Nach der 5-Milliarden-Euro-Pleite der Signa Holding ist am Donnerstag deren Tochter Signa Prime Selection AG mit 4,53 Milliarden Euro Schulden in die Insolvenz geschlittert. Es wurde ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung am Handelsgericht Wien eröffnet. Die Signa Prime bietet ihren Gläubigern 30 Prozent Quote an. Dafür muss sie rund 1,4 Milliarden Euro aufbringen.
Von den Schulden entfallen 2,798 Milliarden Euro auf die Gläubiger, die eine Quote erhalten werden, 1,731 Milliarden Euro auf "schlagend werdende Haftungen", 1,451 Millionen Euro auf Kündigungsentschädigungen; die Verfahrenskosten schlagen sich mit 16,294 Millionen Euro zu Buche und die Verwertungskosten werden mit 2,732 Millionen Euro beziffert. Das freie Vermögen wird mit 1,301 Milliarden Euro angegeben.
Was auffällt ist, dass die Beteiligungen (Buchwert: 5,44 Milliarden Euro) um 5,166 Milliarden Euro auf 273,24 Millionen Euro abgewertet werden mussten. Und die freien Aktiva (1,301 Milliarden Euro) zu einer Milliarde Euro aus konzerninternen Forderungen bestehen.
„Das Konzept sieht kein Neugeschäft mehr vor. Das bestehende Immobilien- bzw. Beteiligungsportfolio soll vielmehr strukturiert und unter größtmöglichem Werterhalt verwertet werden und somit soll das Sanierungsplanerfordernis in Höhe von 1,4 Milliarden Euro finanziert werden“, heißt es im Insolvenzantrag. Notverkäufe sollen so vermieden werden.
Luxusimmobilien
Zur Signa Prime gehören 369 Gesellschaften und 62 Immobilien, darunter das Goldene Quartier in Wien, das Wiener Kunstforum, das Museumsquartier in Bozen, das Carsch-Haus in Düsseldorf, das Warenhaus-Projekt Lamarr in Wien, der Elbtower in Hamburg, die Alsterarkaden und das Kaufmannshaus in Hamburg, das Upper West in Berlin, die Karstadt-Immobilien in München und Berlin sowie die Alte Akademie in München. „Gerade die Fortsetzung und Stabilisierung laufender Projekte erweist sich als enorm herausfordernd. Um Verluste des eingesetzten Kapitals zu vermeiden, wird es erforderlich sein, kurzfristig Entscheidungen über die Fortsetzung bzw. Einstellung von Dutzenden Development-Projekten zu treffen“, heißt es im Antrag weiter. Dem nicht genug. Damit die einzelnen fortführungswürdigen Besitz- und Kapitalbeteiligungsgesellschaften nicht zahlungsunfähig werden, benötigt die Signa Prime eine Überbrückungsfinanzierung in Höhe von 300 bis 500 Millionen Euro.
Offene Fragen
„Ich frage mich, wie das gehen soll. Welcher Sanierungsverwalter und welches Insolvenzgericht soll einem solchen Massekredit zustimmen. Das hat es in dieser Größenordnung noch nie gegeben“, sagt Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform. „Ich kann mir das nicht vorstellen, wie das funktionieren soll.“ Des Rätsels Lösung hat der renommierte Sanierer Erhard Grossnigg, der als Problemlöser bei der Signa Prime und bei der Signa Development an Bord gegangen ist. Von Grossnigg stammt die Idee für diesen sogenannten „Massekredit“.
Damit die Signa-Prime-Aktionäre ihr investiertes Vermögen nicht verlieren, sollen sie laut Grossnigg der Signa Prime besagte 300 bis 500 Millionen Euro im Form von Genussrechtskapital zur Verfügung stellen.
Die Aktionäre
„Wir brauchen schnell Liquidität, um die Vermögenswerte zu erhalten“, sagt Grossnigg zum KURIER. „Ich habe die Idee geboren, dass die Aktionäre, die hier Geld verlieren, dieses Massedarlehen in Genussrechtsform geben.“ Im Gegenzug sollen sie dafür aus dem Verkaufserlös eine „Prämie“ erhalten. „Sie schaffen mit ihrem Geld einen Mehrwert, daher ist es auch recht, dass sie etwas bekommen und einen Teil ihres Verlusts wieder wettmachen“, sagt der Sanierer. „Andererseits erlaubt es uns, die Quote zu erfüllen.“
Abseits von Signa-Gesellschaften ist mit zehn Prozent die größte Einzelaktionärin eine Gesellschaft des deutschen Logistik-Unternehmers Karl-Michael Kühne; je fünf Prozent halten die deutsche Steinkohleabbau-Abwicklerin RAG-Stiftung und die Fondsgesellschaft Union Investment sowie der Auto-Industrielle Robert Peugeot.
Weitere Pleiten
„Es war eine lange Diskussion und ich habe mein Konzept erst am 23. Dezember verschickt“, sagt Grossnigg zum KURIER. „Ich werde mit den Leuten ab nächster Woche reden. Ich habe eine positive Rückäußerung schon erhalten.“
Doch es wird noch zu weiteren Insolvenzen kommen. Heute, Freitag, wird auch für die Signa Development Selection, die zweite wichtige Signa-Tochter, ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung beantragt.
„Wir werden sehr sehr viel verändern, Betriebsstandorte schließen und Mitarbeiter kündigen“, sagt Grossnigg. „Es wird noch viele Insolvenzen geben, die noch nicht angemeldet sind. Und wir werden im Wesentlichen unsere Immobilien abverkaufen.“
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