Ausgebrannt? Was die neue EU-Regelung beim Heizen für uns bedeutet
Mehr als ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU entfällt auf Gebäude. Noch kommt ein Großteil der Energie, die etwa für Heizung und Warmwasser eingesetzt wird, auf fossile Energieträger wie Öl und Gas.
Das soll sich schrittweise ändern, bis 2040 sollen Öl und Gas nicht mehr für Heizen und Warmwasser verwendet werden. Außerdem sollen die Gebäude energieeffizienter gemacht werden.
Bedeutet das eine Sanierungspflicht?
Nicht unbedingt. Das EU-Parlament hat den Mitgliedsstaaten Ziele für die Gesamtheit des Gebäudebestands gegeben. Wie diese erreicht werden – und wie viel wer dazu beitragen muss, fällt in den Handlungsspielraum der Mitgliedsstaaten. Bis Ende 2025 müssen die Mitgliedsstaaten ihre Pläne der Kommission vorlegen, bis Sommer 2026 müssen sie in nationalem Recht umgesetzt sein.
Hatten wir dieses Ziel in Österreich nicht schon?
Österreich soll bis 2040 „klimaneutral“ sein, einen verpflichtenden Austausch von Öl- und Gasheizungen gibt es aber nicht. Eine gesetzliche Regelung scheiterte 2023 auch an der Zweidrittelmehrheit mit der SPÖ, die türkis-grüne Regierung hat sich dann auf massive Förderungen für den Heizungstausch und für thermische Sanierungen geeinigt. Bisher werden diese vor allem für den Heizungstausch genutzt, die Sanierungsquote müsste aber deutlich steigen – nicht zuletzt, weil Heizsysteme an den Energiebedarf eines Gebäudes angepasst werden. Wird zuerst die Heizung getauscht, ist diese nach einer etwaigen thermischen Sanierung überdimensioniert.
Wie viel bringen thermische Sanierungsmaßnahmen?
Das einfachste und meist billigste ist, die oberste Geschoßdecke zum Dach zu dämmen. Dadurch sinken die Heizkosten um etwa zehn Prozent. Werden zusätzlich Fenster und Türen getauscht, kann rund ein Viertel der Energie eingespart werden. Insgesamt die Hälfte der Heizkosten kann gespart werden, wenn zusätzlich die Fassade gedämmt wird.
Wie viele Gebäude müssten saniert werden?
Schätzungen zufolge müssen bis 2050 sieben von zehn Gebäuden in der EU thermisch saniert werden. Genaue Zahlen für Österreich gibt es noch nicht, denn Bauordnung und somit auch Energieeffizienz ist Ländersache – und soweit dem KURIER mitgeteilt wurde, nicht bundesweit nach einheitlichen Standards erhoben worden. Die Länder haben begonnen, den Bestand der 2,4 Millionen Gebäude in Österreich zu erheben.
Wo soll das Geld dafür herkommen?
Das Bundesministerium für Klimaschutz (BMK) sieht neben den Eigentümern auch die Bundesländer in der Pflicht. Die Mittel aus der Wohnbauförderung seien nicht ausreichend für Sanierungen eingesetzt worden. Wenn diese „gezielt in die Wohnraumsanierung eingesetzt werden und ähnlich wie die Bundesmittel entsprechend angehoben werden, kann eine deutliche Erhöhung der Sanierungsrate erreicht werden“, heißt es aus dem BMK auf Anfrage des KURIER.
Was sagen Vertreter der Immobilienwirtschaft?
Mangels eines konkreten Konzepts dazu, wie die Ziele in Österreich erreicht werden sollen, sind die Auswirkungen für Immobilienbesitzer und -entwickler nicht absehbar. Bei einem Treffen der Branche im Justizministerium am Mittwoch herrschte zu den neuen EU-Vorgaben Ratlosigkeit. Offen ist etwa, wer Eigentümern noch funktionierende Thermen finanziell ersetzt; oder ob, wie schon jetzt möglich, die Kosten großer Sanierungen auf die Mieter teils überwälzt werden können.
Kommt ein EU-weites Verbot von Öl- und Gasheizungen ab 2040?
Nein. Das EU-Parlament will das Ziel verankert haben, dass bis dahin keine fossilen Heizungen mehr in Betrieb sind. Sie verpflichtet die Mitgliedsstaaten aber nicht zu einem Verbot. Die Formulierung wurde mutmaßlich schwammig getroffen, um eine Mehrheit zu bekommen.
Was sind die Alternativen zu Öl- und Gasheizungen?
Bei gut gedämmten Häusern gelten Wärmepumpen als die effizienteste Heizung, bei älteren Gebäuden setzen in Österreich viele auf Biomasse wie etwa Pellets. Bei deren Verbrennung entweicht zwar CO2, trotzdem gelten sie als klimaneutral, denn dieselbe Menge CO2 wird durch das Nachwachsen der Pflanzen wieder aus der Atmosphäre gefiltert. In dicht bebauten Regionen (Städten) bieten sich Fernwärmesysteme an. Diese werden teilweise mit Biomasse betrieben. Wien Energie zum Beispiel will das Erdgas in der Fernwärme bis 2040 ersetzen, die Leistung soll dann zu je etwa einem Viertel aus der Müllverbrennung, Geothermie, Großwärmepumpen und „grünen Gasen“ wie Biomethan oder Wasserstoff gewonnen werden.
Wer hat im EU-Parlament wie abgestimmt?
Die groben Linien der Österreicher waren: Rote, Grüne und Liberale stimmten (erfolgreich) dafür, die FPÖ- und die ÖVP-Delegation (mit Ausnahme von Othmar Karas) stimmten (nicht erfolgreich) dagegen. Auf EU-Ebene war besonders die EVP-Fraktion gespalten, wenn auch mehrheitlich dafür. Überwiegende Unterstützung gab es jedenfalls aus dem roten, liberalen, grünen und linken Lager. Dagegen waren neben der ÖVP die Rechtsaußenfraktion „Identität und Demokratie“ (samt FPÖ-Mandataren) als auch die EU-kritischen „Europäische Konservative und Reformer“.
Wie begründet die ÖVP ihr Nein?
Delegationschefin Angelika Winzig sah „keinen Mehrwert“ im Vergleich zu bestehenden Gesetzen: Neben der Erneuerbare-Energien-Richtlinie und der Energieeffizienzrichtlinie greife hier auch der Emissionshandel II.
Was ist der „Emissionshandel II“?
Dabei handelt es sich um eine noch viel zu wenig beachtete Maßnahme, die fossile Energieträger (Sprit, Heizöl und Gas) ab 2028 verteuern wird: Dazu wird eine Gesamtmenge dieser Fossilenergien definiert, und diese jedes Jahr um fünf Prozent reduziert. Wer ab 2028 fossile Energien verkaufen will, muss Zertifikate (Verschmutzungsrechte) am Markt kaufen. Die künstliche Verknappung (im Einklang mit den Klimazielen) dürfte zu möglicherweise massiv steigenden Preisen führen.
Warum wird das alles gesetzlich geregelt?
Die EU-Staaten haben sich längst hohe Klimaschutz-Ziele gegeben, bisher aber kaum harte Maßnahmen gesetzt, um diese zu erreichen. Ausnahmen wären das Aus für neue, fossile Verbrenner ab 2035 (mit E-Fuels könnten auch danach Verbrenner zugelassen werden) und nun die Gebäudeeffizienz-Richtlinie.
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