Wo im Herbst Wahlen anstehen und was sie für Europa bedeuten könnten
Klimapolitik, Migration, Ukraine-Krieg sind Themen, die überall brennen. In vier Ländern Europas wird bald gewählt. Die Ausgänge könnten den Kurs in ganz Europa in eine andere Richtung lenken.
Auch wenn die eine oder andere Wahlkampfpositionierung bereits auftaucht, liegt der nächste Urnengang für österreichische Wähler noch in großer Ferne: Die Europawahlen werden im Juni stattfinden, die Wahlen zum Parlament voraussichtlich im Herbst 2024.
Doch bei einigen von Österreichs Nachbarländern geht es jetzt schon rund – mit Themen, die auch in die heimischen Wahlen hereinspielen werden. Und deren Ausgang auch den Kurs in der gesamten Europäischen Union verändern könnten: In der Slowakei etwa, wo in rund einem Monat gewählt wird, macht sich der politisch totgesagte Ex-Premier Robert Fico für ein Comeback stark. Siegt er, hätte Ungarns Premier Orban plötzlich mehr Unterstützung für seinen Russland-freundlichen Kurs. Weitere EU-Sanktionen gegen Moskau wären dann kaum mehr durchsetzbar. In Polen wiederum, wo Mitte Oktober gewählt wird, kommt es zu einem Kräftemessen zwischen zwei konservativen Strömungen – einer bürgerlich-liberalen und der streng national-konservativen der jetzigen PiS-Regierung.
Die Niederlande dagegen, eines der am dichtesten besiedelten und wirtschaftlich erfolgreichsten Ländern der EU, kämpft mit den Folgen zu hoher Umweltbelastungen – und auch ihres Erfolges. Auf die Frage der Migration hat Den Haag auch noch keine Antwort gefunden. Und die Schweiz? Die hat sowieso ihre eigenen Spielregeln.
1. Slowakei: Comeback eines Populisten?
Zusammen mit Polen, Tschechien und den baltischen Staaten zählt die Slowakei zu den größten Unterstützern der Ukraine. Doch die fast uneingeschränkte Solidarität der Slowakei mit Kiew könnte bald enden. Am 30. September findet die vorgezogene Parlamentswahl statt. Favorit ist dabei die Partei SMER unter der Führung des eher Russland-freundlichen Ex-Premiers Robert Fico.
Der vertritt, wie er sagt, eine „rustikale, slowakische Sozialdemokratie“. Diese links-konservative Vision Ficos ähnelt dem Kurs des national-konservativen ungarischen Premiers Viktor Orban. Nach der Ermordung des Journalisten Jan Kuciak hatte sich Fico zurückziehen müssen. Noch immer machen ihm viele Slowaken den Vorwurf, dass in seiner Regierungszeit Korruption und ein Filz aus Macht, Wirtschaft und Organisierter Kriminalität stark zugenommen hätten. Doch Ficos Popularität steigt wieder.
2. Polen: Ex-Ratspräsident versus EU-Skeptiker
Der Wahlkampf für den 15. Oktober, an dem das polnische Parlament gewählt wird, ist hitzig. Die Politiker-Parolen spielen mit den Emotionen vieler der ungefähr 38 Millionen Einwohner. Als Nachbarland, in dem besonders viele Flüchtlinge gelandet sind, ist der Krieg in der Ukraine ein Hauptthema. Umfragen sehen Jaroslaw Kaczynskis EU-skeptische, klerikal-konservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) vorne. Um ihre bereits achtjährige Regierungszeit zu verlängern, verspricht sie mit 2024 etwa eine Erhöhung des Kindergeldes.
Ob das aufgeht, ist nicht sicher: Nur wenige Prozentpunkte hinter der PiS, auf rund 30 Prozent, wird das Ergebnis der oppositionellen Bürgerkoalition von Ex-Ministerpräsident und -EU-Ratsvorsitzenden Donald Tusk geschätzt. Die PiS will am Wahltag ein Referendum zu vier Fragen. Die Kampagne der Bürgerkoalition? „Viermal Nein“.
3. Schweiz: Die SVP liegt vorn – eigentlich wie immer
Revolution gibt es bei Wahlen in der Schweiz schon lange keine mehr. Auch am 22. Oktober ist das so: Auch diesmal wird sich bei der Parlamentswahl die SVP durchsetzen – seit 1999 sichern sich die Nationalkonservativen alle vier Jahre etwa ein Viertel aller Stimmen und damit Platz eins.
Die großen Gewinner des letzten Urnengangs, die Grünen, sind hingegen abgeschlagen: Drehte sich das letzte Mal im Wahlkampf alles um Klimapolitik und den Frauenstreik (eine halbe Million Frauen forderte die gleiche Bezahlung wie Männer), was den Grünen und den Grünliberalen in die Hände spielte, haben diesmal wieder traditionelle SVP-Themen – also jene mit rechtspopulistischer Schlagseite – Konjunktur: Debattiert wird über die Klimakleber, die hohen Boni bei der Skandalbank Credit Suisse, die Gender- und Wokenessdebatte und – wie bei uns – über die Asylfrage.
4. Niederlande: Klimaschutz als größtes Streitthema
An der Migrationsfrage zerbrach die Regierung, und der nach Ungarns Premier Orban zweitlängst dienende europäische Regierungschef, Mark Rutte, nimmt nun seinen Hut. Vorgezogene Neuwahlen finden am 22. November statt. Und schon jetzt steht fest, worum sich die zersplitterte niederländische Parteienlandschaft drehen wird: Um die Klimafrage, strengeren Umweltschutz und den Widerstand dagegen. Das zeigt sich anhand des links-grünen Bündnisses unter der Führung von Ex-EU-Kommissar Frans Timmermans in Gegnerschaft zur neuen Protestpartei der BürgerBauernBewegung.
Die stark auf ländliche Wähler ausgerichtete Partei sammelt dabei auch Stimmen aus dem rechts-extremen Wählerbecken, in dem bisher Geert Wilders fischte. Der Zulauf zu den Christdemokraten und klassischen Linksliberalen wird hingegen immer geringer.
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