Warum Chinas Vermittlerrolle reines Kalkül ist
Johannes Arends
22.02.23, 17:38Groß war die Überraschung, als Chinas Chefdiplomat Wang Yi auf der Münchner Sicherheitskonferenz ankündigte, bald einen Vorschlag für Frieden im „Ukraine-Konflikt“ präsentieren zu wollen. Zwei Nächte weilte Wang anschließend in Moskau und traf die Großkaliber der russischen Führung.
Ist es glaubhaft, dass das Reich der Mitte nach einem Jahr Krieg seine Vermittlerrolle wahrnimmt, wie es der Westen schon so oft einforderte?
Rein rational betrachtet muss China an einem baldigen Frieden in der Ukraine interessiert sein. Zu sehr profitierte man von der Weltordnung vor dem Einmarsch Russlands, als Europa und die USA – Chinas wichtigste Handelspartner – außenpolitisch ungeeint waren und Peking seinen Einfluss vor allem in Europa ausweiten konnte.
Doch unter dem Alleinherrscher Xi Jinping wird in China Loyalität über Rationalität gestellt. Es ist daher zu erwarten, dass der chinesische Friedensvorschlag den Interessen Moskaus dient und beinhaltet, dass die Ukraine Gebiete an Russland abgibt – was Kiew bereits ausgeschlossen hat.
In Peking und Moskau wird man den Westen als Schuldigen sehen, sollte die Ukraine den Vorschlag ablehnen. So könnten chinesische Waffenlieferungen an Russland „legitimiert“ werden, um das Land vor den Kriegstreibern aus Europa/USA zu schützen. Das mag irrational wirken, doch um die Vorherrschaft des Westens zu brechen, ist Putin und Xi jedes Mittel recht.
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