Single, seit der Jugend
Für die Niederlande kommt das fast einer Zeitenwende gleich: Seit 13 Jahren regiert der groß gewachsene Premier, der als der prominenteste Single seines Landes gilt, den wohlhabenden Staat im Nordwesten Europas. Dort sahen ihn viele als besonnenen Krisenmanager, der die zersplitterte Parteienlandschaft zusammenhielt und durch gewaltige Herausforderungen führte: Etwa der Abschuss des Passagierflugzeuges MH17 über der Ostukraine mit über 200 niederländischen Todesopfern, oder die Erdbeben in Groningen; der Betrug mit Kindergeldbeihilfen.
Vier Mal wurde Ruttes liberale VVD wieder gewählt, als gewiefter Taktiker schaffte er politische Brücken auf alle Seiten – mit Ausnahme zu den Rechtspopulisten und den zuletzt erstarken niederländischen Bauernpartei.
Lehrmeister für Sebastian Kurz
So wenig Staat wie möglich, das ist auch Ruttes Motto für EU-Europa: „Europa soll nur tun, was die Mitgliedstaaten nicht allein schaffen können“, sagt der Liberale stets. Ein Prinzip, mit dem sich auch Ex-Kanzler Sebastian Kurz gut anfreunden konnte.
Überhaupt, so vermittelten Rutte und sein junger Bewunderer Kurz eine Weile den Eindruck, als habe der österreichische Kanzler in Rutte einen politischen Ratgeber und Lehrer gefunden. Man traf sich öfters, stimmte in Bezug auf die Brüssel-Kritik oft überein – bis Kurz wegen der Covid-Impfstoffkampagne Brüssel beschuldigte. Da schieden sich die Geister.
Politik-Comeback als NATO-Chef?
Steigt Rutte jetzt aus der Politik aus, könnten dennoch höhere Weihen auf den früheren Konzernmanager warten. Immer wieder fällt sein Name, wenn die Rede vom nächsten Ratspräsidenten der EU die Rede ist. Auch für die Spitze der NATO wird er immer wieder genannt.
Mit dem Fahrrad wird der 56-Jährige dann nicht mehr in sein Büro radeln. Das macht der eingefleischte Junggeselle auch heute noch immer wieder. Ein Premier zum Anfassen, gemütlich strampelnd auf dem Weg in sein Büro in Den Haag.
Dass seine Mitte-rechts-Koalition aus vier Parteien nun am Streit über das Asylrecht zerbrach, überraschte auch seine Regierungspartner. Rutte trat so kompromisslos auf, dass Medien spekulierten: Er habe die Regierung absichtlich gesprengt, um sich elegant aus der Politik zurückzuziehen. Begründung: Die anstehenden Konflikte über Umweltgesetze, die die Bauern auf die Barrikaden treiben, wolle er sich nicht mehr antun.
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