef Putin sowie der türkische Präsident Erdoğan auf ihre Machtspielchen verzichten, ist leider schwer vorstellbar. Aber wann, wenn nicht jetzt wäre der Zeitpunkt gekommen, gemeinsam zu kämpfen und gemeinsam zu siegen. Ein kühnes Ziel, aber träumen wird man ja noch dürfen.
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