Grüne orten "Hetze" von SPÖ und KPÖ gegen Schilling - und rudern zurück
Trotz der jüngsten Vorwürfe halte die Grünen an ihrer EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling fest. Es gehe hier nur darum, "eine junge engagierte Frau in einer Hetzkampagne fertig zu machen", sagte die grüne Generalsekretärin Olga Voglauer bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz am Mittwoch.
Sie ortet "Kreise in der SPÖ und der KPÖ" die hinter dieser Kampagne stehen würden und davon profitieren würden. Bezüglich der SPÖ müsse man von Silberstein-Methoden sprechen. "Die Gerüchte tauchten immer im Kontext mit SPÖ-Personen auf."
Die Aktivistin Veronika Bohrn-Mena sei bei der SPÖ, ihr Mann Sebastian sei SPÖ-Mitglied gewesen. Und zwar im Wiener Bezirk Penzing, wo auch EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder beheimatet sei. Wie berichtet hatte das Ehepaar vor Gericht bewirkt, dass Schilling nicht mehr falsche Behauptungen zu häuslicher Gewalt verbreiten dürfe. Sie ortet Voglauer als eine der Quellen der Vorwürfe, die an die Medien gingen.
Nur wenige Stunden darauf kam der Rückzieher. Voglauer entschuldigte sich via X bei Schieder und nahm den Vorwurf der Silberstein-Methoden zurück.
Wechsel zur Linksfraktion?
Am Dienstag publizierte der Standard anonyme Vorwürfe, dass die grüne EU-Spitzenkandidatin in Gesprächen und einem Chat überlegt haben soll, nach der Wahl zur Linksfraktion im EU-Parlament zu wechseln (Der KURIER berichtete).
Schilling weist das am Mittwoch als "Bullshit" zurück. "Das war nie ein Thema. Ich hatte Angebote von mehreren Parteien, habe mich aber für die Grünen entschieden." Die Linksfraktion habe keine eindeutige Haltung für die Ukraine im Krieg gegen Russland sowie im Nahostkonflikt.
Schilling tritt Grünen bei
Ein Rücktritt komme für sie nicht in Frage. Stattdessen geht Schilling nun in die entgegengesetzte Richtung. "Ich wollte nicht grünes Mitglied werden, jetzt habe ich mich aber dazu entschlossen."
Statement von Lena Schilling, EU-Spitzenkandidatin der Grünen
Zu dem zuletzt bekannt gewordenen Chat mit Veronika Bohrn Mena, in dem sie betont habe, die Grünen „gehasst“ zu haben, sagt Schilling: „Er stammt aus einer Zeit, in der ich über die Kandidatur für die Grünen nachgedacht habe.“ Darin habe sich auch geschrieben, dass sie sich nicht in der KPÖ sehe.
Vielmehr sei ihr die Klimapolitik ein großes Anliegen und nach einem Gespräch sei sie sehr beeindruckt von einer grünen EU-Mandatarin gewesen. „Ich habe damals auch geschrieben, dass ich lernen könne, mich als Grüne zu fühlen. Das habe ich auch gelernt. Sie sind die einzige Partei die den Klimaschutz ernst nimmt.“
Schilling lobt grüne Spitze
Um das zu unterstreichen, setzte Schilling zu einem Lob der grünen Regierungsmitglieder, der Klubobfrau Siegrid Maurer und dem EU-Mandatar Thomas Waitz an.
Sie sei in einem linken Umfeld sozialisiert geworden, in dem viele die Grünen ablehnen würden. „Auch ich war ihnen kritisch gegenüber. Ich in hart mit ihnen ins Gericht gegangen, weil ich viel von ihnen erwarte. Aber wenn man es mit dem Klimaschutz ernst nimmt, dann macht man es mit den Grünen.“
Schilling zeigte sich bereits am Dienstagabend über die Vorwürfe betroffen. Den Vorwurf, sie hätte überlegt, nach der Wahl von den Grünen zur Linksfraktion zu wechseln, weise sie "in aller Härte zurück", sagte sie bei einer KURIER-Diskussion in Wiener Neustadt.
Statement von Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer
Absturz in den Umfragen
Die mit öffentlich gemachten Vorwürfen aus ihrem Privatleben und sinkenden Vertrauenswerten konfrontierte Spitzenkandidatin Schilling hatte sich zuletzt betroffen gezeigt, aber betont, niemals an einen Rückzug gedacht zu haben.
Angesichts aktueller Umfrageabstürze meinte sie, sie wolle "Herzen zurückgewinnen". Sie verstehe, dass das Vertrauen angesichts dessen, was veröffentlicht wurde, erschüttert sei. Sie wolle aber nach vorne schauen und kämpfen.
Voglauer: "Niederster Auswuchs"
Für Voglauer sei Schilling ein „politisches Ausnahmetalent, unterschiedliche Parteien haben sich um sie gerissen“.
Sie kritisiert einmal mehr, dass mit den jüngst veröffentlichten Chats Informationen aus dem „höchst privaten Bereich“ an die Öffentlichkeit geraten seien.
Der „niederste Auswuchs“ sei mit den jüngsten Berichten im Standard erreicht worden.
"Menschenverachtende Hetze"
Voglauer zählt auf, mit welchen Anfragen die Grünen seit Beginn der Causa konfrontiert seien: „Es werden Ferndiagnosen gestellt und Lena Schilling pathologisiert, es kommt der Vorwurf, ob sie ihr Buch nicht selbst geschrieben hat, die Frage, wann sie das letzte Mal die Uni besucht hat, was ihre letzte Uni-Arbeit war, ob sie das Lobaucamp angezündet hat. Es werden wahllos Namen von Männern abgefragt, mit denen sie ein Verhältnis gehabt haben soll.“
Lena Schilling sei nicht fehlerfrei, so Voglauer. Aber diese „menschenverachtende Hetze“ habe ein Programm, das nicht zufällig sei. Natürlich würde sie den Grünen schaden, die dank Schilling bis vor wenigen Wochen noch sehr gute Umfrage-Daten gehabt hätten.
SPÖ prüft rechtliche Schritte
SPÖ-Chef Andreas Babler betonte, auf entsprechende Vorwürfe in einer davor abgehaltenen Pressekonferenz angesprochen, es gebe „keine Verbindung einer SPÖ mit Lena Schilling“. Von irgendwelchen Treffen von Personen aus dem SPÖ-Umfeld mit der Spitzenkandidatin der Grünen für die EU-Wahl wisse er nichts. Er verfolge die Debatte in den Medien und verfüge über keine anderen Informationen.
Und, so Babler: Er wolle sich auch nicht in Parteiinterna der Grünen einmischen. Gleichzeitig nutzte der SPÖ-Chef die Pressekonferenz, um zu betonen, dass auch er den Kampf gegen Erderhitzung mit großer Leidenschaft verfolge.
Von "inakzeptablen grünen Verschwörungstheorien" sprach indes SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim. Laut einer SPÖ-Sprecherin prüfe man rechtliche Schritte gegen die Grünen. Bei der KPÖ wollte man die Vorwürfe nicht kommentieren.
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