Georgiens Präsidentin in Straßburg: Was sie von der EU fordert

Georgiens Präsidentin in Straßburg: Was sie von der EU fordert
Salomé Surabischwili will ihren Platz nicht für ihren designierten, prorussischen Nachfolger räumen, fordert erst freie Wahlen. Sie ist das Gesicht der heftigen Proteste im Land - und wünscht sich klarere Signale aus der EU.

Als Salomé Surabischwili am Mittwoch vor dem EU-Parlament ans Rednerpult tritt, halten einige Abgeordnete kurz Georgien-Flaggen hoch. Die Präsidentin des Kaukasus-Staates ist nach Straßburg gekommen, um ihre Sicht der Dinge zu schildern. 

Ruhig und ohne große Gestiken erzählt sie von den riesigen, weiter andauernden Demonstrationen in ihrem Land, auf die Sicherheitskräfte mit Tränengas und Schlagstöcken reagieren. Von den Hunderten Menschen, die im Zuge der Proteste bereits verhaftet worden sind. Vom Innenminister, der nicht mehr mit ihr rede. 

Und von der prorussischen Regierungspartei Georgischer Traum, von der sie einst selbst unterstützt worden ist und die heute ein laut ihr „repressives System“ verkörpert.

In dem EU-Beitrittskandidatenstaat rumort es - heftig und schon länger. Der Protest richtet sich gegen den Georgischen Traum, der die Parlamentswahlen im Oktober offiziell gewonnen hat. Surabischwili, die Opposition und ihre Anhänger  sprechen hingegen von Wahlbetrug, erkennen das Ergebnis nicht an und boykottieren die Parlamentsarbeit. Auch internationale Beobachter stellten Unregelmäßigkeiten fest, fordern eine Untersuchung.

Als Premier Irakli Kobachidse dann rasch verkündete, Georgien werde die Beitrittsgespräche mit Brüssel bis 2028 aussetzen, spitzte sich die Lage noch einmal zu.

Der mächtigste Mann 

Und, die jüngste Eskalation: Seit vergangener Woche ist klar, dass die Regierung den Ex-Fußballer Micheil Kawelaschwili ins Präsidentenamt heben will. Gewählt wurde er nicht vom Volk, sondern  von einem 300-köpfigen Wahlgremium – das überwiegend dem Georgischen Traum nahesteht.

„Nie wieder soll sich ein Präsident von mir abwenden können“, dachte sich bei diesem Schritt wohl der Milliardär und Gründer des Georgischen Traums, Bidsina Iwanischwili. Denn genau das ist ihm schon zweimal passiert. 
Der Oligarch gilt als mächtigster Mann im Land, als der eigentliche Drahtzieher in der georgischen Politik.

2013 hatte er den Philosophieprofessor Giorgi Margwelaschwili gestützt. Der hatte sich aber, offenbar aufgrund von Einmischungsversuchen, schnell mit ihm zerstritten.

Und jetzt Surabischwili. Auch die frühere Diplomatin - sie arbeitete im Dienst Frankreichs - tut nicht, wie Iwanischwili ihr befiehlt. War sie zu Beginn ihrer Amtszeit bei der Bevölkerung eher unbeliebt, hat sie sich inzwischen  zum Gesicht der Opposition und des Protests entwickelt.

Will im Amt bleiben 

Ihre drastischste Ankündigung: Sie werde den Präsidentenpalast in Tiflis nicht räumen, wenn Kawelaschwili am 29. Dezember angelobt werden soll. Dass das vermutlich nicht ewig gehen wird, weiß sie wohl selbst - schon jetzt erhalte sie haufenweise Drohungen und auch Polizeischutz bekomme sie nicht mehr lange, erzählte sie.

EU-Länder uneinig

Wohl auch deshalb, weil ihr die Zeit langsam davonlaufen dürfte, wandte sie sich nun an die EU und ihre Regierungen, forderte klarere Signale: „Europa hat lange gebraucht, um aufzuwachen, und lange, um zu reagieren. Viel mehr könnte und sollte getan werden.“ 

Es brauche mehr politische Unterstützung. Georgien müsse im thematischen Fokus bleiben und es solle mehr Besuche aus Europa geben -Botschafter könnten vermehrt zu den Gerichtsverhandlungen von Regierungsgegnern kommen, wünscht Surabischwili sich. Denn: Letztlich seien es Europaflaggen, mit denen die Georgier zuhauf auf die Straßen gehen. 

Doch während die USA bereits neue Sanktionen gegen die georgische Führung verhängt haben, tut die EU sich damit schwer. Beim Außenministertreffen am Montag legten Ungarn und die Slowakei Einspruch gegen gemeinsame Sanktionen ein. Litauen und Estland preschten allein vor. 

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