China und die USA: Noch wird der Konflikt mit Worten ausgetragen
Es hätte ein Zeichen der Annäherung sein sollen. Zum ersten Mal seit fast fünf Jahren hätte am Sonntag mit Anthony Blinken wieder ein US-Außenminister nach China reisen wollen. Der Besuch war im November von den beiden Präsidenten Joe Biden und Xi Jinping am Rande des G-20-Gipfels in Bali vereinbart worden – doch daraus wurde nichts. Zu brisant war der Zwischenfall um einen Spionage-Ballon vom Donnerstagabend, der das ohnehin schon frostige Gesprächsklima weiter abkühlen ließ.
Blinken telefonierte nach Angaben seines Ministeriums am Freitag mit dem chinesischen Spitzendiplomaten Wang Yi und erklärte dabei, dass er wegen des Vorfalls nicht wie geplant nach China reisen werde. Blinken habe in seinem Telefonat ausgeführt, dass er Chinas Erklärung des "Bedauerns" zur Kenntnis genommen habe, dass der Ballon-Einsatz aber "einen verantwortungslosen Akt und eine klare Verletzung der US-Souveränität und des internationalen Rechts" darstelle. Chinas Vorgehen untergrabe das Ziel seiner eigentlich geplanten Reise. "Der Minister hat erklärt, dass es angesichts der andauernden Angelegenheit nicht angebracht wäre, Peking jetzt zu besuchen", führte das US-Außenministerium aus.
Man werde einen geeigneteren Termin finden, hieß es aus den USA.
Dabei gäbe es in vielerlei Hinsicht Gesprächsbedarf: Von den Vereinigten Staaten wird China inzwischen als die „größte geopolitische Herausforderung“ gesehen, so formulierte es auch CIA-Chef Williams Burns am Donnerstag. In der Volksrepublik sieht man dagegen Versuche des Westens unter der Führung der USA, den Aufstieg zur Weltmacht Nummer eins mit allen Mitteln aufzuhalten; wirtschaftlich, diplomatisch, militärisch. Diese Erzählung dürfte Xi Jinping auch dabei geholfen haben, seine Macht auf dem kommunistischen Parteitag im Oktober erheblich auszubauen.
Im Zentrum der Spannungen zwischen den USA und China steht nach wie vor die Insel Taiwan mitsamt ihrer 24 Millionen Einwohner. Chinas Präsident Xi spricht regelmäßig davon, Taiwan eines Tages militärisch erobern zu wollen. Am Papier sind die USA seit 40 Jahren dazu verpflichtet, die Insel im Falle eines Angriffs zu verteidigen.
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