Die Benkomatkassa: Wenn Gier das Gehirn ausschaltet

Die Benkomatkassa: Wenn Gier das Gehirn ausschaltet
Warum drückte bei Signa niemand rechtzeitig die Stopptaste? Ganz einfach: Weil alle prächtig verdient haben.
Anita Staudacher

Anita Staudacher

Die mit Abstand größte Pleite Europas in diesem Jahr erschüttert das Land. Signa Holding und Signa Prime häuften einen Schuldenberg von unvorstellbaren 9,5 Milliarden Euro an. Die Passiva der Signa Development sind da noch gar nicht mit eingerechnet. Nur zum Vergleich: Mit dem Geld ließe sich ein Jahr lang der gesamte Bildungssektor in Österreich finanzieren.

Alle fragen sich nun: Wie konnte es so weit kommen? Warum hat niemand rechtzeitig die Stopptaste gedrückt? 

Es hätte doch jemandem auffallen können, ja müssen, dass die Zeiten des billigen Geldes, raschen Wachstums und der aberwitzigen Immobilien-Bewertungen vorbei sind. Der Begriff Risikovorsorge, der jedem kleinen Kreditnehmer eingebläut wird, scheint in diesem Milliarden-Imperium völlig unbekannt gewesen zu sein.

Nur einer ist stutzig geworden

Von den vermögenden Aktionären, illustren Aufsichtsräten und Beiräten hat niemand nachgefragt, geschweige denn nachkontrolliert. Bis auf einen. Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking wurde immerhin schon 2016 stutzig und stieg als Signa-Aktionär rechtzeitig aus. „Weil die Zahlen, die mir vorgelegt wurden, nicht mit dem übereinstimmten, was uns Benko in den Sitzungen vorgetragen hat“, so seine logische Begründung. Bei allen anderen schaltete die Gier offenbar die Gehirne aus. 

Statt Benko rechtzeitig auf den Zahn zu fühlen und Gegenmaßnahmen einzufordern, blähten sie mit weiteren Kapitalmaßnahmen das Immo-Reich sogar noch weiter auf. Erst als das Insolvenz-Domino nicht mehr aufzuhalten war, wagte sich der eine oder andere Promi-Investor ans Licht der Öffentlichkeit – wo ist übrigens René Benko? – und beklagte weinerlich Misswirtschaft und Intransparenz im Unternehmen. Warum so spät?

So lange die Rendite stimmt...

Die – sinngemäße – Aussage von Investor und Signa-„Beirater“ Alfred Gusenbauer in einem ORF-Interview vor einem Jahr beantwortet eigentlich alles: So lange die Rendite stimme, frage niemand nach, wie diese eigentlich erwirtschaftet werden könne. Und die Rendite stimmte über viele Jahre hinweg. Bei jährlichen Ausschüttungen im dreistelligen Millionenbereich – noch für das Geschäftsjahr 2021 flossen allein 220 Millionen Euro an die Prime-Aktionäre – macht niemand den Mund auf. Die „Benkomatkassa“ spuckte über Jahre hinweg nur die großen Scheine aus, am rein schuldengetriebenen Turbo-Wachstum haben die handverlesenen Geldgeber prächtig verdient.

"Retourgeld als Rettung"

Und jetzt? Um zu retten, was noch zu retten ist, sollen die Aktionäre bei der Signa Prime nochmals 300 bis 500 Millionen Euro zuschießen. Man könnte es auch so sehen, dass Geld ins Unternehmen zurückgeholt wird, das ohnehin an sie ausgeschüttet wurde. Wie erfolgreich diese „Rückholaktion“ sein wird, bleibt abzuwarten.

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