Xi bei Putin: Freundschafts- oder Vermittlungsbesuch?
Am Montagabend öffnen sich die Tore des Kreml wieder für den vielleicht wichtigsten Gast, den Russlands Präsident Wladimir Putin in diesen Zeiten empfangen kann: Chinas Machthaber Xi Jinping.
Das Treffen hatte vor knapp einem Monat der chinesische Chefdiplomat Wang Yi eingefädelt, als er seinerseits Moskau besucht und Putin dort einen Vorschlag für Frieden in der Ukraine präsentiert hatte. Xi will demnach an dieses Gespräch anknüpfen und die Reise nach Moskau zu einem „Besuch des Friedens“ machen. Kann das gelingen?
Mit dem Gipfeltreffen im Kreml setzt Xi eine bisher beispiellose diplomatische Offensive fort. Erst vor zehn Tagen kam es in Peking im Schatten des größten innenpolitischen Events Chinas – dem Volkskongress, bei dem Xi formal in eine dritte Amtszeit als Präsident gewählt wurde – zu einem Wendepunkt der chinesischen Außenpolitik.
Bei einem geheimen Treffen einigten sich Vertreter der beiden Erzfeinde Iran und Saudi-Arabien darauf, erstmals seit sieben Jahren wieder formale Beziehungen zueinander aufzunehmen und wieder Botschaften in der Hauptstadt des jeweils anderen zu eröffnen. Die Annäherung war so überraschend wie spektakulär. Und sie wäre, das betonten beide Seiten, ohne die Vermittlung Chinas nicht möglich gewesen.
Schlag gegen die USA
Das Reich der Mitte kann damit einen gewaltigen diplomatischen Erfolg in einer Region verzeichnen, in der die USA seit Jahren daran scheitern. In Washington gibt man sich betont gelassen: Es sei auch im US-Interesse, dass im Nahen Osten Ruhe einkehrt, so die offizielle Linie. Hinter den Kulissen knirschen Verantwortliche jedoch mit den Zähnen. „Es ist immer eine Niederlage für die Vereinigten Staaten, wenn unser größter Konkurrent diplomatische Erfolge verzeichnen kann“, erklärte Robert Ford, einst selbst US-Botschafter in Syrien, in einem Blog-Artikel.
Diese Sicht der Weltpolitik als Nullsummenspiel ist auch im Reich der Mitte ausgeprägt. Dort wird man den Vermittlungserfolg zwischen dem Iran und Saudi-Arabien als „weiteren, vorsichtigen Schritt auf dem eigenen Weg zur Weltmacht“ sehen, meint Roderick Kefferpütz, Analyst beim Mercator-Institut für China-Studien (MERICS), zum KURIER. „Man zeigt damit, dass China inzwischen auch eine ordnende Kraft in der Welt sein kann.“
Ob das auch für den Krieg in der Ukraine gilt, ist die brennende Frage, die sich rund um Xis Besuch in Moskau stellt. Ähnlich wie die iranische spricht auch die russische Regierung kaum noch mit dem Westen. Die Kommunikationskanäle nach Peking sind dagegen offen.
"China ist kein ehrlicher Vermittler"
Laut Kefferpütz sind die beiden Konflikte trotzdem „nicht wirklich miteinander vergleichbar.“ Während die Volksrepublik der größte Abnehmer von saudischem und iranischem Öl ist und somit wirtschaftlich enorm von einem Ende der Feindschaft profitieren würde, „steht China in diesem Krieg klar an der Seite Russlands.“
So berichtete das US-Magazin Politico am Freitag anhand von Zoll-Daten, dass chinesische Konzerne alleine zwischen Juni und Dezember knapp 1.000 Sturmgewehre sowie militärische Schutzwesten unter falschen Angaben nach Russland geliefert haben sollen.
Wie der Kreml zudem erklärte, wollen Putin und Xi im Rahmen ihres Treffens gleich „mehrere gemeinsame Abkommen“ unterzeichnen. „Ein ehrlicher Vermittler, der Friedensverhandlungen erwirken will“, so Kefferpütz, „würde nicht zeitgleich bilaterale Abkommen mit dem Aggressor schließen“.
Selenskij als "Alibi"
Mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij hat dagegen seit Beginn der russischen Invasion noch kein einziger chinesischer Offizieller gesprochen. Zwar mehrten sich zuletzt Gerüchte, Xi wolle nach seiner Rückkehr nach Peking erstmals mit Selenskij telefonieren, bestätigt wurde das aber nie.
Selbst wenn es so käme, bleibt Kefferpütz kritisch: „Ich fürchte, dass es sich dabei um ein reines Alibi-Gespräch handeln würde.“ Genauso, wie der chinesische Friedensplan aus seiner Sicht vor allem „als Feigenblatt“ dient: „Er ist ein Vorwand, um ständig mit Moskau im Gespräch zu bleiben und Kritik mit Verweis auf die Vermittlertätigkeiten abschmettern zu können.“
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