Wiederwahl dank Krieg: Noch eine Amtszeit für Macron, Orbán und Vucic?
Von der Corona-Pandemie direkt in die Erschütterungen des Ukraine-Krieges – die Krisen haben auch die Wahlkämpfe aller drei europäischen Länder, in denen man im April zu den Urnen schreitet, gehörig durcheinandergerüttelt. Von Frankreich über Ungarn bis nach Serbien zeigt sich schon jetzt ein alte politische Wahrheit: Krisenzeiten sind schlechte Chancengeber für die Opposition. Stattdessen steigen die Zustimmungsraten für die politischen Führer.
So wie für den französischen Staatschef Emmanuel Macron: Am 10. April geht es in die erste Wahlrunde – und der 44-jährige Staatschef marschiert mit einem deutlichen Umfragevorsprung voran. Seine gefährlichste Kontrahentin, die Rechtspopulistin Marine Le Pen, liegt derzeit 12 Prozentpunkte hinter ihm; für die zweiten Wahlrunde Ende April geben ihm Buchmacher eine 90-prozentige Siegeschance.
"Der Krieg in der Ukraine hat die Franzosen in ihrer Wahrnehmung bestärkt, dass Macron ein guter Krisenmanager ist", sagt die Chefin des Umfrageunternehmens BVA, Adelaide Zulfikarpasic. Macrons Gespräche mit dem russischen Präsidenten Putin hätten den Krieg zwar nicht verhindert, doch viele Franzosen schätzten den engagierten diplomatischen Einsatz ihres Präsidenten. Dabei würden sie ihm auch verzeihen, dass er sich aus den meisten Wahldebatten heraushält. "Natürlich werde ich wegen der Umstände nicht so Wahlkampf machen können, wie ich es mir gewünscht hätte", ließ er seine Landsleute per Brief wissen.
Der Ukraine-Krieg hat auch die Wahlkampfthemen verschoben. Weg von Fragen der nationalen Identität und Immigration – hin zu hohen Energiepreisen und sinkender Kaufkraft. Hier dominiert die Rechte Le Pen, die sich als Beschützerin der kleinen Leute gibt. Sanktionen gegen Moskau lehnt sie ab – um die Franzosen vor den "finanziellen Folgen des Krieges zu bewahren".
Ungarns Premier Viktor Orbán trägt die Sanktionen der EU zwar mit. Doch seine wichtigste Botschaft an die Ungarn, die am 3. April wählen werden, lautet Distanz zu wahren – sowohl zu Brüssel als auch zu Moskau. Ungarn müsse sich zum Schutz seiner Bevölkerung aus dem Krieg raushalten. Eine explizite Verurteilung Putins blieb bis dato aus. Das scheint Orbán zwar innenpolitisch zu nützen, außenpolitisch droht er jedoch, seine Verbündeten zu verlieren: Einem Solidaritätsbesuch von Polen, Tschechien und Slowenien in Kiew blieb Ungarn fern. Polen schickte daraufhin zum ersten Mal keinen Vertreter zu Orbáns Rede anlässlich des ungarischen Nationalfeiertags am 15. März.
Dennoch hat der Krieg zumindest einen Nachteil für Orbáns Wahlkampf: Angesichts der Hunderttausenden Flüchtenden aus der Ukraine, darunter Zehntausende ungarische Staatsbürger, ist das Feindbild der Migranten obsolet. Das hatte Orbán aber bereits im Voraus gegen die LGBTIQ-Community getauscht: Am 3. April wird auch ein Kinderschutz-Referendum zur Einschränkung der Rechte der LGBTIQ-Community abgehalten.
Am selben Tag wie in Ungarn wird auch in Serbien gewählt. Hier haben Präsident Aleksandar Vucic und seine Serbische Fortschrittspartei laut Umfragen den Sieg schon in der Tasche. Ohnehin kontrollieren Vucic und sein Umfeld die meisten Medien, die Justiz, die Staatsverwaltung und weite Bereiche der Wirtschaft. Dennoch hatte Vucics Popularität nach heftigen Umweltprotesten, dem Anstieg der Preise und Korruptionsskandalen in Regierungskreisen gelitten. Doch mit dem Krieg präsentierte sich der Präsident erneut als einziger Politiker, mit dem sich die Stürme der Zeit bewältigen ließen.
Zeitverzögert verurteilte er den russischen Angriff auf die Ukraine. Im traditionell russland-freundlichen Serbien aber distanziert er sich nicht vom Kreml, um seine Wähler nicht zu verprellen.
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