Causa Ibiza: WKStA zeigt Bundeskriminalamt die rote Karte
Die Auseinandersetzung zwischen Korruptionsstaatsanwaltschaft und SOKO Ibiza alias Tape ist nun endgültig eskaliert. In einem Schreiben der WKStA vom 16. März, das dem KURIER vorliegt, werden dem Bundeskriminalamt (BKA) mit sofortiger Wirkung alle Ermittlungen entzogen. Justizministerin Alma Zadić soll kurz vor Absenden des Schreibens vom Vorhaben der WKStA informiert worden sein.
Den Kriminalisten und weiteren angeblich beteiligten Spitzenbeamten werden außerdem dienstrechtliche Konsequenzen angedroht. Die SOKO muss nun alle Datenträger an die Justiz übermitteln und alle Kopien vernichten.
Der Streit tobt schon seit Monaten. Die SOKO vertraut der WKStA nicht und sieht dort einen Abfluss von Informationen an bestimmte Medien. So seien übermittelte Ermittlungsergebnisse teilweise zwei Stunden später schon online gestanden, hieß es aus Polizeikreisen. Die SOKO sei dabei oft schlecht weggekommen, sogar Ermittlungen seien so behindert worden.
Liste an Vorwürfen
Umgekehrt sah die WKStA eine Befangenheit bei einem Ermittler, der SMS mit Durchhalteparolen an Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache schrieb. Für böses Blut sorgte auch, dass die SOKO Ibiza den Fund des Ibiza-Videos vor der WKStA eine Zeit lang verschwiegen hat. BKA-Chef Andreas Holzer verständigte damals nur die Staatsanwaltschaft Wien, die WKStA erfuhr davon erst aus den Medien.
Nun tauchten neue Chats auf. Der Leiter der SOKO und nunmehrige BKA-Chef Holzer schrieb etwa "50 Berichte an WKStA, 100 zum Teil sinnlose Ermittlungsanordnungen“.
"Unverhältnismäßigkeiten in den Ermittlungen verhindern“
Das mangelnde Vertrauen wird offensichtlich. WKStA-Chefin Ilse-Maria Vrabl-Sanda erhebt schwerste Vorwürfe in dem Schreiben an den neuen Leiter der SOKO, Dieter Csefan: "Demnach trafen sich vor oder nach Besprechungen mit den zuständigen Staatsanwälten der WKStA wiederholt der damalige Leiter des BKA Lang, der Leiter der SOKO und Sie als Stellvertreter mit den für die Fach- und Dienstaufsicht zuständigen Vorgesetzten LOStA Mag. Fuchs und Sektionschef Mag. Pilnacek zur Koordinierung der angestrebten Vorgehensweise. Und so sollte die SOKO Tape nach Sektionschef Mag. Pilnacek „Unverhältnismäßigkeiten in den Ermittlungen verhindern“. Holzer wird außerdem die Torpedierung des Verfahrens vorgeworfen, etwa auch durch die wochenlange Unterschlagung des Ibiza-Videos.
Im Brief an seinen Stellvertreter und nunmehrigen SOKO-Chef Csefan heißt es dazu: „Demnach wurde von der SOKO nicht nur die Sicherstellung des Ibiza-Videos rechtswidrig nicht der WKStA berichtet, sondern MR Mag. Andreas Holzer hat mit Ihnen gemeinsam eine (...)“ nicht mit der WKStA als ermittelnde Behörde abgestimmte Medienarbeit betrieben und das damit begründet, dass „der Erfolg der Sicherstellung des Videos endlich einmal exklusiv von uns präsentiert werden (kann)“.
"Straf- und dienstrechtliche Aufarbeitung unerlässlich"
Abschließend heißt es deshalb: „Da eine weitere zweckmäßige Zusammenarbeit im Sinne der effizienten Strafrechtspflege nicht in Betracht kommt, sondern derzeit vielmehr eine straf- und dienstrechtliche Aufarbeitung unerlässlich scheint, entzieht die WKStA der SOKO Tape sämtliche Ermittlungsaufträge und ersucht um ehestmögliche Berichterstattung, welche Ermittlungsaufträge noch ausständig sind (...)“
Im Innenministerium ist man über den Brief von der Chefin der WKStA alles andere als „amused“ – um die Stimmung unter den Ermittlern diplomatisch auszudrücken.
Franz Ruf, der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, antwortete der WKStA umgehend: „Zu keinem Zeitpunkt (diese Worte unterstrich Ruf extra) seit Bestehen der Soko Tape wurden seitens der Mitarbeiter Ermittlungen oder Geheimermittlungen gegen Angehörige des staatsanwaltschaftlichen Teams angedacht oder geführt“.
Innenministerium weist Vorwürfe zurück
Weiters weist Ruf auf schärfste zurück, dass sich die Soko Tape von „Dritten“, sprich dem Johann Fuchs, dem Chef der Oberstaatsanwaltschaft, „vor den Karren spannen“ lässt.
Aus dem Innenministerium hört man, dass die Chats zwischen Fuchs und BKA-Chef Holzer von der Wochenzeitung Falter falsch dargestellt oder interpretiert worden sein sollen. Am Ende des Schreibens fordert Ruf Vrabl-Sanda auf, dass sie gemeinsam daran arbeiten müssen, damit die Behörden „nicht gespalten werden“.
Aus dem Innenministerium heißt es offiziell: "Das Verhalten der WKStA ist völlig überschießend und unverständlich. Zu keinem Zeitpunkt hat es Ermittlungen der Soko Tape gegen Staatsanwälte der WKStA gegeben. Der aus diesem Grund von der WKStA angeführte Vertrauensverlust ist daher nicht nachvollziehbar. Konflikte zwischen verschiedenen Stellen innerhalb der Justiz dürfen nicht auf dem Rücken von engagierten und untadeligen Ermittlern ausgetragen werden."
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