Zwar hatte Teheran seine militärische Unterstützung gen Ende bereits zurückgefahren, zumindest diplomatisch dürfte Teheran aber noch am Wochenende versucht haben, das Ruder in Syrien irgendwie herumzureißen. Außenminister Abbas Araghchi war bis Samstag auf einer entsprechenden Mission unterwegs - in der Hoffnung, die arabischen Nachbarländer zum Kampf gegen die Aufständischen in Syrien zu mobilisieren. Vergeblich.
Dass Assad gestürzt wurde, werten Beobachter als Wendepunkt dieser für den Iran so wichtigen Achse, die u.a. auch durch den Tod von Hamas-Führer Ismail Hanija und jenem des Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah bereits geschwächt war.
Nahost-Experte Wolfgang Pusztai erklärt: „Der Kampf gegen Israel ist für das Regime in Teheran ein zentrales Element des Selbstverständnisses.“ Damit zusammenhängend ebenfalls zentral sei für die iranische Politik die Unterstützung des syrischen Regimes gewesen.
"Glaubwürdigkeit der Revolutionsgarden hat Schaden erlitten"
Die Machtübernahme in Syrien bedeute nicht nur, dass der Iran die Hisbollah nun nicht mehr in dem Ausmaß aufrüsten können werde wie zuvor, sondern betreffe auch die Außenwirkung des Iran: „Die Glaubwürdigkeit der iranischen Revolutionsgarden als Machtmittel, als Instrument zur Einflussnahme im Ausland, hat massiven Schaden erlitten.“
Wie schwer den Iran die Entwicklungen in Syrien getroffen haben, zeigt das iranische Regime nicht. Während Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu positiv von einem „historischen Tag in der Geschichte des Nahen Ostens“ sprach, betonte man im Iran, die „Widerstandfront“ gegen Israel sei durch die Machtübernahme womöglich lediglich „kurzfristig beeinträchtigt“. Einem iranischen Regierungsvertreter zufolge hat der Iran sogar bereits eine direkte Kommunikationslinie zu einem Teil der syrischen Rebellen eingerichtet, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters.
"Um Schadensbegrenzung bemüht"
„Der Iran ist jetzt um Schadensbegrenzung bemüht“, sagt Pusztai - weil noch zahlreiche iranische Staatsbürger in Syrien seien und man die schiitische (Glaubensgruppe im Islam, der auch die allermeisten Iraner angehören) und alevitische (Glaubensrichtung, der Assad angehörte) Community in Syrien bestmöglich vor den neuen Machthabern schützen wolle.
Langfristig werde man versuchen, die Hisbollah wieder auf Vordermann zu bringen - womöglich verstärkt über den Seeweg, wie man das auch mit den Huthi trotz verschiedener Blockadebemühungen immer wieder schaffe. „Die Hisbollah wird über zwei, drei Jahre massiv geschwächt sein. Und dann langsam wieder an Kraft gewinnen“, schätzt Pusztai ein. Die militärische Stärke, die die Hisbollah - Pusztai nennt sie die „Speerspitze des Iran im Kampf gegen Israel“ - einst hatte, werde sie aber nicht mehr erreichen.
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