Babler will einen 20-Milliarden-Euro-Transformationsfonds
"Wie beeinflussen die Auswirkungen der anhaltenden Inflation, der anhaltende Krieg in der Ukraine, und die geopolitischen Verschiebungen die Wirtschaft auf deutscher, europäischer und globaler Ebene? Folgt auf die umfassenden Rettungspakete nun eine strikte Austeritätspolitik? Welche Wirtschaftspolitik ist erforderlich, um Ungleichheit zu reduzieren, gute Arbeit zu sichern und die Klimaneutralität aktiv zu gestalten?"
Diese und andere Fragen wurden beim "Tag der progressiven Wirtschaftspolitik" der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung am 21. März in Berlin diskutiert. Unter den Keynote-Speakern und Diskutierenden Mariana Mazzucato, Professorin am University College London und Autorin, Klimaaktivistin Carla Reemtsma und SPÖ-Chef Andreas Babler.
Entriert wurde Babler als jemand, der "ein echter Sozi" ist und "klingt wie ein Grüner".
In seiner Rede über "Eckpunkte einer progressiven Wirtschaftspolitik für Deutschland und Europa" sagt Babler, die SPÖ sei immer dann besonders stark, wenn sie in Verbindung mit der Wissenschaft tritt. "Es ist wichtig, auf die beste Expertise zugreifen zu dürfen."
Die deutsche Ampel-Regierung greife zu, greife in den Energie-Markt ein. Die "österreichische, konservative Regierung" tue das nicht. Es gehe darum, das "Primat der Politik", das Regeln definieren soll, zurückzuholen. Es müsse Standort- und Konkurrenzpolitik neu gedacht, über Eingriffe in den Markt nachgedacht werden.
Man dürfe nicht der einstigen britischen Premierministerin Margaret Thatcher folgen, die keine Regulierung des Marktes propagierte, so der SPÖ-Chef. Er habe als Traiskirchner Bürgermeister erlebt, wie es ist, "wenn der Staat schwach ist". Der SPÖ-Chef meint das Semperit-Werk in Traiskirchen, das zugesperrt werden musste - auf Geheiß des "Mutter-Konzerns" in Deutschland. Den Begriff müsse man überdies überdenken, befindet Babler.
"Der schwache Staat hat seine Aufgabe aufgegeben", so der SPÖ-Chef. Semperit sei nur ein Beispiel.
Auch "der Fall Benko" zeige, dass der Staat schwach sei, so Babler, der die Steuerstundungen und Corona-Hilfen als Argument ins Treffen führt. "Wir sind dabei die Dinge, die schlecht laufen, in einem parlamentarischen Ausschuss aufzuarbeiten", erklärt der SPÖ-Chef in Berlin.
"Progressiv wirtschaftlich zu denken, das heißt neu zu denken, einzugreifen und Dinge aus der Vergangenheit anders zu machen", so Babler. Es dürfe nie mehr vorkommen, dass bei der Medikamentenversorgung Abhängigkeiten entstehen, die zu Engpässen führen, wie bei Antibiotika passiert.
Es müsse neu über Subventionspolitik nachgedacht werden, führt er weiter aus. Die Politik müsse Kriterien festsetzen, wann ein Konzern oder Unternehmen Subventionen erhält - und wann nicht. Die Sozialdemokratie sei die "beste und glaubwürdigste Partei", weil sie "das Privileg hat, alles zusammenzudenken". Gemeint sei damit die Sicht der Beschäftigten und das gemeinsame Interesse an einem Wohlfahrtsstaat.
Dann führt der SPÖ-Vorsitzende die in Österreich bekannten roten Forderungen aus: die Senkung der Arbeitszeit, um die Produktivität zu erhöhen, die Krankenstände zu reduzieren.
Den Klimawandel führt er gegen Ende der Rede an, um "Kipppunkte" festzumachen und die daraus resultierende Notwendigkeit, ökologischer und ökonomisch anders zu denken. Die Gletscher würden nicht mehr zurückkommen, die Künstliche Intelligenz nicht verschwinden. Babler will einen Transformationsfonds über 20 Milliarden Euro initiieren, um moderne Industrie in Österreich möglich zu machen. Es müsse um "change by design" gehen, nicht um "change by chaos". Es gelte auch, sich als Staat wieder an Unternehmen zu beteiligen. Es sei nicht zu verstehen, warum der Staat immer nur einspringt, wenn es um Notlagen gehe.
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